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Griechisches Parlament verabschiedet Gesetz: Auch gleichgeschlechtliche Paare können nun Pflegeeltern werden

Kategorien: Westeuropa, Griechenland, Bürgermedien, Good News, Menschenrechte, Politik, Rechte der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen (LGBT), Regierung
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Griechische Parlament erlässt Gesetz welches gleichgeschlechtlichen Paaren erlaubt, Pflegeeltern zu werden. Bild: Shutterstock, Lizenzfrei, ID: 667410454

Am Mittwoch, den 09. Mai 2018, bewilligte das griechische Ministerium für Arbeit und Sozialfürsorge mit großer parlamentarischer Mehrheit [2] einen Gesetzesvorschlag, welcher weitreichende Veränderungen in der Gesetzgebung zum Adoptions- und Pflegerecht mit sich bringen wird. Die neue Gesetzgebung reduziert den bürokratischen Aufwand rund um den Adoptionsprozess und der Artikel 8 des Gesetzes lässt eine historische Veränderung in Kraft treten: gleichgeschlechtliche Paare in eingetragenen Lebensgemeinschaften können nun Pflegeeltern werden.

Von den insgesamt 300 Mitgliedern des griechischen Parlaments namen 264 Abgeordnete an der Abstimmung teil, wobei 161 Abgeordnete für den Gesetzesentwurf stimmten, 103 stimmten dagegen. Auf Anfrage der rechtsextremen Partei Chrysi Avgi [3] (goldene Morgendämmerung) folgte eine namentliche Abstimmung [4], bei der herauskam, dass zwei Abgeordnete der links-gerichteten Regierungspartei SYRIZA [5] gegen den Gesetzesentwurf gestimmt haben, während zwei der rechts-gerichteten Partei ANEL [6] (die zweite Partei der Regierungskoalition) sowie vier Mitglieder der liberal-konservativen Partei Nea Dimokratia [7] dafür stimmten.

Premierminister Alexis Tsipras äußerte sich zur Pflegeelternschaft und sagte [8]:

Η αναδοχή προβλέπει ότι το παιδί έχει τη δυνατότητα να επιστρέψει στους φυσικούς του γονείς, οι οποίοι επιπροσθέτως κατά τη διάρκεια της αναδοχής θα πρέπει να έχουν επαφή μαζί του. Θα έλεγα χωρίς υπερβολή ότι η αναδοχή ως πράξη αποτελεί υπόδειγμα αλτρουισμού, αλληλεγγύης και προσφοράς για όσους το επιλέγουν.

Die Pflegschaft eines Kindes hat zum Ziel, dass es zu seinen leiblichen Eltern zurückkehren kann die, darüber hinaus, während dieser Zeit mit dem Kind in Kontakt stehen sollten. Ich kann ohne zu übertreiben sagen, dass die Pflegschaft ein moderner Akt des Altruismis, der Solidarität und des Entgegenkommens ist für diejenigen, die sich für ihn entscheiden.

Der Vize-Minister für Sozialfürsorge, Theano Fotiou, kommentierte [9], der Gesetzesentwurf seie ein Rettungsanker ist für Kinder, welche in Einrichtungen leben:

Η Βουλή αγκάλιασε το νομοσχέδιο για την αναδοχή και την υιοθεσία, όπως όφειλε, καθώς πρόκειται για ένα νομοσχέδιο που είναι πραγματικά μία ανάσα για τα παιδιά στα Ιδρύματα, αλλά και για την κοινωνία, δηλαδή για όλους εκείνους που περιμένουν να ανοίξουν την αγκαλιά και το σπίτι τους για ένα παιδί.

Das Parlament nahm den Gesetzesentwurf zur Adoption und Pflegschaft genauso auf, wie es das hätte tun sollen; es ist wirklich ein “Lebensatem” für Kinder, die in Einrichtungen leben aber auch für die Gesellschaft und all diejenigen, die darauf warten, ihre Arme und ihr Heim für ein Kind zu öffnen.

