Portugiesischer Rapper sorgt wegen Darstellung häuslicher Gewalt in neuem Clip für Kontroverse

Valete, portugiesischer Rapper mit são-toméischer Abstammung. Foto: Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Valete, ein portugiesischer Rapper são-toméischer Herkunft, der derzeit in Lissabon lebt, war nach der Veröffentlichung eines Clips, der eine Episode häuslicher Gewalt darstellt, Gegenstand zahlreicher Kritiken.

Das Video des am 30. August veröffentlichten Liedes “B.F.F.” zeigt einen bewaffneten Mann, der seine Partnerin und ihren Liebhaber gewaltsam bedroht. Auf Jacks offiziellem YouTube-Kanal verzeichnet das Video über eine Million Aufrufe.

Dutzende von Frauenrechtsverbänden in Portugal unterzeichneten einen offenen Brief an Valete, in dem sie die Verharmlosung der häuslichen Gewalt kritisieren. In dem Brief mit dem Titel “Gewalt gegen Frauen ist weder Kunst noch Kultur” heißt es:

A violência contra as mulheres não é arte nem cultura. A reprodução clara de misoginia e a banalização da violência contra as mulheres não podem ser cronicamente escudadas na criação artística.

Gewalt gegen Frauen ist weder Kunst noch Kultur. Die deutliche Reproduktion von Frauenfeindlichkeit und die Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen dürfen im künstlerischen Schaffen nicht chronisch dargestellt werden.

Nach Angaben der Portugiesischen Vereinigung für Opferhilfe (Associação Portuguesa de Apoio à Vítima, kurz APAV), die Familien von Gewaltopfern in Portugal unterstützt, wurden von den 28 Fällen versuchten Mordes, die 2018 begangen wurden, 11 vom Partner oder Ex-Partner des Opfers begangen.

Angesichts der Kritik veröffentlichte Valete ein Video als Antwort, in welchem er “bürgerliche Feministinnen” kritisiert, die seiner Meinung nach nicht in die Vororte von Lissabon gingen, um das Leben der dort lebenden Frauen kennenzulernen.

Das Video ist eine Antwort auf das, was am Vortag im Blog der portugiesischen Journalistin Fernanda Câncio veröffentlicht wurde, die enthüllte, dass sie von dem Rapper bedroht worden war, nachdem sie ihn zu der Polemik interviewt hatte.

Venho de uma realidade onde as mulheres são escuras demais para terem empregos que não seja a limpeza. São humilhadas uma vida inteira pelo SEF. Venho de uma subcultura onde a violência doméstica está completamente normalizada.

Ich komme aus einer Realität, in der Frauen zu dunkel sind, um andere Berufe als das Putzen auszuüben. Sie werden ein Leben lang vom SEF (Serviço de Estrangeiros e Fronteiras, portugiesisch für Ausländerbehörde) gedemütigt. Ich komme aus einer Subkultur, in der häusliche Gewalt völlig normal ist.

Für die Zeitung Público stufte Valete die Kontroverse als “inhaltslos” ein, die von “einer kleinen Gruppe von Popstar-Feministinnen” geschaffen wurde, und besteht auf seine künstlerische Freiheit als Schöpfer. “Wenn ich dasselbe in einem Buch oder Film präsentieren würde, gäbe es keine Probleme.”

Valete ist der Künstlername des 37-jährigen Keidje Torres Lima. Er begann 1997 seine musikalische Karriere, nachdem er zwei Platten veröffentlicht und an mehreren Alben anderer lusophoner Hip-Hop-Künstler mitgewirkt hatte.

Die Polemik hat Reaktionen von Frauen in sozialen Netzwerken hervorgerufen. Auf ihrer persönlichen Facebook-Seite kritisiert die portugiesische Aktivistin Marta Sousa e Silva das Video, um ihre Unterstützung für die künstlerische Freiheit des Autors zum Ausdruck zu bringen:

Tive dois pensamentos quando vi o vídeoclipe. O primeiro foi “está mesmo bem executado e representado”. O segundo foi “não me apetece ouvir isto duas vezes”.

Fiquei desiludida. Reparem: Entendo o exercício artístico. Entendo que esta música é a representação de uma narrativa, não um apoio à situação descrita.

Mas a verdade é que foi um exercício que por si só trouxe ZERO à discussão da violência de género em Portugal. Isto porque essa narrativa já nós conhecemos bem. Não é nada de novo. É a narrativa dominante. É a narrativa que traduz o que já foi até lei, há menos do que 50 anos atrás. Do valete esperaria a narrativa anti-sistema e não a vigente.

