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Für asiatische Aktivist*innen bedeutet der Boykott von Disneys „Mulan“ ein Nein zu Chinas nationalistischer Propaganda, Zensur und Polizeibrutalität

Kategorien: Ostasien, China, Hong Kong (China), Bürgermedien, Censorship, Internationale Beziehungen, Internetaktivismus, Menschenrechte, Protest, Wirtschaft & Handel
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Ausschnitt aus einem Bild von Badiucao. Verwendung mit freundlicher Genehmigung.

Aktivistinnen und Aktivisten aus einer Reihe von asiatischen Ländern rufen zum Boykott des Films Mulan [2] auf, der am 04. September von Disney veröffentlicht wurde, mit der Begründung, dass die Hauptdarstellerin Liu Yi Fei [3] öffentlich ihre Unterstützung für das harte Vorgehen der Polizei gegen Demonstrierende in Hongkong zum Ausdruck gebracht hatte.

Die neueste Veröffentlichung von Disneys Mulan ist eine Adaption von „The Ballad of Mulan“ [etwa: die Ballade von Mula], einer Geschichte aus der chinesischen Folklore, in der sich Hua Mulan, eine chinesische Heldin aus den Jahren 386-534 n. Chr., als Mann ausgibt, damit ihr altersschwacher Vater nicht in der Armee dienen muss.

Das Drama, eine Live-Action-Version des 1998 von Disney hergestellten Zeichentrickfilms [4], sollte ursprünglich im März 2020 veröffentlicht werden, verzögerte sich jedoch aufgrund des weltweiten Ausbruchs von COVID-19. Am 04. September wurde er sowohl auf dem Streaming-Dienst Disney+ veröffentlicht als auch in Regionen, die derzeit nicht von der Pandemie betroffen sind, in den Kinos vorgeführt.

Pro-Demokratie-Aktivistinnen und -Aktivisten in Hongkong riefen öffentlich zu einem Boykott auf, wobei #boycottMulan am 05. September zum beliebtesten Hashtag auf Twitter in Hongkong wurde. Der Boykott griff bald auf andere asiatische Länder über, darunter Taiwan und Thailand sowie die Mitglieder der neu gegründeten pro-demokratischen Milk Tea Alliance [5] (etwa: Milchtee-Allianz), ein regionales Netizen-Netzwerk, das sich der Bekämpfung chinesischer Trolle und nationalistischer Kommentierenden in sozialen Medien widmet.

Der prominente Hongkonger Aktivist und Politiker Joshua Wong [6] gehörte zu den ersten, die zu einem Boykott aufriefen:

Hongkonger missbilligt Polizei-Untertützerin @yifei_cc  [7]und Blackface @DonnieYenCT [8]. Deshalb rufen wir alle freiheitsliebenden Menschen überall auf: #BoycottMulan

Die Hauptdarstellerin von Mulan, Liu Yifei [3], wurde in China geboren und emigrierte 1997 im Alter von 10 Jahren in die USA. Im Jahr 2002 kehrte sie nach China zurück und begann, in lokalen Fernsehaufführungen aufzutreten.

Auf dem Höhepunkt der antichinesischen Auslieferungsproteste in Hongkong im vergangenen Jahr veröffentlichte Liu auf der Sozialen-Medien-Plattform Weibo eine Grafik, die von der staatlich finanzierten chinesischen Tageszeitung People's Daily geteilt wurde. Die Grafik, die am 14. August 2019 veröffentlicht wurde, enthielt das Zitat: „Ich unterstütze die Polizei von Hongkong. Sie können mich jetzt schlagen. Was für eine Schande für Hongkong“. Hongkonger Aktivistinnen und Aktivisten glauben, die Grafik ist Teil einer Propagandakampagne, die darauf abzielt, in Vorbereitung auf das darauf folgende brutale Durchgreifen der Polizei ein Bild der Demonstrierenden als Gewalttäterinnen und -täter zu vermitteln.

Bildschirmaufnahme von Liu Yifeis Weibo Post.

Seitdem der chinesische Präsident Xi Jinping den ideologischen Kampf 2012 ganz oben auf die Tagesordnung der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) setzte, wurden zusätzlich zur Verhängung einer strengen Zensur aller Medienformen Prominente gedrängt, patriotische Botschaften und Propaganda [14] in den sozialen Medien zu verbreiten. Die Beteiligung an chinesischer Staatspropaganda ist für chinesische und nicht-chinesische Akteure, die erfolgreiche Karrieren in der großen und lukrativen chinesischen Unterhaltungsszene machen wollen, zu einer Notwendigkeit geworden.

