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Thailands Demokratie-Proteste spiegeln wachsende Unzufriedenheit über die Monarchie wider

Kategorien: Ostasien, Westeuropa, Deutschland, Hong Kong (China), Thailand, Bürgermedien, Censorship, Internetaktivismus, Meinungsfreiheit, Menschenrechte, Politik, Recht, Warum protestieren Jugendliche und Studierende in Thailand?
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Ein Gesuch, in dem Deutschland aufgefordert wird, den thailändischen König Vajiralongkorn zur Persona non grata zu erklären, ist in Thailand blockiert worden. Bild von Stand News.

Trotz der Ankündigung eines Notstandsdekrets am 15. Oktober und des harten Durchgreifens der Polizei am 16. Oktober protestierten [2] zehntausende thailändische Demonstrierende am Wochenende weiterhin auf den Straßen und forderten demokratische Reformen.

Erneut trotzen sie heute der thailändischen Regierung mit friedlichen Protesten

Das Hauptanliegen richtete sich gegen die Monarchie, wie in einer globalen Petition von Change.org [5] zum Ausdruck gebracht wird, in der der thailändische König Maha Vajiralongkorn [6] aufgefordert wird, „dauerhaft nach Thailand zurückzukehren“ und „seinen königlichen Pflichten als regierender Monarch in seinem Land nachzukommen“.

Die Petition richtete sich speziell an die Behörden in Deutschland:

We request that The Federal Republic of Germany, pursuant to the first paragraph of Article 9 of the Vienna Convention on Diplomatic Relations, declare Vajiralongkorn a persona non grata within the territories of The Federal Republic of Germany. Thus, disallowing the King to continue any further residence in Germany.

Wir fordern, dass die Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 9 Absatz 1 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, Vajiralongkorn zur Persona non grata im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erklärt und damit dem König zu untersagen, seinen Aufenthalt in Deutschland fortzusetzen.

König Maha Vajiralongkorn, der 2016 den Thron bestieg, ist eine umstrittene Figur [7]; er hat die direkte Kontrolle über zwei Armee-Einheiten, besitzt Beteiligungen im Wert von Milliarden von Dollar und verbringt die meiste Zeit in Deutschland.

Junya Yimprasert, eine thailändische Aktivistin, die jetzt in Europa lebt, sagte DW News [7]:

The Thai people are getting angrier because he is not in Germany just as a tourist and hasn't stopped intervening in Thai politics…He is here in Germany and continues to have influence.

Das thailändische Volk wird immer wütender, weil er nicht bloß als Tourist in Deutschland ist und nicht aufgehört hat, sich in die thailändische Politik einzumischen… Er ist hier in Deutschland und hat weiterhin Einfluss.

Einem Bericht [8] des Thai-Netizen-Network auf Facebook zufolge ist der Zugang zur Petition seit dem 15. Oktober von drei großen Internet-Betreibern in Thailand gesperrt. In Thailand kann man wegen jeder kritischen Bemerkung über den König und die königliche Familie nach Paragraf 112 des Strafgesetzbuches [9] angeklagt werden, was zu einer Strafe von drei bis fünfzehn Jahren Gefängnis führen kann.

Der thailändische Staat hat https://t.co/XskfBKQKL9 [10] in Thailand aufgrund der Petition blockiert, in der die deutsche Regierung aufgefordert wird, König Vajiralongkorn in Deutschland zur Persona non grata zu erklären

Der König ist vor kurzem aus Deutschland nach Thailand zurückgekehrt, um am Gedenktag des verstorbenen Königs Bhumibol Adulyadej [14]am 13. Oktober teilzunehmen. Die Ausrufung des Ausnahmezustands wurde zwei Tage später, am 15. Oktober, nach einer friedlichen Konfrontation [15] zwischen pro-demokratischen Demonstrierenden und Anhänger*innen der königlichen Familie in der Nähe des Großen Palastes am 14. Oktober verkündet [16].

Am Konfrontationspunkt sangen friedliche pro-demokratische Demonstrierende und zeigten den Drei-Finger-Gruß [17], als das Fahrzeug von Königin Suthida vorbeifuhr. Mindestens zwei Aktivist*innen [18] wurden wegen angeblich versuchter Gewalt gegen die Königin verhaftet, eine Anklage, die im Falle eines Schuldspruchs, zu lebenslanger Haft führen könnte.

Der Drei-Finger-Gruß steht für drei zentrale Protestforderungen [19]: die Auflösung des Parlaments, die Beendigung der Einschüchterung des Volkes, was die Abschaffung des königlichen Verleumdungsgesetzes einschließt, und die Ausarbeitung einer neuen Verfassung, die zur Reformierung der Monarchie führen würde.

