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Neun Reaktionen der internationalen Gemeinschaft zur medizinischen Behandlung von Nobelpreisträger und Dissident Liu Xiaobo

Kategorien: Ostasien, China, Bürgermedien, Gesundheit, Menschenrechte, Politik

Ein Foto von Liu Xiaobo und Liu Xia, das vermutlich erst kürzlich gemacht wurde.

Diese Geschichte wurde ursprünglich [1] am 8. Juli 2017 auf Hong Kong Free Press veröffentlicht. Die folgende Version wird im Rahmen einer Partnerschaftsvereinbarung via Global Voices veröffentlicht.

Der Fall des inhaftierten chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo hat in der internationalen Gemeinschaft Aufmerksamkeit auf sich gezogen, nachdem sein Anwalt Ende Juni bekannt gegeben hatte, dass er wegen Leberkrebs im Endstadium ins Krankenhaus eingeliefert [2] worden ist.

Im Jahr 2009 wurde Liu zu elf Jahren Gefängnis wegen „Subversion” (Staatsgefährdung) verurteilt, nachdem er sich an dem Entwurf der Charta 08, einem Manifest, das die demokratischen Reformen in China fordert, beteiligt hatte. Er wurde für seine Arbeit im Jahr 2010 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Das Außenministerium in China hat Lius Fall als „eine interne Angelegenheit” bezeichnet und ein Sprecher erzählt, er habe es als „nicht erforderlich erachtet, diese Sache mit irgendeinem anderen Land zu besprechen”. Dennoch erhält China weiterhin Aufrufe [3] von der internationalen Gemeinschaft, den Nobelpreisträger und seine Frau, Dichterin Liu Xia, freizulassen oder ihm eine Behandlung im Ausland zu ermöglichen.

Während einige Länder die strenge Behandlung des Paares in Peking kritisiert haben, sind andere dem Thema vollständig ausgewichen. Hong Kong Free Press hat einige Reaktionen aus dem Ausland zusammengefasst.

Vereinte Nationen

Zeid Ra-ad al-Hussein, der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, traf Ende Juni chinesische Beamte, um den Fall von Liu zu besprechen. Ein Sprecher lehnte es jedoch ab, zu kommentieren, ob die Vereinten Nationen Druck ausüben sollten, um Liu im Ausland eine Behandlung zu ermöglichen.

Norwegen

Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg und Außenminister Børge Brende haben sich geweigert, Fragen über Lius Freilassung zu beantworten.

Die Beziehung zwischen China und Norwegen geriet ins Stocken, nachdem der Friedensnobelpreis 2010 an Liu verliehen wurde, obwohl die norwegische Regierung mitteilte, dass dies letztendlich nichts mit der Entscheidung zu tun habe. Die diplomatischen Beziehungen wurden erst im Dezember letzten Jahres wieder fortgesetzt. Erst im Juni unterzeichnete Norwegen ein Abkommen, um die Lachsausfuhren nach China wieder aufzunehmen, da die Exporte seit 2010 größtenteils blockiert waren.

Nachdem sich die Nachricht verbreitet hatte, dass Liu ernsthaft erkrankt war, brachte das Nobel-Komitee seine Hoffnung [4] auf eine bedingungslose Freilassung zum Ausdruck und lud Liu ein, seinen Preis in Oslo abzuholen.

Aufgrund seiner Inhaftierung war er nicht in der Lage, seinen Preis entgegenzunehmen. Während der Zeremonie wurde Liu durch einen leeren Stuhl vertreten.

Europäische Union

Am 6. Juli verabschiedete das Europäische Parlament einen Beschluss, bei dem China aufgefordert wurde, Liu und seine Frau unverzüglich von dem Hausarrest zu befreien und ihm zu erlauben, sich ärztliche Unterstützung zu suchen, wo er will.

Die Spitzendiplomatin der EU, Federica Mogherini, forderte China ebenfalls zur Freilassung Lius auf, wie sie in einer Erklärung am 30. Juni mitteilte:

At the same time, we expect China to remove all limitations on the movements of Mr Liu’s wife and family members. They must be able to meet and receive visits from whomever they desire, and be able to freely communicate with the outside world.

Wir erwarten gleichzeitig, dass China alle Beschränkungen von Herrn Lius Ehefrau sowie Familienangehörigen aufhebt. Sie sollen alle Besuche treffen und empfangen können, die sie wünschen, und in der Lage sein, frei mit der Außenwelt zu kommunizieren.

USA

US-Botschafter Terry Branstad teilte mit, dass die Amerikaner „ihm wünschen, dass er die Möglichkeit zur Behandlung im Ausland hat, insofern es ihm bei seiner Genesung behilflich sei”.

Eine Sprecherin der US-Botschaft in China, Mary Beth Polley, gab der Nachrichtenagentur AFP am 27. Juni bekannt, dass die Botschaft die chinesischen Behörden auffordere, nicht nur Liu freizulassen, sondern auch seine Frau Liu Xia von ihrem Hausarrest zu befreien.