Einige Tage vor der Abstimmung gab es eine Intervention [10] seitens 55 Wissenschaftler*innen aus Griechenland und anderen Ländern zum Thema Pflegeelternschaft und Adoption durch homosexuelle Paare:

H εμπειρική έρευνα δεν υποστηρίζει την αντίληψη ότι η ανατροφή από ομοφυλόφιλο γονέα επηρεάζει την ανάπτυξη της ταυτότητας φύλου του παιδιού, ενώ δεν υπάρχουν εμπειρικά δεδομένα ότι η παρουσία τόσο του αντρικού όσο και του γυναικείου προτύπου στο σπίτι προάγει την προσαρμογή και ευεξία παιδιών και εφήβων.

Empirische Forschungen unterstützen die Annahme nicht, dass eine Erziehung durch homosexuelle Eltern die Entwicklung der Geschlechtsidentität eines Kindes beeinflusst; es gibt außerdem auch keinen empirischen Beweis, dass die Präsenz von sowohl weiblichen als auch männlichen Vorbildsfiguren in der Familie das Anpassungsvermögen und das Wohlbefinden von Kindern oder Jugendlichen förderlicher ist.

Drei maßgebliche Errungenschaften der LGBTQI+-Gemeinschaft

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Pride 2009 in Athen. Von Grzegorz Wysocki via Wikimedia, CC BY 3.0.

In den vergangenen Jahren führte Griechenland verschiedene Gesetze ein, die zur Beendung von geschlechter-basierter und sexueller Orientierung basierter Diskriminierung [12] führen sollten.

Eingetragene Lebenspartnerschaften zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren wurden vor drei Jahren legalisiert [13] und seit Oktober 2017 können griechische Staatsbürger*innen, die mindestens 15 Jahre alt sind, legal ihr Geschlecht ändern [14].

Meinung der Öffentlichkeit und Reaktionen öffentlicher Personen

Diese neue Gesetzgebung wurde von der orthodoxen Kirche verurteilt. Die Heilige Synode äußerte sich direkt am Tag nach der Entscheidung in einer Stellungnahme [15] und verdeutlichte ihre klare Ablehnung gegenüber den gesetzlichen Änderungen, welche die Pflegeelternschaft durch gleichgeschlechtliche Paare ermöglicht. Darüber hinaus bestärkte sie ihre zentrale Rolle innerhalb der griechischen Gesellschaft:

Η Εκκλησία της Ελλάδος υπενθυμίζει προς πάσα κατεύθυνση ότι είναι ο πλέον μαζικός θεσμός του ελληνικού λαού και ως εκ τούτου έχει δικαίωμα δημόσιου λόγου, όπως και κάθε άλλος κοινωνικός φορέας, χωρίς να αξιώνει την επιβολή των απόψεών της στην Πολιτεία.

Die Kirche Griechenlands erinnert die Öffentlichkeit, dass es die zentralste aller Einrichtungen der griechischen Gesellschaft ist und demnach das Recht auf freie Meinungsäußerung hat, wie jede andere soziale Einrichtung, ohne, dass sie ihre Ansichten dem Staat aufzwingen.

Auf Twitter reagierten griechische Netizens überwiegend positiv und mit Worten der Unterstützung für das neue Gesetz, abgesehen von den wie zu erwarten traditionell ablehnenden Nutzerinnen und Nutzern.

Olympia Anastasopoulou, Mitglied des höchsten Gerichts und der To Potami Partei schrieb:

#αναδοχη [16] απο ομοφυλα ζευγαρια: τη στηριζουμε & την ψηφιζουμε ως ευρωπαιοι πολιτες (αποτελει νομικη υποχρεωση της χωρας μας)αλλα και ως γονεις: τι θα προτιμουσατε αληθεια για τα δικα σας παιδια αν ο μη γενοιτο επρεπε να επιλεξουν μεταξυ ιδρυματος & οικογενειακης αγκαλιας;…

— OlympiAnastasopoulou (@OlympiaAnast) 7 Μαΐου 2018 [17]

Pflegeelternschaft durch gleichgeschlechtliche Paare: Wir unterstützen dies und stimmen dafür als Bürgerinnen und Bürger Europas (es ist eine gesetzliche Pflicht unseres Landes); aber auch als Eltern: was würden Sie für Ihre Kindern wollen, würden sie sich, Gott bewahre, zwischen einer Institution oder einem warmen Nest als Zuhause entscheiden müssen?

