Iran hebt Tausende Todesurteile im Zusammenhang mit Drogen auf

Ein Wachmann steht während einer öffentlichen Hinrichtung im Iran an einem Seil. Zur Verfügung gestellt vom iranischen Zentrum für Menschenrechte.

Dieser Beitrag ist die überarbeitete Version eines Artikels, der ursprünglich auf der Webseite des Iranischen Zentrums für Menschenrechte veröffentlicht wurde. Die Links verweisen auf englischspachige Seiten.

Rund 4.000 inhaftierte Iraner, die derzeit aufgrund von drogenbezogenen Straftaten zum Tode verurteilt sind, könnten infolge einer richterlichen Anordnung, die auf einer kürzlich erlassenen Änderung des Gesetzes zum Drogenhandel basiert, ihre Strafe aufgehoben sehen.

Die Anordnung wurde am 9. Januar 2018 vom Leiter der Justizbehörde, Sadegh Larijani, erlassen. Sie setzt die Todesurteile, die in Zusammenhang mit Drogenkriminalität stehen, vorerst aus, während diese nachgeprüft werden. Sie fordert auch, dass die Richter alle Todesurteile widerrufen, die nicht den neuen vom Parlament aufgestellten Kriterien bezüglich der Todesstrafe entsprechen.

Am 14. Oktober 2017 hat der Wächterrat, welcher die Konformität von Gesetzen mit den Prinzipien des Islams überprüft, der Änderung des Gesetzes gegen den Drogenhandel zugestimmt, nachdem sie trotz Anstrengungen von Sicherheitsbehörden, die das Projekt stoppen wollten, vom Parlament verabschiedet wurde.

Dieser Schritt wurde nun unternommen, nach Jahren des Kampfes für die Menschenrechte im Iran selbst sowie weltweit. Im Iran herrscht eine der weltweit höchsten pro-Kopf-Raten an Hinrichtungen. Mehr als 500 Personen wurden 2017 hingerichtet, ein Großteil wegen kleinerer Drogendelikte, der Besitz von kleinen Mengen illegaler Drogen eingeschlossen.

Vor der richterlichen Anordnung habe es im Iran rund 5.000 Todestraktinsassen gegeben. Die Mehrzahl ist jünger als 30 und es war ihre erste Straftat. Die vom iranischen Menschenrechtszentrum gesammelten Daten zeigen, dass in den letzten 12 Monaten vor dem Änderungsantrag im Oktober 2017 mindestens 270 Gefangene wegen Straftaten im Zusammenhang mit Drogendelikten hingerichtet wurden, die fortan nicht mehr unter der Todesstrafe stehen.

Der ehemalige Abgeordnete des Parlaments in Teheran, Ali Akbar Mousavi Khoeini, erklärte gegenüber dem iranischen Zentrum für Menschenrechte, dass er vor zwei Jahren dabei half, in Genf Gespräche zwischen Menschenrechtsvertretern der Vereinten Nationen und Repräsentanten der iranischen Drogenbehörde zu organisieren:

I see this as a good omen. It has come a bit late but it will still save the lives of many human beings. I’m happy to see these efforts have led to constructive decisions by Parliament and the judiciary to reduce executions. I hope the amendment to the drug law will become a benchmark for future judicial reform to strengthen justice, freedom, peace and progress in Iran.

Ich sehe das als gutes Omen. Das kommt ein bisschen spät, aber es wird das Leben von vielen Menschen retten. Ich bin glücklich, zu sehen, dass die Bemühungen zu konstruktiven Entscheidungen seitens des Parlaments und der Judikative geführt haben, um die Zahl der Hinrichtungen zu reduzieren. Ich hoffe, dass die Gesetzesänderung bezüglich der Drogengesetze als Modell für zukünftige richterliche Reformen dienen könnte, um die Justiz, die Freiheit und den Fortschritt im Iran zu stärken.

Nach der Gesetzesnovelle darf die Todesstrafe nur bei Verurteilungen im Zusammenhang mit Drogen vollstreckt werden, wenn die Fälle folgendes beinhalten:

  • Drogenhandel mit Waffengebrauch;
  • eine grössere Rolle in der Organisation und Finanzierung des Drogenhandels, den Handel durch Kinder eingeschlossen;
  • vorangegangene Todesurteile, lebenslängliche Verurteilungen oder Freiheitsstrafen von mehr als 15 Jahren;
  • der Besitz oder der Transport von mehr als 50 Kilo Opium und anderen “traditionellen Drogen”, zwei Kilo Heroin oder drei Kilo Methamphetamin.

Yahya Kamalipour, stellvertretender Präsident des iranischen  Parlamentsausschusses für juristische Belange und Rechtsangelegenheiten, verkündete am 30. Oktober 2017 :

By our estimation, 4,000 of the 5,000 prisoners convicted of drug charges will be saved from execution. I was a judge and prosecutor for 20 years so I’m well aware of the situation facing these prisoners and their families.

Ninety percent of the prisoners on death row for drug crimes were just unfortunate mules carrying drugs to pay for their daughter’s dowry or an operation for their mother.

Laut unserer Schätzungen werden etwa 4.000 der 5.000 Gefangenen, die wegen Drogendelikten verurteilt sind, der Hinrichtung entkommen. Ich war 20 Jahre lang Richter und Staatsanwalt, also bin ich mir der Situation, in der die Häftlinge und ihre Familien sich befinden, sehr bewusst.

90 Prozent der wegen mit Drogen in Verbindung gebrachten Straftaten zum Tode Verurteilten waren nur unglückliche Individuen, die Drogen transportierten, um die Mitgift ihrer Tochter oder die Operation für ihre Mutter zu bezahlen.

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