Die Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarkts aus Sicht eines Wanderarbeiters
Dieser Artikel und ein Radiobericht von Monica Campbell für The World erschien ursprünglich am 4. Februar 2015 auf PRI.org und wird im Rahmen eines Content Sharing-Abkommens hier neu veröffentlicht.
In der Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarkts in Madera im Central Valley, einer ländlichen Region in Kalifornien, steht Francisco und betrachtet das Obst- und Gemüseangebot. Er ist vierzig Jahre alt und untersetzt. Außerdem ist er ein illegaler Einwanderer und bittet uns, nur seinen Vornamen zu nennen.
Jahrelang hat er in Mexiko und an der Westküste der Vereinigten Staaten Obst und Gemüse geerntet. Er ist gut darin. Aber es gibt hier etwas im Angebot, das er am liebsten nie wieder ernten würde: Tomaten.
Das ist die Frucht, die zu ernten, “dich am meisten müde macht”, sagt er. Tomaten sind schwer und man muss den ganzen Tag in die Hocke gehen, um sie zu pflücken. Außerdem muss man jede Tomate genau anschauen, um sicher zu sein, dass die Farbe gleichmäßig ist. Das macht es schwierig, schnell zu arbeiten.
Außerdem sind sie eine schmutzige Angelegenheit. “Oh Mann, wenn du vom Feld kommst, bist du wirklich schmutzig. Die grünen Blätter der Tomatenpflanzen machen überall Flecken und überall ist Erde”, sagt Francisco.
Dann gibt es auch noch Avocados — auch harte Arbeit. Avocados hat Francisco in Mexiko geerntet. Wenn er Avocados sieht, denkt er daran, wie schwer aber empfindlich sie sind.
“Man muss darauf achten, dass man sie genau zur richtigen Zeit erntet, wenn sie weder zu unreif noch zu reif sind”, sagt er. “Und wenn man sie fallen lässt, sind sie ruiniert, obwohl sie immer noch gut aussehen, wenn sie auf dem Boden liegen.”
Er erinnert sich daran, wie schwer die Avocados sind, wenn die Tasche, die die Erntehelfer sich um die Schultern geschnallt haben, voll ist — so eine volle Tasche wiegt um die 23 Kilo. Und wenn die Tasche voll ist, muss man sich damit vorsichtig nach vorn lehnen und die Avocados in die Kisten fallen zu lassen, ohne sie dabei zu beschädigen.
Dann sieht Francisco die Zwiebeln, die so weiß und glatt und der Auslage liegen.
“Zwiebeln sind kompliziert zu ernten, weil man sich vorbeugen muss, um sie auszugraben”, sagt er. Außerdem muss man auch die Wurzeln der Zwiebeln entfernen, oder wie Francisco sie nennt, la barba. “Das ist der dunkle, zähe untere Teil der Zwiebel”, sagt er. “Wir nehmen dafür kleine Scheren und man muss gut aufpassen, dass man die Zwiebel dabei nicht beschädigt. Es ist eine monotone Arbeit und einem tun die Hände davon weh. Ich habe damals nachts immer meine Hände trainiert, damit ich am nächsten Tag wieder weiter arbeiten konnte.”
Womit würde er lieber arbeiten — Avocados oder Zwiebeln?
“Mit Avocados”, antwortet er sofort. Lieber stünde er den ganzen Tag auf einer Leiter als in der Hocke zwischen Pflanzreihen zu kriechen. Aber ein Sturz von der Leiter — oft bis zu neun Meter hoch — kann gefährlich sein.
Dann sieht Francisco das, worüber er eigentlich sprechen möchte: Erdbeeren. Erdbeeren betrachtet er mit gemischten Gefühlen.
Das Schwierige an Erdbeeren ist, den Stiel und die Blätter zu entfernen, ohne die Beeren zu beschädigen, erklärt er. Jede Beere muss auch genau betrachtet werden, um sicher zu gehen, dass sie nicht zu grün ist. Viele Jahre lang hat er im Bundesstaat Washington Erdbeeren geerntet und ist ein Meister seines Faches. Er wurde sogar so gut, dass er es schaffte, mit beiden Händen gleichzeitig zu pflücken und mehr als 23 Kilo Erdbeeren pro Stunde zu pflücken. Wer schnell arbeitet, kann ein bißchen mehr verdienen als den Mindestlohn — als er in Washington arbeitete, lag dieser bei 7,16 US-Dollar pro Stunde.
Aber die schnelle Arbeit in den Erdbeerbeeten an sechs Tagen in der Woche hat einen hohen Preis.
“Man sitzt die ganze Zeit in der Hocke. Ich mag das nicht”, sagt Francisco. Die Beine und Knie beginnen zu schmerzen und im Moment kann er diese Arbeit nicht machen, weil er sich beim Ernten auf den Feldern verletzt hat. Aber er würde es wieder tun, sagt er.
“Ich bin stolz auf die Arbeit”, sagt er. Er geht einen Schritt zurück und schaut auf die Obst- und Gemüseauslagen wie ein Künstler auf ein Gemälde. Ihm gefällt, wie gleichmäßig die Früchte aussehen, auch wenn die meisten davon so teuer sind, dass er selbst sie sich nicht leisten kann. Aber er weiß genau, wieviel harte Arbeit nötig ist, damit sie so schön aussehen.
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