Sinkt dieser venezolanische Öltanker, sind das marine Ökosystem und der Lebensunterhalt Vieler in Gefahr

Screenshot von einem Video, hochgeladen von Fishermen and Friends of the Sea, eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Trinidad and Tobago, die auf die Situation aufmerksam gemacht hat. Er zeigt die FSO (Floating Storage and Offloading Unit) Nabarima; der Tanker läuft Gefahr zu sinken und eine Ölkatastrophe im Golf von Paria zu verursachen.

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Cari-Bois News veröffentlicht. Eine bearbeitete Version wird hier mit Erlaubnis veröffentlicht.

An einem abgelegenen Küstenabschnitt Venezuelas im Golf von Paria befindet sich die leckgeschlagene und in Schieflage geratene FSO Nabarima, ein großer Öltanker mit ungefähr 1,3 Millionen Fässern Erdöl an Bord.

Während Behörden in Trinidad und Tobago, der Zwillingsinselnation circa elf Kilometer vor Venezuelas Nordostküste, sich damit auseinandersetzen, wie sie auf die Krise reagieren sollen, die sich unmittelbar vor ihrer Grenze ereignet, werden Fragen über mögliche Umweltauswirkungen einer Ölkatastrophe diesen Ausmaßes im Golf von Paria laut – einem ökologisch sensiblen Gebiet, das von Mangrovenbäumen umgeben ist und als wichtiges Fischereigebiet gilt.

Das Cari-Bois Environmental News Network, eine Initiative der Cropper Foundation und deren Partner, hat sich an das Team von Wissenschaftler*innen und Umweltexpert*innen der Nichtregierungsorganisation SpeSeas, die ihren Sitz in Trinidad und Tobago hat, gewandt, um zu ermitteln, mit welchen Umweltauswirkungen im Falle einer Ölkatastrophe zu rechnen ist.

Ökosystem in Gefahr

Aufgrund der Position der FSO Nabarima und dem Wissen von SepSea über das allgemeine Zirkulationsmuster des Golfes, nimmt die Organisation an, dass die Paria-Halbinsel am stärksten gefährdet ist.

Zu den Ökosystemen entlang des Golfs von Paria zählen Mangrovenwälder, Küstenlagunen, Mündungsgebiete, Strände und sandige Ufer, steinige Ufer, offene Meeresökosysteme und die damit verbundene Artenvielfalt. Abhängig von der Ausbreitung des Ölteppichs, könnten all diese Ökosysteme in Gefahr sein.

Sorge um die Tierwelt

Der Golf von Paria bietet wichtige Wanderrouten und Lebensräume für die Megafauna. Hierzu zählen Vögel, Wale, Delfine, Schildkröten und andere Meerestiere sowie wirtschaftlich gesehen wichtige Spezies wie beispielsweise Shrimps und Fisch. All diese Tiere werden höchstwahrscheinlich betroffen sein.

Da das Öl typischerweise auf der Oberfläche schwimmt, sind besonders die Tiere betroffen, die an der Meeresoberfläche und entlang der Küsten leben. Dazu zählen beispielsweise Fische und wirbellose Larven sowie Säugetiere und Schildkröten, die zum Atmen an die Wasseroberfläche kommen müssen.

Bei den meisten Ölkatastrophen sind Seevögel am häufigsten betroffen.  Das Öl kann Organismen ersticken, indem es die Federn der Vögel oder die Haut anderer Tiere umhüllt. Durch äußerlichen Kontakt mit dem Öl kann es zu Irritationen der Haut und Augen kommen, während das Öl durch die Nahrungsaufnahme oder Einatmung auch in den Körper gelangen kann. Ölteppiche können auch andere Fähigkeiten der Meereslebewesen beeinträchtigen wie zum Beispiel die Nahrungssuche, die Meidung von Raubtieren, ihre Atmung und Fortpflanzung. Aufgrund von anhaltenden toxischen Chemikalien in der Nahrungskette, was wiederum zu Organschäden führen kann, sind die Überlebenschancen ihrer Nachkommen möglicherweise geringer.

Sollte das Öl in Kontakt mit dem Land kommen, könnten küstennahe Lebensräume, zum Beispiel, Mangrovenwälder, flache Wasserbänke oder andere steinige Lebensräume sowie Strände und Watt, und deren Bewohner beeinträchtigt werden. Insbesondere, da all diese Lebensräume schwer zu reinigen sind. Jegliche Tierarten in den genannten Lebensräumen würden dadurch ebenfalls negativ beeinträchtigt werden.

Das Ausmaß dieser Beeinträchtigung hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab, wie beispielsweise die Eigenschaften und das Volumen des ausgeströmten Öles, Windstärke und -richtung, Wasserbewegung, Zirkulation und die Art der Reinigung.

Fischerei in Gefahr

Der Golf von Paria ist Trinidad und Tobagos wichtigstes Fischereigebiet für Garnelen und Finnwale. Mehr als fünfzig Prozent der Fischerei des Landes findet hier statt.

Sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus sozialer Sicht ist die Meeresfischerei wichtig für die Einwohner*innen vieler ländlicher Küstengemeinden, deren Lebensunterhalt entweder vollständig oder teilweise von der Fischerei abhängig ist. Jeder Ölteppich im Golf von Paria könnte daher zu einer Katastrophe werden.

Die Fischerei ist auch Bestandteil der Gewährleistung der Nahrungsmittelsicherheit, der Armutsbekämpfung, der Deviseneinnahmen, der Kultur, der Freizeitbeschäftigung und des Tourismus. Die Mehrheit der Fischereiressourcen Trinidad and Tobagos sind küstennah und werden von einer großen Anzahl an Kleinfischer*innen genutzt.

Gemeinden könnten betroffen sein

Ölteppiche können zahlreiche unmittelbare Folgen für Fischereikommunen haben. Ein Ölfilm auf der Wasseroberfläche beispielsweise sorgt für zusätzlichen Aufwand, da Fischer*innen ihre Boote und Ausrüstung reinigen müssen. Diejenigen, die sich das nicht leisten können, entscheiden sich möglicherweise dafür zum Schutz ihrer Ausrüstung nicht zu fischen, was wiederum deutliche Einkommenseinbußen nach sich zieht. Auch die Verkaufszahlen gehen nach einer Ölkatastrophe für längere Zeit tendenziell zurück, da die Kundschaft befürchtet, der Fang könnte möglicherweise gesundheitsschädlich sein. So war es auch der Fall nach vorherigen Ölkatastrophen im Golf von Paria.

Ein mögliches Fischsterben – der plötzliche und unerwartete Tod einer Anzahl von Fischen oder anderen Wassertieren in einem bestimmten Gebiet – gibt auch Grund zur Sorge. Sollte dies eintreten, so SpeSeas, tritt es höchstwahrscheinlich in Binnengebieten auf, wo es weniger Zirkulation gibt und Fische deshalb weniger Freiraum haben. Viele dieser Binnengebiete fungieren auch als Kinderstube für weniger mobile Larven und Jungfische.

Sollte das Öl sich bis an die Strände ausbreiten, könnten die Tiere, deren Lebensraum sich auf den Wurzeln der Mangrovenbäume befindet, auch von den Auswirkungen betroffen sein.

Wie die Auswirkungen eingeschränkt werden können

Der Staat Trinidad und Tobago hat einen Nationalen Notfallplan für den Fall einer Ölkatastrophe (2013), der sowohl der menschlichen Gesundheit als auch die Gesundheit wichtiger Meeresökosysteme wie zum Beispiel Korallenriffe und Mangrovenwälder in den Vordergrund stellt. Des Weiteren gibt es einen bilateralen Notfallplan für den Fall einer Ölkatastrophe zwischen Trinidad und Tobago und Venezuela aus dem Jahre 1989, der die Handhabung einer Ölkatastrophe regelt.

Zu Reaktionsstrategien für Ölkatastrophen in offenen Gewässern zählen unter anderem Ölsperren, Abschöpfen, Entfernen, Dispergierungsmittel und In-situ-Burning.

Die Methoden zur Säuberung nach einer Ölkatastrophe müssen sorgfältig evaluiert werden, da diese Prozesse manchmal noch weiteren Schaden anrichten können, insbesondere entlang von Küstenlebensräumen. Verölte Tiere, können währenddessen in Rehabilitation geschickt werden. Andere Säuberungsoptionen beinhalten zum Beispiel das Austauschen von kontaminierten Sand an den Stränden, das Pflanzen neuer Mangrovenbäume und Seegraswiesen sowie das Neuanlegen von Mooren.

Ein ‘totes, kontaminiertes Meer'?

Örtliche und internationale Berichte haben vermeldet, dass durch ein Sinken der FSO Nabarima möglicherweise Öl in den Golf von Paria strömen könnte, mit verheerenden Folgen – im Wesentlichen würde das Gebiet in ein “totes, kontaminiertes Meer verwandelt werden.”

Das SpeSeas-Team wies darauf hin, dass es schwierig sei, über das wahrscheinliche Ausmaß der Auswirkungen zu spekulieren, und riet, mit gebührender Sorgfalt vorzugehen, um das Auslaufen jeglicher Ölmenge zu verhindern. Angesichts der beträchtlichen Gefahren empfahl SpeSeas, die Situation genau zu beobachten.

Was unternehmen die Behörden Trinidad und Tobagos?

Das Ministerium für Energie und Energieindustrien (MEEI) steht in Kontakt mit der venezolanischen Regierung bezüglich des Zustandes des Tankers und dem Risiko einer Ölkatastrophe und hat seine Unterstützung angeboten.

Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die FSO Nabarima noch immer in venezolanischen Gewässern und Trinidad und Tobago ist wahrscheinlich nicht dazu in der Lage, zu handeln, es sei denn, die venezolanische Regierung fordert Unterstützung an.

In der Zwischenzeit haben Netzbürger*innen aus Trinidad und Tobago eine Petition gestartet, mit der sie sofortige Präventivmaßnahmen fordern, damit das Land im Falle einer Ölkatastrophe gewappnet ist. Zudem fordern sie, dass die Öffentlichkeit über alle Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten wird.

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