Seit über einem Monat nun sperrt die Türkei die beliebte und auf dem Crowdsourcing-Prinzip basierte Enzyklopädie Wikipedia. Tag für Tag wird deutlicher, wie wichtig die Plattform für Nutzer ist, um hilfreiche sowie zuverlässige Informationen zu finden und zu teilen.
Sowohl Studenten als auch Reporter und Fans von TV-Serien wehren sich gegen die Sperrung. Obwohl viele technikversierte Internetnutzer es gewohnt sind, Umgehungswerkzeuge für blockierte Webseiten zu verwenden (ein aktueller Artikel von der New York Times berichtet darüber, dass die Türkei die drittgrößte VPN-Prävalenz der Welt hat), fallen die meisten gewöhnlichen Wikipedia-Nutzer nicht in diese Kategorie.
Obwohl die Türkei seit 2008 Artikel von Wikipedia sperrt, wie kürzlich in einem veröffentlichten Bericht des Berkman Klein Center for Internet & Society an der Harvard University geschildert wurde, finden regelmäßige Blockierungen des Internets seit 2007 statt, nachdem das Internetgesetz (Nr. 5651) verabschiedet wurde. Nach China ist die Türkei das zweit bekannteste Land der Welt, wenn es um die massive Zensur von Wikipedia geht.
Während die Plattform weiterhin gesperrt bleibt, sind nun mehrere Mirrorseiten (Seiten, die den Inhalt von Wikipedia spiegeln und häufig aktualisiert werden) aufgetaucht. Eine Lösung kam von IPFS (dem InterPlanetary File System), als die Plattform alle türkischen Wikipedia-Seiten auf dessen dezentralisiertes Peer-to-Peer-Netzwerk (also Rechner-Rechner-Verbindungen) ablegte, welches sich nicht auf dem System von Domainnamen stützt und somit eine komplette Zensur schwierig macht. Der Inhalt ist trotz gesetzlichem Verbot aber abrufbar.
In einem Blogpost berichtet IPFS über seine Bemühungen:
Upon hearing the news [of Wikipedia being blocked], we revived an effort to put snapshots of Wikipedia on IPFS, so that people may be able to read it in a decentralized and distributed way. This can help people to at least view all of the Wikipedia content, even if they cannot reach Wikipedia.org itself.
Nachdem wir die Nachrichten (über die Sperrung von Wikipedia) gehört haben, setzten wir alles daran, Snapshots von Wikipedia auf die IPFS-Plattform abzulegen. So besteht die Möglichkeit, die Inhalte auf dezentralisierte und verteilte Weise zu lesen. Dies kann den Nutzern helfen, um zumindest alle Wikipedia-Inhalte anzusehen, auch wenn sie die Webseite www.wikipedia.org selbst nicht erreichen können.
IPFS gab ebenfalls an, dass dieser Schritt unabhängig der Wikimedia-Foundation durchgeführt wurde, und es sich lediglich um Screenshots und keine Live- oder dynamischen Versionen der Webseite handelt.
Allerdings war Wikimedia an anderen Bemühungen beteiligt, um die Sperre zu umgehen. Cristian Consonni von Wikimedia Italien hat sowohl tr.vikiansiklopedi.org, eine Mirrorseite von Wikipedia, als auch WikiMirror, ein Open-Source-Projekt, dass jeder nutzen kann, um ähnliche Mirrorseiten zu hosten, wenn im jeweiligen Land Wikipedia gesperrt wird, hervorgebracht.
Consonni berichtete Subhashish Panigrahi - Global Voices Mitglied sowie Mitarbeiter bei Mozilla im Panigrahi’s Open Speaks’ Podcast:
It's not a complete copy a proxy a mirror. – you access a different URL which is not the usual url and what you see is taken from Wikipedia. Essentially the server redirects your request to the real wikipedia so you can see it even if you are in Turkey where Wikipedia is blocked, because that work is done by a server which is not in Turkey. Mirroring is one of the easiest ways to make Wikipedia content available.
Es ist keine komplette Kopie von einer Proxy-Adresse, einem Mirror. Man greift auf eine andere URL zu, die nicht das Original ist. Dass was man dann sieht, ist von Wikipedia. Im Wesentlichen leitet der Server die Anfrage zur richtigen Wikipedia-Seite weiter, so dass es möglich ist, die Inhalte von Wikipedia selbst dann zu sehen, wenn diese in der Türkei gesperrt sind. Denn dies wird von einem Server ausgeführt, der nicht in der Türkei ist. Mirroring ist eine der einfachsten Sachen, um Wikipedia-Inhalte für alle Nutzer sichtbar zu machen.