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Jemen: WhatsApp anscheinend geblockt, Mobilfunkanbieter spricht von “technischen Schwierigkeiten”

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مرتادي مقهى إنترنت في اليمن. صورة للبنك الدولي على فليكر. [1]

Besucher eines Internetcafes im Jemen. Foto: World Bank auf Flickr

Seit dem 5. Oktober müssen zehntausende Benutzer von WhatsApp im Jemen mit der zum Teil vollständigen Störung des Schnellnachrichtendienstes leben. Ein paar Benutzern viel zuerst auf, dass die App nicht mehr über die zwei größten Mobilfunkanbieter des Landes, Yemen Mobile und MTN, zugänglich war. Auf Twitter gab MTN eine kurze Stellungnahme zu den Fragen der Kunden ab, in der sie angibt, dass die Störung auf “technische” Probleme bei YemenNet, dem größten Internetanbieter des Landes, zurückzuführen sei.

Können unsere Chats auf WhatsApp nicht öffnen, obwohl Facebook funktioniert. Warum?

Wir möchten darauf hinweisen, dass die Störung des WhatsApp Dienstes auf technische Probleme zurückzuführen ist, an deren Lösung der Internetanbieter YemenNet arbeitet.

Am Freitagmorgen hatten Nutzer auch Schwierigkeiten bei der Nutzung der Facebook App auf dem Handy und berichteten, dass sie ihre Benachrichtigungen nicht einsehen konnten, obwohl man die Seite anscheinend über einen Browser normal öffnen konnte.

In Folge des Luftangriffes [6] am Samstag, der mindestens 140 Menschen das Leben kostete, werden die Sperren der wesentlichen Kommunikationskanäle immer problematischer, denn Familien wollen miteinander kommunizieren und sich versichern, dass es allen gut geht.

Im Jemen sind Sperren kein neues Phänomen. Jahre schon zensieren Behörden verschiedenster politischer Ausrichtungen das Internet aus dem einen oder anderen Grund. Internetseiten der Oppositionspartei, Internetseiten mit spezifisch religiösem Inhalt sowie Pornografie waren alle schon der strengen Zensur des größten und einzigen Internetanbieters für DSL Internet und mit Verbindungen zum Ministerium für Telekommunikation, YemenNet, ausgesetzt.

Die Zensur verstärkte sich jedoch seit dem Konflikt [7] der Huthi-Rebellen mit den dem Präsidenten Abdrabbuh Mansour Hadi gegenüber loyal eingetsellten Truppen – die zudem noch von der saudischen Koalition unterstützt werden. Im März und April 2015 sperrten [8] die Huthi-Rebellen, welche die Hauptstadt Sanaa und einige Regierungsgebäude, darunter auch das Ministerium für Telekommunikation, kontrollieren, den Zugang zu dutzenden lokalen und regionalen Nachrichtenseiten wegen ihrer Berichterstattung über den Konflikt.

Es scheint jedoch so, als ob sich die Aufmerksamkeit der Behörden nun auf die fortschrittlicheren Kommunikationskanäle, wie WhatsApp und Telegram, verlagert. Diese Apps bieten ihren Nutzern alternative Möglichkeiten, Information zu verbreiten und zu teilen. Tatsächlich stieg die Anzahl an Telegram-Nutzern aus dem Jemen, da sie Nachrichten über die Kanäle der App schicken können, ohne eine Telefonnummer angeben zu müssen. Verschiedene gesperrte Seiten haben nun auf diese oder ähnliche Apps umgestellt, damit sie ihre Nutzer erreichen können.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt gab es noch keine offizielle Stellungnahme hinsichtlich WhatsApp. Lokale Experten jedoch befürchten, dass es sich dabei um eine beabsichtigte Stilllegung des Nachrichtendienstes handeln könnte. Sämtlicher Internetbetrieb im Jemen wird über YemenNet geführt und dieses Monopol macht es möglich, mehr als drei Millionen Nutzer im Land zu zensieren und zu überwachen, da sie das Internet (und nicht die traditionellen Telekommunikationsdienste) zur Kommunikation verwenden.

Solange es keine Neuigkeiten zu den wirklichen Hintergründen der Störung des Nachrichtendienstes gibt, halten sich Spekulationen über die Intensivierung der Zensur des Internets im Jemen. Es scheint so, als würde die derzeitige Strategie, die Zensur der jemenitischen Nutzer zu verstärken, sich in näherer Zukunft nicht ändern. Die Frage jedoch bleibt, ob diese Strategie ausreicht, um Nutzer daran zu hindern, auf Informationen zuzugreifen – vor allem da es Werkzeuge zur Umgehung von Internetzensur gibt, zum Beispiel Psiphon.

Der jemenitische Journalist und Aktivist Walid Al-Saqaf [9] war an der redaktionellen Gestaltung dieses Artikels beteiligt.