Twitter-Nutzer Yponavarcho kritisierte die Wahlentscheidung von Liana Kanelli [18], Abgeordnete der Kommunistischen Partei Griechenlands, die einen Adoptivson hat und über deren sexuelle Orientierung spekuliert wurde:

να είσαι λεσβία με παιδί και να ψηφίζεις
παρών στο νομοσχέδιο για την αναδοχή
από ομόφυλα ζευγάρια

αυτό πάει να πει σκοταδιστικό ΚΚΕ

ΓΕΛΟΙΑ ΚΑΙ ΠΑΛΙ Η ΛΙΑΝΑ

— ΥποΝαύαρχος (@ftoovaskano) 8 Μαΐου 2018 [19]

Stellt euch vor, lesbisch zu sein und ein Kind zu haben und euch trotzdem eure Stimme zu enthalten bei der Abstimmung zu einem Gesetz, welches über die Pflegeelternschaft von gleichgeschlechtlichen Paaren entscheidet.

Das ist es, was es bedeutet, eine Obsukarantin der Kommunistischen Partei Griechenlands zu sein

LIANA, WIEDER EINMAL LÄCHERLICH.

Nutzer NoMoreLies lehnte das Gsetz ab und sprach von den üblichen Verschwörungstheorien:

Τώρα που πέρασαν οι Συριζαίοι την
αναδοχή παιδιών από ομόφυλα ζευγάρια,
μπορούν να πάνε σε εκλογές.

Εκτελέσαν τις διαταγές του Soros.
– Ισλαμοποίηση ✅
– Ανοιχτά σύνορα ✅
– Καταστροφή παραδοσιακής οικογένειας ✅
– Φτωχοποίηση του λαού ✅

Έλα να έρθει ο επόμενος….

— Όχι Άλλα Ψέματα!?? ‏(@nomorelies_gr) 9 Μαΐου 2018 [20]

Jetzt, wo die Leute der Syriza eine Gesetz durchgebracht haben, das Homosexuellen die Pflegeelternschaft von Kindern erlaubt, können sie gleich mit den folgenden Punkten weitermachen:

Sie haben die Anweisungen von [George] Soros befolgt.
– Islamisierung ✅
– Offene Grenzen ✅
– Zerstörung der traditionellen Familie ✅
– Verarmung der Menschen ✅

Giorgos Koumoutsakos, Abgeordneter der konservativen Partei Nea Dimokratia (soviel wie: Neue Demokratie) und Mitglied des europäischen Parlaments, erklärte seine Wahlentscheidung:

Είμαι μεταξύ εκείνων που ψήφισαν υπέρ του συμφώνου συμβίωσης, καθώς η Πολιτεία όφειλε να ρυθμίσει μια ήδη υπάρχουσα κοινωνική κατάσταση. Δεν θα ψηφίσω όμως την αναδοχή από ομόφυλα ζευγάρια. Μόνο και καταλυτικό κριτήριό μου ο σεβασμός των δικαιωμάτων των παιδιών.

— Giorgos Koumoutsakos (@GKoumoutsakos) 8 Μαΐου 2018 [21]

Ich bin einer derjenigen, die für die Legalisierung der eingetragenen Partnerschaft gestimmt hat, da der Staat eine bereits existierende Situation regulieren musste. Ich werde jedoch nicht für die Pflegeelternschaft durch homosexuelle Paare stimmen. Mein einziges und katalytisches Kriterium ist der Respekt für die Rechte der Kinder.