Diese Forderungen spiegeln sich in der folgenden Parodie wider:

Wenn Sie sich fragen, warum wir die Reformierung der Monarchie so dringend brauchen, werde ich Ihnen gerne die Übersetzung dieser Parodie der thailändischen Nationalhymne zur Verfügung stellen, die zeigt, wie König Vajiralongkorn wirklich ist

@minimonilogist übersetzte die thailändischen Liedtexte im Twitter-Thread:

King Vajiralongkorn spends most of his time in Germany with his concubines living in luxuries while the people of Thailand is facing the economic crisis which got worse than before due to COVID-19. He travels back and forth on Thai airway which is currently in bankruptcy – But with the government's support, it continues to survive *using people's taxes*. Many Thai businessmen, who have been exploiting their workers, support the King's reign, offer their money for the king to spend as he pleases. Thailand's annual fund goes mostly to support the monarch and the rest of the royal family (approx. $641M). This is why the people protest, we are having a crisis, many live in poverty. Yet the king is spending our taxes and abusing his power through the government and the police. We ARE ANGRY! Both the monarchy and the coup need to end! We want real democracy for the people and only for the people. Not dictatorship in a democracy disguise!

König Vajiralongkorn verbringt die meiste Zeit mit seinen Konkubinen in Luxus in Deutschland, während das thailändische Volk mit der Wirtschaftskrise konfrontiert ist, die durch COVID-19 schlimmer geworden ist als zuvor. Er reist mit der bankrotten Thai Airways hin und her – die mit der Unterstützung der Regierung und „unter Verwendung der Steuern des Volkes“ weiterhin überlebt. Viele thailändische Geschäftsleute, die ihre Arbeiter ausgebeutet haben, unterstützen die Herrschaft des Königs, bieten ihr Geld dem König an, damit er es ausgeben kann, wie es ihm gefällt. Thailands jährlicher Fond wird hauptsächlich zur Unterstützung des Monarchen und des Rests der königlichen Familie verwendet (ca. 540 Mio. Euro). Aus diesem Grund protestieren die Menschen, wir haben eine Krise, viele leben in Armut. Dennoch gibt der König unsere Steuern aus und missbraucht seine Macht durch die Regierung und die Polizei. Wir SIND VERÄRGERT! Sowohl die Monarchie als auch der Staatsstreich müssen beendet werden! Wir wollen echte Demokratie für das Volk und nur für das Volk. Nicht eine Diktatur unter dem Deckmantel einer Demokratie!

Der Aufenthalt des Königs in Deutschland ist ein Hauptziel der Beschwerden:

Tausende Demonstrierende sind in Thailand auf die Straße gegangen, um Reformen zu fordern. Ein zentrales Thema ist, dass ihr König die meiste Zeit in Bayern verbringt.

Das fragen Aktivist*innen wie @act4dem [24]: Warum braucht #Thailand [25] einen König, der in Deutschland lebt?

Wie der in Bangkok lebende Schriftsteller Tyler Roney feststellte, befindet sich Thailand in einem historischen Moment des politischen Wandels:

Thailändische Demonstrierende versuchen die Geschichte von Thailands demokratischem Erbe wieder aufleben zu lassen, schreibt Tyler Roney. Das Ergebnis war ein Willenskampf zwischen den Demonstrierenden und den thailändischen Behörden.

Unterstützung durch die ‚Milk Tea Alliance‘ und in Hongkong ansässige Aktivist*innen

Um thailändische Pro-Demokratie-Protestierende zu unterstützen, hat die Milk Tea Alliance [32], ein südostasiatisches Pro-Demokratie-Netizen-Netzwerk, geholfen, die Aufmerksamkeit internationaler Gemeinschaften durch die Verwendung der Hashtags #standwiththailand (etwa: Zusammenstehen mit Thailand) und #milkteaalliance (etwa: Milchteeallianz) auf verschiedenen sozialen Medienplattformen zu wecken.

Die thailändischen Demonstrationen haben Ähnlichkeiten mit den Anti-Auslieferungs-Protesten in Hongkong des vergangenen Jahres, und die Hongkonger Netizens bringen lautstark ihre Unterstützung für die thailändischen Demonstrierenden zum Ausdruck. Der prominente Aktivist Joshua Wong veröffentlichte ein thailändisches Protestvideo, das von einem in Thailand geborenen Taiwanesen gedreht wurde:

Ein wunderbar berührendes Video eines in #Thailand [25] geborenen #Taiwanesen [33], das die Einheit und Solidarität unserer tapferen #Thai- [34]Freund*innen zeigt.

Wir können das gemeinsam durchstehen.

Der im Exil lebende Hongkonger Aktivist Nathan Law schrieb:

Sei freundlich zu deinen Mitmenschen, hab Vertrauen in die kollektive Weisheit, sei flexibel in Bezug auf Strategien, sei entschlossen im Handeln.
Verliere nie die Hoffnung, bleib gesund

Die in Hongkong lebende freiberufliche Journalistin Frances Hui schrieb:

#Thailand, wir sind nicht dort, aber wir fühlen es zutiefst. Das ist das Mindeste, was ich sagen kann: Wir stecken da gemeinsam drin. Wir stehen an deiner Seite, genau wie du es getan hast, als wir einen Freund brauchten.