Die Aufforderung der US-Botschaft zog eine wütende Antwort aus China [5] nach sich, mit der Äußerung des Außenministeriums, dass „kein Land das Recht habe, sich einzumischen und unverantwortliche Bemerkungen über chinesische interne Angelegenheiten zu machen habe”.

Polley teilte mit, dass China dem Ehepaar Folgendes anbieten sollte:

protection and freedom such as freedom of movement and access to medical care of his choosing, to which they are entitled under the Chinese constitution and legal system and international commitments.

Schutz und Freiheit wie z.B. Reisefreiheit und Zugang zur medizinischen Versorgung seiner Wahl, auf die sie laut chinesischer Verfassung und Rechtssystem sowie den internationalen Verpflichtungen Anspruch haben.

Die US-Senatoren Marco Rubio, Jeff Merkley und Ted Cruz haben ebenso einen Beschluss im Kongress eingeführt, um die chinesische Regierung darauf zu drängen, Liu und seine Frau bedingungslos freizulassen.

Ich fordere China dazu auf, den Nobelpreisträger #LiuXiaobo bedingungslos freizulassen, damit [6] er sich in eine ordnungsgemäße medizinische Behandlung begeben kann. http://bit.ly/2tE6kUo [7]

Deutschland

Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert schrieb am 3. Juli, Berlin hoffe, dass Liu „all die medizinische Unterstützung bekommt, die er benötigt” und dass eine „humanitäre Lösung für Liu Xiaobo die höchste Priorität sein sollte”.

Der chinesische Präsident Xi Jinping erschien am 7. und 8. Juli auf dem G20-Gipfel in Hamburg. Zuvor berichteten diplomatische Quellen in Peking der Nachrichtenagentur Reuters, dass China große Bedenken hatte, ob der Wirbel um Liu den Besuch in Hamburg überschatten könnte.

Kanada

Am 28. Juni forderte der kanadische Botschafter John McCallum China dazu auf, Liu eine angemessene medizinische Versorgung zur Verfügung zu stellen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich von seiner Familie umsorgen zu lassen. Lius Anwalt erzählte AFP zuvor, dass Lius Frau, Liu Xia, ihn jeden Tag besuchen könnte, aber die Polizei immer das Zimmer im Krankenhaus überwacht und dass es Liu nicht gestattet ist, mit jemanden außerhalb, einschließlich seiner Anwälte, zu sprechen und Kontakt aufzunehmen. McCallum erzählt weiter:

Canada calls on China to uphold its international human rights obligations, including freedom of expression, and to release those imprisoned for exercising those rights.

Kanada fordert China auf, seine internationalen Menschenrechtsverpflichtungen, einschließlich der Meinungsfreiheit, zu wahren und die für die Ausübung dieser Rechte Eingesperrten freizulassen.

Frankreich

Frankreichs Außenministerium forderte China in einer Erklärung am 29. Juni auf, Liu aus humanitären Gründen freizulassen:

All necessary measures must be taken to ensure that Liu Xiaobo receives all the treatment he needs where he wishes and that his wife and family are able to have access to him.

Alle notwendigen Maßnahmen müssen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass Liu Xiaobo alle Behandlungen erhält, die er, unabhängig wo, benötigt. Des Weiteren sollen seine Frau und seine Familie Kontakt zu ihm haben können.

Obwohl der Nachrichtensender France Info bereits berichtete, dass die französische Regierung Liu im Land willkommen heißen würde, gab das Außenministerium bekannt, dass man keine weiteren Informationen herausgibt, ob Frankreich ihn letztendlich aufnehmen werde.

Taiwan

Der Rat der Festlandangelegenheiten in Taiwan forderte China am 27. Juni auf, Liu freizulassen und eine größere Toleranz gegenüber jenen zu zeigen, die friedliche Mittel einsetzen, um politische Reformen und demokratische Entwicklung fordern. Der taiwanesische Gesetzgeber Yu Mei-nu von der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei forderte China ebenfalls auf, den kranken intellektuellen Liu zu erlauben, sich in Taiwan behandeln zu lassen.

Dalai Lama

Der spirituelle Führer in Tibet, der Dalai Lama, zeigte sich in einer Erklärung am 28. Juni um Liu sehr besorgt und gab an, dass viele ihn gebeten haben, für Lius Wohlbefinden zu beten. Er sagte über Liu:

It is my belief that the initiatives he took, and for which he has been severely punished, would have led to a more harmonious, stable and prosperous China, which in turn would have contributed to a more peaceful world. I was personally moved as well as encouraged when hundreds of Chinese intellectuals and concerned citizens, inspired by Liu Xiaobo, signed Charter 08 calling for democracy, freedom and rule of law in China.

Es ist mein Glaube, dass die Initiativen, die er nahm und für die er streng bestraft worden war, zu einem harmonischeren, stabileren und wohlhabenderen China geführt hätten, was wiederum zu einer friedlicheren Welt beigetragen hätte. Ich fühlte mich persönlich sehr bewegt und auch ermutigt, als ich sah, dass hunderte chinesische Intellektuelle und betroffene Bürger, inspiriert durch Liu Xiaobo, die Charter 08 unterzeichneten, die für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in China steht.