Weltweit nutzen Blogger und Bürgerjournalisten das Internet, um sich Gehör zu verschaffen. Damit ihre Botschaft nicht an Sprachgrenzen scheitert, wird sie von dem internationalen Netzwerk “Global Voices” übersetzt. Ein Gespräch mit dessen Leiter Ivan Sigal.
Wie aktiv sind die einzelnen Blogger-Szenen?
Innerhalb von Global Voices gibt es keine Länder, die dominieren, wobei einige Blogger-Szenen sicherlich aktiver sind als andere. Derzeit haben wir weniger Beiträge aus China und den französischsprachigen Ländern Afrikas. Aktiver ist die Szene hingegen in Ägypten, Brasilien und Pakistan. Auch die russische Blogosphäre war in den vergangenen drei Jahren sehr aktiv. Die Menschen haben gemerkt, welchen Nutzen diese Netzwerke für den Austausch von Informationen haben können. Was in Russland in den vergangenen Monaten stark zugenommen hat, ist das Wissen um den Einfluss sozialer Netzwerke und Blogs auf den politischen Raum. Das haben auch die Umbrüche in der arabischen Welt bewirkt.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Internetbewegung tatsächlich auf die Straße geht und demonstriert?
Revolutionen, Proteste und Reformprozesse sind komplexe Ereignisse, die unterschiedliche Gründe haben. Damit wir diese Entwicklungen besser verstehen, muss noch mehr Forschung auf diesem Gebiet betrieben werden. Es war zu erwarten, dass die Menschen in Russland demonstrieren. Dort gibt es eine sehr aktive Kultur der Diskussion und Debatte. Die Bedingungen haben gestimmt. Das gilt aber auch für Länder wie Iran, China oder Vietnam. Ausschlaggebend ist der Moment, an dem eine größere Gruppe von Personen entscheidet, eine Idee gemeinsam umzusetzen. In Myanmar war das 2007 bei der sogenannten Safran-Revolution der Fall – obwohl nur ein geringer Teil der Bevölkerung Zugang zum Internet hatte.
Fragen: Ralf Rebmann
Ivan Sigal ist seit 2008 verantwortlicher Direktor des Bloggernetzwerks “Global Voices”. Zuvor war er für das U.S. Institute of Peace und die Nichtregierungsorganisation Internews Network tätig. Mehr als zehn Jahre lange untersuchte Sigal, wie die Förderung der Medien- und Informationsfreiheit zur gewaltfreien Lösung von Konflikten in Krisengebieten beitragen kann. Er betreute zahlreiche Projekte zur Ausbildung und Stärkung lokaler Medien in Ländern der ehemaligen Sowjetunion sowie in Afghanistan und anderen asiatischen Ländern.