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Menschenrechtsorganisation und Blog sind neueste Ziele der Zensur in Ägypten

Kategorien: GV Advocacy

Noch immer sperren die ägyptische Behörden Inhalte im Internet. Dieses mal traf es die Webseite einer Menschenrechtsorganisation und den Blog eines Kolumnisten.

Am Wochenende um den 05.August [1] sperrte die ägyptische Regierung die Webseite des Arabic Network for Human Rights Information (ANHRI), welches Menschenrechtsverletzungen in Ägypten sowie der arabischen Welt dokumentiert und über selbige berichtet.

Am 06. August veröffentlichte das Netzwerk eine Stellungnahme [1] auf Facebook, in der es die ägyptischen Behörden für diesen Schritt scharf kritisierten und versprach, die Arbeit und Bemühungen für Menschenrechte in der Region fortzusetzen.

The Arabic Network for Human Rights Information – in spite of this attack, which is a mockery of the Egyptian law and constitution by the authorities, who are supposed to respect and uphold the law – remains committed to its mission to defending freedom of expression, human rights in the Arab world, exposing the violations in this part of the world, and speaking up for the victims, which is a role that now comes at a very high price more than ever, yet it also became more important than ever before.
[…] ANHRI confirms that it will seek all technical means to overcome the blocking and will not give in to it, and insists that it will continue to do its role.

Das Arabic Network for Human Rights Information bleibt– trotz dieses Angriffs und der Verspottung des ägyptischen Rechts und der Verfassung durch die Behörden, welche das Gesetz eigentlich verteidigen sollten seinem Ziel treu, die Meinungsfreiheit und Menschenrechte in der arabischen Welt zu verteidigen, Vergehen in diesem Teil der Welt aufzudecken und Opfern eine Stimme zu geben. Auch wenn es noch nie so schwierig war, diese Ziele weiter zu verfolgen, so war es auch noch nie so wichtig wie jetzt.

[…] ANHRI bestätigt, dass alle technischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Sperrung zu überwinden und nicht nachzugeben. Wir beharren darauf, unsere Aufgabe weiter zu erfüllen.

ANHRI gilt als die erste zensierte Webseite einer Menschenrechtsorganisation in Ägypten, nachdem die Behörden vor mehr als zwei Monaten 21 Webseiten blockierte [2], wie bspw. die unabhängige Nachrichtenseite Mada Masr, arabisch-sprachige Ausgabe der Huffington Post und das aus Qatar stammende Netzwerk von Al Jazeera wegen angeblicher “Unterstützung von Terrorismus“.

#Ägypten: 1. Menschenrechtsorganisation der Welle der Webseitensperrungen zum Opfer gefallen. @anhri eine der Hauptdatenquellen für Menschenrechte in arabischer Sprache https://t.co/NIZmOpDS5K [5]

Neben ANHRI besteht auch auf den Blog des Kolumnisten und Menschenrechtsforschers Ahmed Gamal Ziada [7] kein Zugriff mehr in Ägypten. Ziada nutzte seinen Blog für die Verbreitung von Kolumnen und Artikeln, die er für in Ägypten nicht zugängige Webseiten und Medien schreibt. Nun wurde der Blog, den er einrichtete, um den Zensurapparat der ägyptischen Regierung zu umgehen, selbst Ziel eines Angriffs. Blogger, der Anbieter bei dem auch Ziadas blog beheimatet ist, hingegen ist weiter zugänglich.

Ziada, ein ehemaliger Fotojournalist, verbrachte nahezu 500 Tage in Gefangenschaft [8], nachdem er im Dezember 2013 von ägyptischen Sicherheitskräften verhaftet wurde, während er über die Studentenproteste berichtete und ein Video aufnahm, wie die Polizei körperliche Gewalt gegen zwei Studenten ausübte. Seine Artikel drehen sich hauptsächlich um Politik und die Menschenrechtslage in Ägypten.

