Das Original zu dieser Übersetzung ist bereits am 11. April 2015 erschienen.
Shahnoza Gadoeva war eine der über hundert tadschikischen Ärztinnen und Ärzte, die im vergangenen Monat mit ihren Familien im Jemen lebten und arbeiteten. Zu diesem Zeitpunkt begannen die Bombenangriffe, die von Saudi-Arabien und dessen Verbündeten angeführt wurden. Als sie daraufhin in einer Facebook-Gruppe einen Post verfasste, in dem sie dringend um Hilfe zur Evakuierung bat, hatte sie keine Ahnung, dass diese Bitte sich wie ein Lauffeuer im Internet verbreiten würde.
И кто нас спасет? Мы живем в Йемене ,работаем медиками , нас здесь больше 300 ,400 человек счетая с детьми . Со вчерашней ночи Йеменскую столицу бомбят Саудовские самалеты. Наш МИД молчит … Мы в страхе . Россия пока не соберется отправить самалеты МЧС .
Und wer wird uns retten? Wir leben im Jemen, wir arbeiten als Ärzte, wir sind über 300, 400, wenn man die Kinder mitzählt. Der Jemen wird seit gestern Nacht von saudi-arabischen Flugzeugen bombardiert. Unser Außenministerium bleibt stumm. Wir sind entsetzt. Russland wird noch keine Flugzeuge [des Ministeriums für Notfallsituationen] für uns losschicken.
Dutzende Facebook-Nutzer bemühten sich, ihr moralischen Beistand zu leisten, manche verlinkten sie mit dem Internationalen Roten Kreuz und den tadschikischen Behörden. Andere rieten ihr, Hilfe von den russischen Personalvermittlungen zu fordern, welche dafür zuständig waren, im Jemen Arbeit für die tadschikischen Ärzte zu finden, während wieder andere ganz einfach für sie und die anderen Tadschiken, die im Jemen festsaßen, beteten.
Shahnozas Post wurde in Tadschikistan zur größten Schlagzeile des Tages, Journalisten zitierten ihre Worte auf Russisch, Tadschikisch und Englisch. Zeitgleich wurde das tadschikische Außenministerium mit Forderungen der Presse nach einer Reaktion geradezu bombardiert.
Es war ein Glück für Shahnoza und die anderen Tadschiken, die im Jemen festsaßen, dass Facebook – welches vom übereifrigen Kommunikationsdienst des zentralasiatischen Landes häufig stillgelegt wurde – an jenem Tag nicht gesperrt war.
Bis zum Abend hatte das Außenministerium bereits eine Anordnung von Präsident Emomali Rahmon veröffentlicht, welche die tadschikischen Missionen in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Kuwait, Ägypten und Russland (Tadschikistan besitzt keine eigene diplomatische Vertretung im Jemen) dazu anwies, sich für eine Evakuierungsaktion bereitzumachen.
Bereits im Jahr 2010 hatten russische Flugzeuge tadschikische, sowie die Bürger anderer der GUS angehörenden Staaten aus dem Jemen evakuiert, und auch dieses Mal standen sie bereit. Die ersten evakuierten Tadschiken kamen am 3. April in Duschanbe an. Bis heute wurden ungefähr 100 Tadschiken mithilfe von mindestens drei einzelnen Flügen aus dem Jemen evakuiert.
Im Anschluss wurde Shahnoza vom russischen Fernsehen interviewt. Sie vergaß auch nicht, all den Mitgliedern ihrer Facebook-Gruppe zu danken.
Дорогие земляки огромное спасибо за поддержку. Я счастлива что смогла выбраться оттуда с детьми живой здоровой, в этом заслуга каждого из вас кто звонил, переживал, поддерживал морально, помогал решить нашу проблему. Низкий поклон всем вам .
Liebe Landsmänner und -frauen, ich danke euch sehr für eure Unterstützung. Ich bin froh, dass ich das Land verlassen konnte und meine Kinder gesund und am Leben sind. Ihr alle habt dazu beigetragen, jeder, der für mich Anrufe getätigt, sich um mich gesorgt, mich moralisch unterstützt, bei der Lösung unseres Problems geholfen hat. Vielen Dank euch allen.
Obwohl Shanoza die Anzahl der Tadschiken, die sich im Jemen befinden, die Kinder eingeschlossen, auf 400 schätzte, gehen andere Schätzungen von einer Zahl aus, die sich eher auf 800 beläuft. Dies kommt daher, dass viele auch ohne die Unterstützung von Personalvermittlungen im Jemen arbeiten. Jene Vermittlungen sind jedoch aufgrund des Zustands der vom Krieg gebeutelten jemenitischen Regierung die einzige verlässliche Informationsquelle, wenn es darum geht, die genaue Anzahl an Tadschiken zu erfassen.
Die tadschikischen Fachärzte im Jemen werden als begabt und erfahren angesehen. Sie sind im Besitz wertgeschätzter Abschlüsse von sowjetischen Universitäten. Eine hohe Arbeitslosenquote und niedrige Gehälter in Tadschikistan zwingen sie dazu, in den Jemen zu gehen und dort für Durchschnittsgehälter zwischen 600 und 800 US-Dollar für Krankenschwestern, beziehungsweise 1.200 und 2.000 US-Dollar für Ärzte zu arbeiten, was um ein Vielfaches mehr ist als das, was sie in Tadschikistan verdienen könnten.
Das Außenministerium riet den Bürgern davon ab, im Jemen zu arbeiten, seit dort eine tadschikische Krankenschwester von kriminellen Stammesangehörigen entführt wurde. Dennoch bevorzugten es einige tadschikische Ärzte, vor allem diejenigen in den eher sicheren Gebieten des Jemen, dort zu bleiben und ihre Arbeitsstelle zu behalten, anstatt zurückzukehren und arbeitslos zu werden.