Die Behörden in Skopje reißen die Häuser von Roma-Familien ab und überlassen sie ihrem Schicksal

Roma kids left homeless after Skopje city government bulldozed their homes. Photo by Vančo Džambaski, CC BY-NC-SA.

Seit der Stadtrat von Skopje ihre Häuser abreißen ließ, haben Roma-Kinder wie diese hier kein Zuhause mehr. Foto von Vančo Džambaski, CC BY-NC-SA.

Die Regierung der mazedonischen Hauptstadt Skopje vertrieb diesen Sommer 31 Roma-Familien mit Kindern aus ihrer Siedlung unter der historischen Festung Kale. Die Behörden rissen nicht nur die Häuser ab, in denen die Familien in den letzten neun Jahren gelebt hatten, sondern ließen sie Berichten zufolge auch ohne jegliche echte Unterstützung zurück.

Der Foto-Aktivist Vančo Džambaski veröffentlichte auf Flickr ein Fotoalbum, um auf die Not der Roma-Familien aufmerksam zu machen. Darin beschrieb er die Lage der Familien wie folgt:

Без никаква помош од државните институции тие сега престојуваат во импровизираното живеалиште покрај Вардар. Без струја и вода, со голем ризик од заразни болести поради поплавите и немањето ни минимални услови за хигиена, со страв ја чекаат зимата.

Sie erhalten keine Hilfe von staatlichen Einrichtungen und leben in improvisierten Behausungen am Ufer des Flusses Vardar. Es gibt dort keinen Strom, keinen Zugang zu Trinkwasser und auch kein Abwassersystem. Bedingt durch Überschwemmungen und die schlechten hygienischen Zustände besteht ein hohes Risiko für die Ausbreitung ansteckender Krankheiten und die Familien fürchten sich bereits vor dem Wintereinbruch.

2011 verkaufte der Staat das Land, das eine wertvolle Immobilie ist, zum Preis von ungefähr 100 Dollar (ca. 90€) pro Quadratmeter an die Amadeus Group, ein Privatunternehmen. Das Gebiet liegt nur wenige Minuten vom Zentrum Skopjes entfernt. Die neuen Besitzer planen nach eigenen Angaben dort den Bau eines Hotels.

Bisher zeigten die Behörden kein Verständnis für die Proteste der Betroffenen. Sie haben den Obdachlosen die Verlegung in das marode Lager Čičino Selo außerhalb der Stadt angeboten, was die Familien aber ablehnten, da es dort nicht ausreichend Platz für alle gebe und die Lebensbedingungen noch schlimmer als unter freiem Himmel seien. Die meisten dieser Familien leben vom Sammeln weggeworfener Plastikflaschen und dem Essen aus Mülltonnen, das sie auf Fahrrädern transportieren. Bei einer Verlegung auf das Gelände außerhalb der Stadt könnten sie aufgrund der Entfernung kaum noch genügend Plastikflaschen sammeln, die sie an Recyclingunternehmen verkaufen, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen.

Hard honest work. Main source of income of homeless Roma is recycling plastic bottles thrown as garbage. It's also very dangerous work, as the same garbage also contains glass shards, metal pieces and wires, and various toxic waste. Photo by Vančo Džambaski, CC BY-NC-SA.

Harte, ehrliche Arbeit. Die Haupteinkommensquelle für die obdachlosen Roma ist das Sammeln weggeworfener Plastikflaschen. Dies ist gleichzeitig aber sehr gefährlich, da sich auch Glasscherben, Metallstücke, Drähte und giftige Abfälle im Müll befinden. Foto von Vančo Džambaski, CC BY-NC-SA.

Einige Aktivisten sehen in der mangelnden Besorgnis der Behörden und Medien ein Zeichen für die anhaltende Diskriminierung der Roma in der mazedonischen Gesellschaft. Ljatife Sikovska vom Roma Education Center Ambrela, einer NGO, die sich für die Bildung und Inklusion von Roma einsetzt, beschrieb die Situation der obdachlosen Roma-Familien in einer Stellungnahme für Global Voices folgendermaßen:

Град Скопје со багери ги сруши импровизираните живеалишта на 1 август, само неколку денови пред поплавите, без претходно да ги згрижи луѓето во друга локација. Се работи за 121 лице од кои 64 се деца, а најмалото има само 2 месеца. Бездомните лица невремето го преживеаја под отворено небо и за жал сè уште се под отворено небо…

Der Stadtrat von Skopje ließ die Hütten am 1. August abreißen – nur wenige Tage vor den heftigen Regenfällen, die zu tödlichen Überschwemmungen führten. Die Behörden sorgten nicht für kurzfristige Unterkünfte für die 121 betroffenden Bewohner – darunter 64 Kinder. Das jüngste Kind war zu diesem Zeitpunkt erst zwei Monate alt. Die obdachlosen Menschen mussten dem schlimmsten Sturm in der jüngeren Geschichte des Landes unter freiem Himmel standhalten und sie haben bis heute noch kein Dach über dem Kopf.

Mittlerweile haben diese Roma-Familien Hilfe von NGOs erhalten. Die Stiftungsgruppe Foundation Open Society – Mazedonien (FOSM) stellte Hilfsgüter im Wert von rund 4.500 Dollar (ca. 4.000€) zur Verfügung.

Оваа ургентна мерка вклучува донација на храна и вода за пиење, хигиенски средства, детски пелени и основни намирници за живот на триесетина ромски семејства (околу 130 лица) останати без домови. Меѓу нив има лица без документација, бремени жени, болни лица и деца. Целта на оваа акција која ФООМ ја реализира со помош на Здружението за здравствена, социјална и образовна поддршка „Иницијатива за развој и инклузија на заедниците“ (ИРИЗ) е да одговори на моменталните потреби на овие граѓани во очекување надележните институции да пронајдат трајно решение на нивниот проблем.

Zu den Nothilfemaßnahmen gehören Lebensmittelspenden und Trinkwasser, Hygieneprodukte, Babywindeln und andere Produkte für fast 30 Roma-Familien (fast 130 Menschen), die jetzt obdachlos sind. Unter ihnen sind Personen ohne Ausweispapiere, Schwangere, Kranke und Kinder. Mit dieser Maßnahme, die von FOSM in Zusammenarbeit mit der Association for Health, Social and Educational Support “Initiative for Development and Inclusion of Communities” (IDIC) durchgeführt wird, soll den betroffenen Menschen geholfen werden, während sie darauf warten, dass die Behörden eine dauerhafte Lösung für ihr Problem finden.

Zivilgesellschaftliche Organisationen fordern von den Behörden – in erster Linie vom Ministerium für Arbeit und Soziales – und der Stadt Skopje, Unterkünfte für die Obdachlosen zur Verfügung zu stellen, bevor die kalte Jahreszeit ihre schon jetzt prekären Lebensbedingungen noch weiter verschlimmert. Das Leben in dem improvisierten Lager gleicht den postapokalyptischen Zuständen, die man oft nach verheerenden Naturkatastrophen wie einem Erdbeben vorfindet.

Man stands in front of his tent, located 3 km from the main square in Skopje. Photo Vančo Džambaski, CC BY-NC-SA.

Ein Mann steht vor seinem Zelt nur 3 Kilometer entfernt vom zentralen Platz von Skopje. Foto von Vančo Džambaski, CC BY-NC-SA.

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