Lateinamerikanische Kunstausstellung in Italien fördert Mitgefühl für Flüchtlinge und Einwanderer

Kunstausstellung zum Thema Einwanderung. Foto mit freundlicher Genehmigung von Progetto 7LUNE.

Die Wanderausstellung “MigrArte Postale” lässt kein Besucherherz unberührt. Gezeigt werden 125 Künstlerpostkarten, die sich mit der aktuellen Einwanderungs- und Flüchtlingsthematik auseinandersetzen. Kreiert wurden die Postkarten mittels Acryl- und Ölfarben, Collagen sowie digitaler Kunst. Insgesamt 96 Künstler aus 14 Ländern haben sich an dem Projekt beteiligt.

Die Ausstellung tourt zurzeit durch ganz Italien und macht an verschiedenen Orten und bei diversen Kulturveranstaltungen Station. Die kostenfreie Ausstellung wurde von Progetto 7LUNE, einer Gruppe von Freiwilligen, ins Leben gerufen und soll zeitgenössische hispanoamerikanische Kunst mithilfe von digitalen Postkarten, Lesungen, Gedichten und kulturellen Veranstaltungen in Italien bekannt machen. Jede Postkarte ist mit einem selbstverfassten Gedicht des jeweiligen Künstlers versehen.

Global Voices hat mit der venezianischen Schriftstellerin und Kulturmanagerin Silvia Favaretto gesprochen, die Progretto 7Lune zusammen mit ihrem Mann Daniele Rubin leitet.

Global Voices (GV): Wie kam es zu MigrArte? Was war die Inspiration für das Projekt?

Silvia Favaretto (SF): El proyecto ha empezado a raíz de una propuesta de nuestra responsable del sector Artes, Carmen Parada, pintora mexicana, quien nos propuso emitir una convocatoria de Arte Postal (“Mail Art”) y nosotros pensamos que el tema de inmigración era muy urgente y muy necesario para representar.

Silvia Favaretto (SF): Die Idee für das Projekt stammt von Carmen Parada. Sie ist eine mexikanische Malerin und Leiterin unserer Kunstabteilung. Sie schlug vor, etwas in Richtung Mail Art (dt.: Postkunst) zu machen und wir waren uns alle einig, dass die aktuelle Einwanderungsthematik ein drängendes Thema ist, dem unbedingt mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss.

GV:  Warum haben Sie sich gerade für das Postkartenformat entschieden?

SF: Las postales de arte cumplen un viaje de miles de kilómetros, ocultadas en las bolsas de postales comunes, para llegar a su destino, exactamente como nuestros hermanos migrantes. No nos resistimos a la metáfora.

SF: Postkarten legen oft tausende Kilometer zurück, bis sie bei ihren Empfängern ankommen, genauso  wie unsere Brüder und Schwestern, die in unser Land einwandern. Wir konnten dieser Metapher einfach nicht widerstehen.

La exposición ha conmovido a mucha gente. Foto usada con permiso.

Die Ausstellung hat viele Menschen berührt. Foto mit freundlicher Genehmigung von Progetto 7LUNE.

GV: Wie viele Länder sind in der Ausstellung vertreten?

SF: Trece países de Hispanoamérica, y España: Argentina, Bolivia, Colombia; Costa Rica, Chile, Cuba, El Salvador, Guatemala, Honduras, Panamá, México, Venezuela, Uruguay. Nos duele no haber recibido testimonio de artistas de países tan importantes como Puerto Rico, Nicaragua, Perú, República Dominicana y Paraguay.

SF: Dreizehn Länder aus Lateinamerika — Argentinien, Bolivien, Kolumbien, Costa Rica, Chile, Cuba, El Salvador, Guatemala, Honduras, Panama, Mexiko, Venezuela, Uruguay — und Spanien. Wir bedauern sehr, dass sich keine Künstler aus so bedeutenden Ländern wie Puerto Rico, Nicaragua, Peru, der Dominikanischen Republik und Paraguay beteiligt haben.

GV: An welchen Orten und bei welchen Kulturveranstaltungen wurde MigrArte ausgestellt?

SF: En muchos festivales de Venecia y otras ciudades italianas, por ejemplo el Festival delle arti della Giudecca, la Rassegna Isole in rete, el Foro mundial de los jóvenes en Trieste, etc. Todavía las exposiciones no se han concluido y vamos a aceptar distintas propuestas.

SF:  Die Ausstellung wurde im Rahmen vieler Festivals in Venedig und anderen Städten Italiens gezeigt, wie zum Beispiel beim Kunstfestival Giudecca, beim Rassegna Isole in rete (Inselfestival in Venedig), beim Weltjugendforum in Trieste, usw. Die Ausstellungen sind noch nicht zu Ende und wir nehmen gerne noch Vorschläge für Locations an.

GV: Einhundertfünfundzwanzig Postkarten ist eine beachtliche Menge. Welche Materialien und Gegenstände haben Sie für den Aufbau der Ausstellung verwendet?

SF: Según las posibilidades del sitio que nos hospedaba, colgamos las postales con pinzas a unas sogas, como ropa tendida o bien utilizamos una artesanía de mi papá, Maurizio Favaretto, un ‘árbol migrante’, colgando las postales como hojas. No tenemos financiaciones, con lo cual nos adaptamos a las necesidades con los medios que tenemos y la buena voluntad.