Der andere Hauptdarsteller des Films Mulan, Donnie Yen, [15] hatte ebenfalls ein pekingfreundliches öffentliches Bild in den sozialen Medien veröffentlicht. Wie Aktivist*innen-Anwalt Kevin Yan auf Twitter bemerkte:

Eigentlich ist Donnie Yen schlimmer als Liu Yifei. Zumindest kann man sagen, dass Liu Jahre hinter der Großen Mauer verbracht hat, nachdem sie für ihre Karriere aus Amerika nach China zurückgekehrt war. Donnie Yens Karriere hat tatsächlich davon profitiert, in einer Stadt zu sein, die künstlerische Freiheit genoss.

Kevin Yans Zitat von Hongkong Welt City
@HKWORLDCITY
Boykottieren Sie Mulan, weil der Hauptdarsteller Donnie Yen (@DonnieYenCT) Verschwörungstheorie-Tweets über pro-demokratische Demonstrierende aus Hongkong als CIA-Agenten darstellte und Tweets mit ‘Gefällt mir’ markierte, die sie als „Terroristen“ bezeichneten.

In Thailand lud der Studierenden-Aktivist Netiwit Chotiphatphaisal thailändische Netizens ein, sich der #boycottmulan-Kampagne anzuschließen.

“Ich möchte alle zum #BoycottMulan [9], #BanMulan [18] einladen, damit Disney und die chinesische Regierung erkennen, dass staatliche Gewalt gegen das Volk etwas ist, das nicht akzeptiert werden kann.

Bildunterschrift: Bei dem Mulan-Boykott treten Thailänder*innen der Milk-Tea-Alliance bei.

Heute (04. September) ist das Erscheinungsdatum des Films Mulan mit Liu Yifei als Protagonistin, aber gestern Abend stieg der Hashtag #BoycottMulan auf Platz 4 bei Thailands Twitter auf …

Ein am 04. September von einer Gemeinschaft von Filmliebhaberinnen und -liebhabern in Taichung City, Taiwan, veröffentlichter Boykottaufruf wurde über 7.500 Mal geteilt. Auch der Hashtag #boycottMulan lag am Wochenende um den 05. September in Taiwan im Trend.

#BoycottMulan in den taiwanesischen Trends nachdem Film Premiere feierte

Der in Australien lebende politische Karikaturist Badiucao nutzte die Gelegenheit, um Unternehmen zu drängen, die chinesische Zensur und ideologische Kontrolle im Austausch für Marktzugang nicht länger zu unterstützen.

#Boykottieren Sie Mulan
wenn Sie die universellen Menschenrechte unterstützen,
wenn Sie Polizeibrutalität hassen,
Wenn Sie glauben, dass Kunstschaffende, Schauspieler*innen und Unternehmen soziale Verantwortung tragen sollen,
wenn Sie die Asiat*innen respektieren und sich weigern, uns als Profitmarkt und Spielmarken zu sehen.

In den letzten Jahren sind Weltkonzerne wie Apple [26], Disney [27], HSBC [28] und andere heftig kritisiert worden, weil sie unangemessenen Zensur- oder politischen Loyalitätsanforderungen der chinesischen Regierung nachgegeben haben. Wie JS, ein Redakteur bei der Online-Zeitschrift Lausan, die sich der Erforschung sozialer Bewegungen in chinesischsprachigen Regionen widmet, festgestellt hat, untergraben die Normen der chinesischen Regierung nicht nur den Wert der Menschenrechte in allen Bereichen der bürgerlichen und der Geschäftswelt, sondern helfen China auch dabei, einen Han [29]-zentrierten ethnischen Nationalismus auf dem globalen Markt neu zu erfinden und zu fördern:

#BoykottMulan scheint eine einfache Geste zu sein, aber in Wirklichkeit ist das wirklich radikal. Was wir boykottieren, ist die westliche Kommerzialisierung (Disney) des chinesischen Nationalismus/der Han-Vorherrschaft, was darauf hinweist, wie verflochten und verworren die Interessen des globalen Kapitals wirklich sind.