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Neue Vorschläge zum Abtreibungsverbot in Polen – Die Bewegung “Schwarzer Protest” kämpft weiter

Kategorien: Ost- und Zentraleuropa, Polen, Bürgermedien, Frauen & Gender, Internetaktivismus, Menschenrechte, Politik, Protest, Recht
The cover image of the Facebook event "Polandwide Womens’ Strike - Round Two," used with permission. [1]

Das Titelbild der Facebook-Veranstaltung “Polandwide Womens’ Strike – Round Two”, mit Erlaubnis der Urheber verwendet.

Neue gesetzliche Initiativen für strengere Abtreibungsgesetze bestärken weiterhin die Entschlossenheit der Teilnehmer des “Schwarzen Protests” in Polen, die einen weiteren Frauenstreik für den 24. Oktober 2016 planen.

Der erste Streik am 3. Oktober war von solchem Erfolg, dass das umstrittene Gesetz, welches Abtreibungen in fast allen Fällen verboten [2] und auch Frauen mit Fehlgeburten unter kriminellen Verdacht gestellt hätte, zurückgezogen wurde. Ein Bild der Warschauer Altstadt voller Regenschirme wurde zum Symbol der massiven Proteste. [3]

Mit der Unterstützung vieler Arbeitgeber haben Frauen in #Polen heute freigenommen und Schwarz getragen aus Protest gegen das Abtreibungsgesetz.

Allerdings sieht es so aus, als ob der Sturm noch nicht vollkommen überstanden ist. Kurz nachdem die internationalen Medien [8] die polnischen Frauen für ihren Erfolg gefeiert haben, wurde die neugegründete Frauenrechtsbewegung mit einer neuen Entwicklung konfrontiert, die darauf abzielt, das existierende Abtreibungsgesetz drastisch zu verschärfen.

“Mein Körper, meine Entscheidung” – dafür haben polnische Frauen und Männer diese Woche gekämpft.

Im Anschluss an die Proteste, begann die polnische Regierung zu behaupten, das ursprüngliche Gesetz – aus einer Bürgerinitiative heraus entwickelt und anfänglich sowohl durch die Regierungspartei als auch die katholische Kirche unterstützt – sei nicht gut durchdacht gewesen [14] bezüglich seiner Konsequenzen und müsste demzufolge abgelehnt werden. Daraufhin erklärte Jarosław Kaczynski, Leiter der regierenden Partei PIS, jedoch unmittelbar, dass die Partei für die “Erhaltung des Lebens” stehe und bald ein eigenes Gesetz präsentieren werde, welches die Menge an gesetzlichen Abtreibungen in Polen deutlich verringern würde.

In einem aktuellen Interview [15], erwähnte Kaczynski, dass seine Partei an einer Lösung arbeitet bei der auch “schwierige Schwangerschaften” mit einer Geburt enden, so dass das Kind einen Namen erhalten und getauft werden kann, selbst wenn es ernsthafte Missbildungen hätte und kurz danach sterben würde.

Ich hoffe auf einen weiteren “Schwarzen Protest” gegen die barbarische Aussage von Kaczyński, der die Hölle erschaffen will. Ein Protest, der ihn besiegt.

Unterdessen hat ein anderes Gesetzgebungsprojekt [17] der Anti-Abtreibungsorganisation “Głos dla Życia” [18] (“Stimmen für das Leben”) ungefähr 160.000 Unterschriften [19]gesammelt, und wurde zur Diskussion im Parlament zugelassen.

Der Vorschlag sieht keine Gefängnisstrafen für die Frauen vor, würde aber höhere Strafen [20] für die Durchführung einer Abtreibung einführen, mit Ausnahme der Fälle, in denen das Leben der Frau in “direkter Gefahr” ist. Das Gesetz geht sogar noch weiter, in dem es Notfallverhütung und jegliche hormonelle Verhütung, die das Festsetzen eines schon befruchteten Eies verhindern, illegal machen würde. Ebenso wie das abgewehrte Gesetz, definiert dieser Vorschlag also den Moment, in dem die männliche und weibliche Samenzelle verschmelzen, als den Beginn des Lebens. Zusätzlich verlangt der Gesetzesvorschlag Änderungen an Schullehrplänen, sowie Kampagnen von öffentlichen Institutionen, die auf die Förderung einer “Kultur des Lebens” und die Verurteilung von Abtreibungen zielen. Zu guter Letzt sieht das Gesetz Hilfe für Frauen und Familien im Falle von “schwierigen Schwangerschaften” vor.

Die unabhängige Online-Plattform OKO [20], die diese Nachricht ans Tageslicht brachte (der Artikel wurde zum Zeitpunkt dieser Übersetzung 19.000 mal auf Facebook geteilt) spekuliert, dass dieses Gesetz sehr im Sinne der Position der regierenden Partei ist und somit deren Unterstützung erhalten könnte.

Unterdessen wurden die Facebook-Gruppen “Dziewuchy Dziewuchom” [21] (Mädels für Mädels) und “Ogólnopolski strajk kobiet [22]” (Frauenstreik Polenweit) zu Koordinationszentren für die neue Solidaritätsbewegung, gefüllt mit Diskussionen, Plänen und moralischer Unterstützung. Die Bewegung hat ihren Fokus vergrößert [1], sodass nun auch der Kampf gegen Gewalt und Verachtung gegenüber Frauen, der Einfluss der katholischen Kirche auf die Politik sowie der politische Einfluss auf das Schulsystem mit eingeschlossen sind.

Nachdem der Plan der regierenden Partei deutlich wurde und die Petition von “Stimmen für das Leben” im Parlament landete, wurden die Facebook-Gruppen überschwemmt mit Posts von Frauen, die entrüstet über den Vorschlag, bereit sind erneut auf die Straße zu gehen und “Mein Körper, meine Entscheidung!” zu rufen.

Der “Poland-Wide Women's Strike – Round Two” [23] (Frauenstreik Polenweit – die Zweite) ist für den 24. Oktober geplant und (zum Zeitpunkt der Übersetzung) haben mehr als 10.000 Leute auf Facebook bestätigt, dass sie planen, daran teilzunehmen.