In Madagaskar zensiert: die Protest-Rockgruppe The Dizzy Brains rockt in Europa

Sendungsausschnitt aus Petit Journal auf CANAL+ am 14/04/2016 mit den madagassischen Rockern The Dizzy Brains.

Screenshot von der Sendung Petit Journal auf CANAL+ am 14/04/2016. Mit den madagassischen Rockern The Dizzy Brains.

The Dizzy Brains ist eine Gruppe, die aus vier feurigen, madagassischen Jugendlichen besteht und die mit einem ganz eigenen Punk/Garage Rock-Stil nicht aufhört, an Bekanntheit zu gewinnen. Die Gruppe besteht aus den Brüdern Eddy und Mahefa Andrianarisoa, zuständig für Gesang und Bass, Poun an der Gitarre und Mirana am Schlagzeug.

Die Gruppe ist für ihre Dynamik auf der Bühne bekannt. Bei ihrem Auftritt in der Fernsehsendung Petit Journal 〈Kleines Journal〉 am 14. April, erreichten The Dizzy Brains ein großes französisches Publikum. Eddy machte bereits in den sozialen Netzwerken von sich reden als er den neuen madagassischen Premierminister Aufsehen erregend direkt herausforderte: „Mach deine Arbeit, Alter!”. Diese spontane und freche Art passt gut zur musikalischen Identität der Gruppe, bilderstürmerisch und engagiert. Videoausschnitt:

dizzy concertUm diese Gruppe, die umhaut, besser kennenzulernen, hier drei Fakten ihrer kurzen aber beachtenswerten Karriere:

Entstehungsgeschichte der Gruppe (2011):

Die Gruppe wurde 2011 mit Eddy als Sänger und Mahefa am Bass von Eddy und Mahefa Andrianarisoa gegründet. Ihre Vorliebe für den Rock kommt vom Vater, einem Anhänger der englischen Punk-Rockgruppe The Kinks der 70er Jahre (auch aus zwei Brüdern bestehend).
Das erste Album „Môla Kely” kam im Dezember 2013 heraus und beschäftigt sich mit dem schwierigen Leben in Antananarivo, ein Leben zwischen endemischer Armut und steigender Korruption. Einer der bekanntesten Songs, Vangy, ist Ausdruck ihrer Wut angesichts dieses Alltags und immer ein bisschen provokativ:

A quoi bon se fatiguer pour un boulot pénible, tu ne vaux pas plus que 3000 Ariary, ce n’est même pas le prix d’une prostituée.

Für was soll man sich für einen beschwerlichen Job abmühen, für den man nicht mehr als 3000 Ariary [1 US-Dollar] bekommt. Das ist nicht mal der Preis einer Prostituierten.

Eddy erzählt, warum ihm der Protest-Rock als logisches Mittel erschien, um die Situation in Madagaskar zu beschreiben:

Faire du rock à Madagascar, ce n’est pas une carrière, ça ressemblerait même plutôt à un combat permanent. D’abord, dans la rue, tu te fais constamment racketter par les flics pour aller d’un point A à un point B. Ensuite, si tu veux jouer, tu n’as pas le choix. Il faut passer par l’underground et tenir bon. Tu dois te produire dans les petits bars de nuit, les cabarets assez glauques.

In Madagaskar Rock zu machen, ist keine Karriere, es gleicht eher einem ständigen Kampf. Auf der Strasse wird man dauernd von der Polizei angemacht und von einem Ort zum anderem geschickt. Wenn man dann spielen will, hat man keine Wahl. Man muss im Verborgenen bleiben und durchhalten. Man muss in den kleinen Bars und grausigen Nachtclubs spielen.

In Madagaskar zensiert (2014)

Durch die aufmüpfigen und provokanten Texte macht sich die Gruppe nicht nur Freunde. Eddy erläutert die vorherrschenden Schwierigkeiten im Land:

On ne passe jamais à la radio ni dans les salles de concerts, parce que les gérants auraient trop peur d’avoir des problèmes après notre passage. On arrive quand même à se produire dans les bars. On se fait surtout connaître via les réseaux sociaux.

Wir laufen nie im Radio und können in keinen Konzerthallen auftreten, da die Betreiber Angst vor Problemen haben, die sie nach unserem Auftritt bekommen könnten. Dennoch schaffen wir es, in Bars zu spielen. Wir werden hauptsächlich durch die Sozialen Netzwerke bekannt.

Mahefa fügt hinzu:

Si tu tombes sur un programmateur de soirées cool, on te file l’équivalent de 100 euros pour tout le groupe. Mais le plus souvent, tu tombes sur un patron bourré. Lui va te laisser jouer dans un premier temps. À un moment il va quand même venir te dégager de la scène à coups de pied au cul si ce qu’il entend de ta musique ne lui plaît pas. On a connu ce genre de situations un peu borderline tout le temps. On est restés parmi les mendiants, d’accord, mais ça ne nous a pas empêchés de persévérer. Alors maintenant, quoi qu’il nous arrive, on a la peau dure.

Wenn wir auf einen coolen Betreiber stoßen, erhalten wir 100 Euro für die ganze Gruppe. Aber meistens stoßen wir auf betrunkene Betreiber. Er lässt uns zuerst spielen und später, wenn ihm die Musik nicht gefällt, tritt er uns mit Füßen von der Bühne. Diese Art von grenzwertigen Situationen passieren uns dauernd. Wir gehören zu den Bettlern, aber das hindert uns nicht daran weiterzumachen. Was auch immer passiert, wir sind abgehärtet.

Erfolg im Ausland: das „Trans-Festival” in Rennes (2015) und die Sendung „Le Petit Journal” (2016)

Die Band ergriff auch den Direktor des „Festivals Trans” in Rennes, Jean-Louis Brossard:

Ces gamins, donc, ils font du rock. Ils vont me mettre le feu, j’en suis persuadé. Parce que le rock, enfin ce qu’il véhicule de révolte contre quelque chose, ça a sans doute un peu perdu de son sens dans nos pays occidentaux. Alors que chez eux, à Madagascar, ce qu’ils chantent à un sens. Ça vient vraiment de la rue !

Diese Jungs machen Rock. Sie werden hier einheizen, davon bin ich überzeugt. Weil der Rock letztendlich eine Revolte gegen etwas ist. Das hat ohne Zweifel ein bisschen an Bedeutung in unseren westlichen Ländern verloren. Während das was sie singen bei ihnen, in Madagaskar, Sinn ergibt. Es kommt wirklich von der Strasse!

Die Band nimmt das bretonische Publikum in seinen Bann, indem sie mit der bretonischen Flagge auf der Bühne erscheint. Konzertausschnitt:

dizzy transmusicales

The Dizzy Brains haben die Zuschauer auch beim „Printemps de Bourges″ einige Monate später zum Toben gebracht. Natürlich war der Höhepunkt die Sendung „Le Petit Journal”. Mit der Unbeschwertheit, nichts zu verlieren zu haben, singt die Gruppe mit Bravour vor einem großen Publikum und beeindruckt den Moderator Yann Barthès durch ihre Offenheit.

Die Band führt ihre Tournee in Europa fort und die jungen Musiker hoffen, die Welt weiterhin auf die Situation in Madagaskar aufmerksam machen zu können.

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