SF: Je nach den gegebenen Möglichkeiten vor Ort haben wir die Postkarten entweder mithilfe von Wäscheklammern wie bei einer Wäscheleine an Seilen befestigt oder einen sogenannten Wanderbaum verwendet – eine Skulptur, die mein Vater Maurizio Favaretto hergestellt hat, an der wir die Postkarten so angebracht haben, dass sie quasi die Blätter des Baumes bilden. Da wir keine Sponsoren haben, müssen wir uns den örtlichen Gegebenheiten anpassen und das verwenden, was uns der jeweilige Ort und die jeweiligen Bewohner zur Verfügung stellen.

GV: Wie hat das Publikum auf die Postkarten reagiert?

SF: Fue maravilloso verlo: Asombro, curiosidad y felicitaciones han sido la costumbre.

SF: Einfach wundervoll: Die meisten waren verblüfft, neugierig und haben uns zu unserem Projekt beglückwünscht.

GV: Manche Menschen haben Bedenken, sich mit einem so komplexen und aktuellen Thema in Form von Postkarten auseinanderzusetzen. Was würden Sie diesen Menschen sagen?

SF: Nosotros, al revés, pensamos que las imágenes que muestran en el telediario, los niños muertos, los barcos repletos de humanidad desesperada no son eficaces en la comunicación de un mensaje de tolerancia e integración. Son imágenes frustrantes y tristes, algunas veces repulsivas. Al contrario las postales, que atraen la mirada por sus colores y formas, invitan a una reflexión, abren la conciencia, convocan a ser hermanos y acoger.

SF: Wir sind der Überzeugung, dass die Bilder von toten Kindern und verzweifelten Menschen auf überfüllten Booten keine effektive Botschaft zur Förderung von Toleranz und Integration sind. Die Bilder sind frustrierend und traurig, manchmal sogar abscheulich. Postkarten dagegen erregen Aufmerksamkeit aufgrund ihrer Farben und Formen. Sie laden ihre Betrachter zum Reflektieren und Nachdenken ein, sie öffnen unseren Geist und ermutigen uns dazu, jeden einzelnen Einwanderer mit offenen Armen willkommen zu heißen.

Los directores del Progetto 7LUNE Daniele Rubin y Silvia Favaretto, junto a la vicedirectora Sarah Grimaldi.

Die leitenden Köpfe von Progetto 7LUNE, Daniele Rubin und Silvia Favaretto, zusammen mit ihrer Stellvertreterin Sarah Grimaldi. Foto mit freundlicher Genehmigung von Progetto 7LUNE.

GV: Hat Progetto 7LUNE irgendwelche finanzielle Unterstützung erhalten, um MigrArte Postale umzusetzen?

SF: Ninguno. Lo cual nos dificulta al momento de aceptar invitaciones a ciudades que están lejos pues todo viaje lo pagamos con nuestros sueldos de profesores de secundaria y empleados.

SF: Nein, gar keine, was es natürlich schwierig machte, Einladungen von Städten anzunehmen, die weit weg sind, denn wir finanzieren unsere Reisen von unserem Gehalt, das wir als Lehrer verdienen.

GV: Welche Zukunftspläne haben Sie für ihre Wanderausstellung?

SF: Llegar a todos los lugares que podamos alcanzar con nuestros medios y a lo mejor encontrar financiación para editar un catálogo en papel y poder pagar los gastos de envío a cada uno de los 97 artistas participantes.

SF:  Wir möchten die Ausstellung an so vielen Orten wie möglich zeigen, so wie es unsere finanziellen Mittel eben erlauben, und hoffen, vielleicht sogar Sponsoren zu finden, die den Druck eines Kataloges und dessen Versand an alle 96 beteiligten Künstler finanzieren würden.

GV: Gibt es eine Onlineplattform, auf der sich Menschen aus der ganzen Welt MigrArte Postale ansehen können und wo man mehr über die an dem Projekt beteiligten Personen erfahren kann?

SF: Claro, tenemos un sitio, un blog, y un enlace en el que se puede descargar gratuitamente el catálogo virtual.

SF: Selbstverständlich. Wir haben eine Webseite, einen Blog und einen Link, wo man sich den virtuellen Katalog gratis herunterladen kann.

GV: Was erhofft sich Progetto 7Lune von dem Projekt?

SF: El Progetto 7LUNE aspira a difundir el arte, la poesía, en general la cultura hispanoamericana contemporánea en Italia. Creemos que el arte que se está creando en América Latina merece ser conocida por acá, por su energía positiva, su atrevimiento, su fhttps://de.globalvoices.org/wp-admin/post.php?post=33071&action=edituerza.

SF: Progetto 7Lune möchte mit der Ausstellung die Kunst und Lyrik Lateinamerikas, kurz gesagt die hispanoamerikanische Kultur in Italien bekannt machen. Lateinamerikanische Kunst ist mutig, kraftvoll und voller positiver Energie. Sie hat es unserer Meinung nach deshalb verdient, auch hierzulande beachtet zu werden.

GV: Ist Kunst in der Lage, Leben zu verändern? Menschen aufzurütteln? Und wenn ja, kann sie dadurch die Welt zu einem besseren Ort für uns alle machen?

SF: Claro. El arte es belleza y conocimiento, representación de nuestros miedos y deseos. Los miedos y los deseos son los que más profundamente mueven al ser humano hacia un cambio. La conmoción es un arma poderosa hacia el cambio. La única arma por la que vale la pena apostar.

SF: Natürlich. Kunst ist Schönheit und Wissen. Sie ist der Spiegel unserer Ängste und Sehnsüchte. Angst und Sehnsucht bewegen Menschen am stärksten zu Veränderungen. Der Schock ist eine mächtige Waffe, um Veränderungen zu bewirken. Die einzige Waffe, die es einzusetzen lohnt.

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