Reaktionen innerhalb der LGBTQ+-Gemeinschaft

Der prominente Autor und Radioproduzent Auguste Corteau drückte sein Entsetzen [22] über die Standpunkte einer Anzahl griechischer Abgeordneter während der Anhörung aus:

Οι πολιτικοί που σήμερα αντιτίθενται – πολλοί εξ αυτών με φρικαλέες ασχημονίες – στην αναδοχή και την τεκνοθεσία από…

Geplaatst door Auguste Corteau [23] op Woensdag 9 mei 2018 [22]

Einige Politkerinnen und Politiker, die sich heute – und viele von ihnen mit grauenhafter Unverfrorenheit – gegen die Pflegeelternschaft und Adoption durch homosexuelle Paare ausgesprachen, haben bereits jetzt gerechtfertigt einen Platz in den dunkelsten und verstaubtesten Untiefen des geschichtlichen Limbos gewonnen.

Marina Galanou, eine Aktivistin für Trans-Rechte, weist auf die Abwesenheit [24]des Justizministers, Stavros Kontonis, hin:

Διαβάζω ότι ο Υπουργός Δικαιοσύνης, κ. Κοντονής, δεν ήταν παρών στη ψήφιση του νόμου για την επέκταση της αναδοχής….

Geplaatst door Marina Galanou [25] op Vrijdag 11 mei 2018 [24]

Ich habe gelesen, dass Justizminister, Herr Kontonis, nicht anwesend war bei der Wahl zur Ausweitung des Pflegeelterngesetzes. Die Entschuldigung anderweitiger Verpflichtungen hat keine Bedeutung: der Minister für Justiz und MENSCHENRECHTE kann nicht abwesend sein bei einer Abstimmung zu einem Gesetz, das (obwohl nicht von ihm verfasst) Menschenrechte betrifft.

Rainbow Families (soviel wie: Regenbogenfamilien), eine Gruppe, die die Rechte von LBGTQ+-Eltern vertritt, kritisierte den Justizminister ebenfalls [26] und darüber hinaus auch die allgemeine Haltung der politischen Parteien:

Όλες και όλοι εμείς στις Οικογένειες Ουράνιο Τόξο βγαίνουμε από αυτή τη διαδικασία με μια πικρή γεύση στο στόμα. Στον δρόμο για την ισότητα, πάλι μας άφησαν «πίσω» και επομένως δεν μπορούμε να «πανηγυρίσουμε» αλλά να συνεχίσουμε με περισσότερες δυνάμεις και σθένος τον αγώνα μας μέχρι να δικαιωθούμε.

Wir alle als Mitglieder der Regenbogenfamilien schließen diesen ganzen Prozess mit einem bitteren Nachgeschmack ab. Auf dem Weg zu Gleichberechtigung haben sie uns abermals “zurückgelassen” und von daher können wir nicht “feiern”, sondern müssen weiter mit mehr Kraft und Nachdruck kämpfen, bis wir Gerechtigkeit erfahren.

Journalist LGBTQ+-Aktivist Grigoris Vallianatos drückte seinen Unmut auf seinem persönlichen Facebook-Profil aus [27] und betonte, dass noch viel mehr Arbeit vor dem Staat liege:

Εχουμε και λέμε. Είμαστε νόμιμοι αλλά όχι κι ισότιμοι. Μπορούμε να κάνουμε σύμφωνο κι όχι γάμο. Μπορούμε να κάνουμε σύμφωνο με πολίτες χωρών της ΕΕ μόνο. Μπορούμε να κάνουμε αναδοχή κι όχι υιοθεσία. Μπορούμε να χαρούμε το φύλο μας μόνο αν πετυχαίνουμε τα αντρικά και γυναικεία στερεότυπα. Είναι σαν να μας “σέβεστε”, απ τη μέση και πάνω. Η μήπως απ τη μέση και κάτω.

Los geht's. Wir sind legal aber nicht gleichberechtigt. Wir können eine eingetragene Lebenspartnerschaft haben aber nicht heiraten. Wir können eine eingetragene Lebenspartnerschaft nur mit Bürgerinnen und Bürgern anderer EU-Staaten eingehen. Wir können Pflegeeltern für Kinder werden, sie aber nicht adoptieren. Wir können unser Gender leben, wenn wir männliche und weibliche Stereotype erfüllen. Das ist, als würde man uns von der Mitte und von oben herab “respektieren”. Oder vielmehr von der Mitte [unseres Körpers] und darunter.