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Prank-Video über “Separatistische Coca-Cola” wird vom russischen Fernsehen als echte Nachricht ausgestrahlt

Kategorien: Ost- und Zentraleuropa, Russland, Bürgermedien, Humor, Kriege & Konflikte, Medien & Journalismus, RuNet Echo
Mikhail Paschkow. Bild: YouTube [1]

Mikhail Paschkow. Bild: YouTube

Ein angeblich in der Ukraine gefilmtes Youtube-Video hat im russischen Internet für Aufruhr gesorgt. In dem Video sieht man einen Mann vor der Tür eines kleinen Lebensmittelgeschäftes stehen, mit einer Coca-Cola Flasche in der Hand, die er vermutlich gerade gekauft hat. Er bemerkt, dass auf dem Etikett eine Karte der Ukraine abgebildet ist, allerdings ohne die Halbinsel Krim. Darüber stehen die Worte “Für echte Patrioten!” Der Mann geht auf die Verkäuferin zu, schüttelt die Flasche und verlangt eine Erklärung. Zuerst versucht die Frau ihn zur Vernunft zu bringen, schließlich verliert sie aber die Geduld und schmeißt ihn aus dem Geschäft raus.

Das Video [2] wurde im russischen Fernsehen als Beweis für die angespannte ethnische Lage in der Ukraine ausgestrahlt. Was auch Sinn ergeben würde, wäre das Video echt. Das ist es aber nicht, denn es ist ein Prank-Video, ein Streich des russischen Komikers Mikhail Paschkow.

“Separatistische Coca-Cola” ist eine von vielen Folgen aus Paschkows Youtube-Serie namens “Provokation Show” (Provokationssendung).

Bislang hat das Video bereits rund 820.000 Aufrufe auf Youtube, sowie tausende Kommentare von Internetnutzern, die sich daran erfreuen, dass eine Ukrainerin einem frustrierten, den Verlust von Krim betrauernden “Patrioten” eine Abfuhr erteilt, und scheinen sich somit bezüglich der Annexion Krims auf die Seite Moskaus zu schlagen.

Die erste Reaktion war so negativ, dass Paschkow nach etwa zwei Wochen ein weiteres Video [3] veröffentlichte, in dem er die Hasskommentare der Zuschauer verurteilte und erklärte, dass das Video der “separatistischen Cola” nichts weiter als ein Witz war.

Es ist allerdings unklar, ob Paschkow in seiner Reaktion vollkommen aufrichtig ist, da sein Prank-Video zum 1. April auf genau solch eine negative Reaktion abzuzielen schien. Außerdem hat Paschkow, laut seiner Seite auf vk.com, vor kurzem Graham Phillips interviewt [4] – einem britischen Videoblogger, der seinerseits für seine Kritik an der ukrainischen Regierung, sowie für seine Unterstützung pro-russischer Separatisten bekannt ist.

Um zu beweisen, dass die Filmaufnahmen unecht waren, zeigte Paschkow wie die falsche Cola-Etiketten gemacht wurden und veröffentlichte eine alternative Version der Szene im Lebensmittelgeschäft. Das zweite Video wurde allerdings von deutlich weniger Menschen gesehen und konnte bis zu diesem Zeitpunkt nur knapp 5.000 Aufrufe verzeichnen.

Einige Monaten später zeigte eine Talkshow-Sendung auf dem “Pervyj Kanal” (russisches Netzwerk-Fernsehen) das Video in einem Abschnitt über die politische Lage in der Ukraine und präsentierte es so, als sei es ernst gemeint. Nachdem das Video gezeigt wurde, sagte der Moderator der Sendung, Artjom Schejin, es sei “sehr schön”, lobte die Frau (die in Wirklichkeit eine Schauspielerin ist) und behauptete sie repräsentiere “die wahre Ukraine”.

Belustigt von dieser offensichtlichen Verwechslung lud Paschkow den Teil der Pervyj Kanal-Sendung auf seinem Youtube-Kanal hoch. Binnen kurzer Zeit erhielt er jedoch aufgrund einer Beschwerde des Pervyj Kanals eine Urheberrechtsverwarnung von Google. Dies hatte scheinbar zur Folge, dass er nicht mehr an Werbeeinnahmen beteiligt wird und nur Videos bis zu einer bestimmten Länge hochladen kann. Bereits mehrere, hochaktive Nutzer waren von solchen Verwarnungen betroffen, was Diskussionen [5] über die allzu strengen Urheberrechtsrichtlinien von Youtube auslöste.

Paschkow sagt, er habe versucht gegen die Entscheidung vorzugehen, indem er argumentierte, dass er lediglich den ihm gehörenden Inhalt veröffentlicht habe, den Pervyj Kanal ohne seine Erlaubnis benutzt hatte. Google soll seine Beschwerde jedoch abgelehnt [6] haben und weitere Stellungnahmen zu ihrer Entscheidung verweigern.

Paschkow hat seitdem weitere Inhalte auf dem sozialen Netzwerks Vkontakte  [7]hochgeladen, wo sein Kanal [8] ungefähr die Hälfte seiner Youtube-Abonnenten hat. Er ist außerdem in dem russischen Online-Forum “Pikabu” aktiv, wo er gerne Tipps und Tricks [9] zum Navigieren des russischen Rechtssystem teilt.

Die TV-Sendung vom 21. September ist weiterhin auf der Webseite des Pervyj Kanals vorhanden [10] und kann von jedem eingesehen werden. Es gibt dort keinerlei Hinweise, dass es sich dabei eigentlich um einen Aprilscherz handelt.