In einem Facebook-Kommentar [9] äußerte sich Ziada zu der Sperrung durch die Regierung und reflektierte, was dies für ihn bedeutet:

موضوع حجب المدونات قديم جدًا لكنه سابقة في عهد عبد الفتاح السيسي وبعيداً عن إن حجب المدونة شئ لا يهم هذا العالم إلا إنه يهمني لسببين:

1 – إنهم قدروا يحسسوني إني بالفعل محاصر؛ اعتقال، محاولة قتل، استدعاءات أمن وطني، حجب مدونة، بالإضافة لحجب كل موقع أنا اشتغلت فيه.
2 – أثبتوا إني مكنتش بكتب على مية، يعني كلامي مؤثر حتى لو لقطاع صغير من القراء.

* عايز أقول إن المدونة بالنسبة لي كنت بأرشف فيها شغلي مش أكثر، وكنت ابتديت أنشر المقالات عن طريقها تفاديًا للحجب، لكن بعد حجبها وخوفهم من الكلام، إيه المانع إني أغير اللينك بتاعها عشان تشتغل أو اعمل مدونة تانية، والجدع يكمل للآخر.

 

Die [Taktik], Blogs zu sperren ist sehr alt, hat jedoch in der Ära von [Präsident] Abdelfattah al-Sisi Priorität; und auch wenn die Sperrung des Blogs möglicherweise nicht bedeutsam für die Welt ist, so ist sie es doch aus zwei Gründen für mich:

1) Es ist ihnen gelungen, mir das Gefühl eines Belagerungszustands zu vermitteln; Eine Verhaftung, ein versuchter Mord, Vorladung beim nationalen Sicherheitsrat, die Sperrung [meines] Blogs sowie jede andere Webseite, für die ich arbeitete.

2) Sie haben bewiesen, dass ich nicht umsonst schrieb. In anderen Worten: meine Worte haben Einfluss, wenn auch nur auf ein kleines Publikum.

Ich möchte erwähnen, dass dieser Blog ein Archiv für mich war. Zuerst nutzte ich es zum Posten von Artikeln, um die Zensur zu umgehen. Jetzt jedoch, nachdem sie ihn gesperrt haben und [zeigten], dass sie Angst vor [seinen] Worten haben, kann ich noch immer den Link ändern oder einen zweiten Blog erstellen. Die Mutigen gehen den Weg bis zu Ende.

Laut der Association for Freedom of Thought and Expression (AFTE) sperrten ägyptische Behörden vom 24. Mai bis 06. August 133 Webseiten. Dies ergaben [10] technische Tests in den Netzwerken verschiedener Internet Service Provider (ISP), u.a. Orange, Vodafone und Etisalat. AFTE dokumentierte außerdem die Sperrung von Anbietern, durch die Umgehung von Internetzensur und privatem Surfen möglich war, sogenannte Virtual Private Networks (VPNs)

AFTE berichtete [10]in ihrer Forschung:

On Monday the 12th of June, we noticed the beginning of blocking websites that provide VPN services. Such practice points to the intent of the Government to continue blocking and filtering the content that Egyptian users could access.

Am Montag, den 12. Juni bemerkten wir, wie die Sperrung von Webseiten, die VPNs anbieten, begann. Eine derartige Praxis deutet auf die Absicht der Regierung hin, weiterhin Inhalte zu blockieren und zu filtern, auf die ägyptische Nutzer Zugriff haben könnten.

Die Situation wird zusätzlich dadurch verschlimmert, dass die Zensurentscheidungen hinter verschlossenen Türen getroffen werden, wodurch die ägyptische Bevölkerung keine Rechtsgrundlage hat, mithilfe der sie vor Gericht gegen diese Handlungen vorgehen kann. Nun stellt sich die Frage: wie weit ist die ägyptische Regierung bereit mit der Zensur zu gehen und wen wird sie als nächstes angreifen?