Posto isto, faz sentido censurar a música? Não, porra. Claro que não faz. Faz tanto sentido quanto dizer que quem com ela se ofende é porque é feminista burguês, parvo, da aldeia, ou quer ganhar dinheiro.

É que no final, e ao contrário do que achava, o exercício artístico até abriu possibilidade de discussão. Gerou fricção, conflito, e é na resolução das fricções e conflitos que desconstruimos estruturas falsas e construímos bases mais sólidas. Infelizmente, não é isso que se está a passar.

Ich hatte zwei Gedanken, als ich den Videoclip sah. Der erste war: “Er ist wirklich gut ausgeführt und dargestellt”. Der zweite war: “Ich habe keine Lust, das zweimal zu sehen”.

Ich war enttäuscht. Sehen Sie, ich verstehe die künstlerische Arbeit. Ich verstehe, dass dieses Lied die Darstellung einer Erzählung ist und keine Unterstützung für die beschriebene Situation.

Aber die Wahrheit ist, dass es eine Aktion war, die an sich NULL zur Diskussion über geschlechtsspezifische Gewalt in Portugal beitrug. Das liegt daran, dass wir diese Erzählung bereits gut kennen. Das ist nichts Neues. Es ist die dominierende Erzählung. Es ist die Erzählung, die das übersetzt, was vor weniger als 50 Jahren noch Gesetz war. Ich erhoffte mir von ihm eine Antisystemerzählung und nicht diese jetzige Erzählung.
Macht es dennoch Sinn, die Musik zu zensieren? Nein, verdammt. Natürlich tut es das nicht. Es ist genauso sinnvoll zu sagen, dass wer sich daran stört, ein bürgerlicher Feminist ist, ein Narr aus dem Dorf oder einer, der Geld verdienen will.

Letztendlich ist es so, anders als ich zu Beginn dachte, dass die künstlerische Arbeit am Ende sogar die Möglichkeit einer Diskussion eröffnete. Sie hat Reibungen und Konflikte erzeugt, und gerade bei der Lösung von Reibungen und Konflikten brechen wir falsche Strukturen und bauen fundiertere Grundlagen auf. Leider ist es nicht das, was geschieht.

Weitere Reaktionen kamen aus Mosambik, eine davon von Capito Semente, der sagt, er sehe in dem Video keine Kontroverse:

Assisti o vídeo BFF de Valete várias vezes. Não entendo o porque de tanta agitação das feministas com a suposta incitação a violência contra as Mulheres!

Cenas fortes como as que aparecem no vídeo são muito comum em filmes que retratam a violência doméstica. Curiosamente, as mesmas feministas que criticam o vídeo apoiam-se em cenas idênticas de outros vídeos para conscientizar as pessoas a não optar por actos de violência nos seus lares. O que acharam de tão grave no vídeo da música do Valete?

Ich habe mir das Video BFF von Valete mehrmals angesehen. Ich verstehe nicht, warum es so viel feministische Hetze mit der angeblichen Anstiftung zur Gewalt gegen Frauen gibt!

Gewalttätige Szenen wie die im Video sind in Filmen, die häusliche Gewalt darstellen, üblich. Interessanterweise stützen sich dieselben Feministinnen, die das Video kritisieren, auf identische Szenen aus anderen Videos, um die Menschen darauf aufmerksam zu machen, damit sie nicht zu Gewalttaten in ihren Wohnungen greifen. Was fanden Sie an dem Musikvideo von Valete so schlimm?

Unterdessen sagt der mosambikanische Forscher Boa Monjane, der sich selbst zum Anhänger des Feminismus erklärt, dass er mit Valete sympathisiert, denn obwohl er durch das Video schockiert sei, verstehe er, dass es in dieser Angelegenheit eine rassistische Auslegung gibt:

Eu sou dos que se decepcionou com a música e vídeo BFF de Valete.
Agora, daí a aproveitar-se da situação para exalar ódio, preconceito e ataques (de todos os tipos) faz-me solidarizar-me com ele, enquanto sujeito negro.
Assumo as consequências!!!

Ich gehöre zu denjenigen, die von dem Video BFF von Valete enttäuscht waren.
Jetzt die Situation auszunutzen, um Hass, Vorurteile und Angriffe (aller Art) zu verbreiten, lässt mich als Schwarzer mit ihm sympathisieren.
Ich trage die Konsequenzen!!!

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