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Die Radionovela, die ein Genre gerettet und die lesbische Community in Ecuador sichtbar gemacht hat

Kategorien: Lateinamerika, Ecuador, Bürgermedien, Frauen & Gender, Geschichte, Jugend, Menschenrechte, Rechte der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen (LGBT)
Marcha_del_orgullo_LGBTI_en_Ecuador_(2013) [1]

Die Radionovela Mariana sí es lesbiana (etwa: “Und Mariana ist doch lesbisch”) ist ein Versuch, der Community lesbischer Frauen in Ecuador zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen. Sie soll aber auch zeigen, “wie der Alltag einer lesbischen Frau in einer Zeit aussah, in der Homosexualität strafbar war”. Dieses Bild zeigt zwei Frauen, die an der Pride Parade in Guayaquil im Jahr 2013 teilnahmen. Auf dem Plakat, das sie in der Hand halten, stehen die Worte Mismos deberes, mismos derechos (dt.: “Gleiche Pflichten, gleiche Rechte”). Bild von Wikimedia Commons; für den Allgemeingebrauch freigegeben.

Fast 20 Jahre nach der Entkriminalisierung von Homosexualität in Ecuador wird im Radio und in sozialen Netzwerken die Radionovela Mariana sí es lesbiana (etwa: “Und Mariana ist doch lesbisch”) veröffentlicht. Sie handelt von Mariana, einer jungen Frau aus der Hauptstadt Quito, die sich mit ihrer sexuellen Orientierung auseinandersetzen muss. Die Handlung findet vor dem Hintergrund der totalen Unterdrückung homosexueller Individuen im Ecuador der neunziger Jahre statt – einer Zeit, in der LGBT-Gemeinschaften von der Gesetzgebung des Landes als kriminell eingestuft wurden. Das Projekt wurde von der Stiftung CAUSANA [2] realisiert, “einem lesbisch-feministischen Kollektiv, welches sich für die Rechte von Menschen mit abweichenden Identitäten einsetzt und sie einfordert”.

Laut den Worten Diana Maldonados, die die Stiftung in einem Interview [3] mit der ecuadorianischen Zeitung El Telégrafo [3] repräsentierte, habe die Radionovela ein Genre gerettet, welches sich einst einer großen Beliebtheit in der Region erfreute. Darüber hinaus stelle sie einen Versuch dar, die Geschichten vieler Frauen zu erzählen, die von der Gesetzgebung in ihrem Privatleben eingeschränkt waren. Maldonado bemerkte, dass selbst nach der Entkriminalisierung wenig von diesen Frauen erzählt wurde:

Es una iniciativa buena, porque de una manera dinámica han abordado un tema del cómo fue el diario vivir de una mujer lesbiana en una época en la que la homosexualidad era considerada un delito. Es importante traer esto al día de hoy, en el que muchos jóvenes y chicas no conocen de esta realidad, que se puedan enterar de lo que era vivir en esa época y crear conciencia de lo que tiene que ver con nuestros derechos.

Dies ist eine gute Initiative, weil sie auf dynamische Art und Weise anspricht, wie das alltägliche Leben einer lesbischen Frau in einer Zeit aussah, in der Homosexualität unter Strafe stand. Vor allem jetzt, da viele junge Menschen und Frauen sich dieser Realität nicht mehr wirklich bewusst sind, ist es wichtig, dass wir davon erzählen. So bekommen sie einen Einblick in das Leben der damaligen Zeit und können ein Verständnis dafür entwickeln, in was für einem Zusammenhang es mit unseren eigenen Rechten steht.

Die Serie umfasst 11 Folgen und ist auf dem Youtube-Kanal [4] der Stiftung verfügbar.

Gesetze, Gesellschaft und Homosexualität

Das Projekt wird umso bedeutender, wenn man es in den Kontext der ecuadorianischen Gesellschaft in den Jahren nach diesen gesetzlichen Veränderungen setzt. Der Autor des Blogbeitrags zum ‘rechtlichen Rahmen der sexuellen Vielfalt in Ecuador’ betont die Wichtigkeit, die Entkriminalisierung von allen Seiten zu betrachten und die Hintergründe einer Veränderung zu analysieren, die den Blick vieler Menschen auf das Leben in ihrem Land tiefgreifend verändert hat.

Der Blogger vertritt die Ansicht, dass die Entkriminalisierung lediglich “ein formaler, kein grundlegender Sieg war”, insbesondere, wenn man die Gründe für die Legalisierung “gleichgeschlechtlicher Handlungen” berücksichtigt:

El Tribunal Constitucional no motivó su resolución de anular el delito de homosexualismo consentido bajo criterios de libertad de conciencia, de autonomía y soberanía corporal, tampoco de respeto a la diferencia, a la intimidad, al proyecto de vida y a la identidad y menos aún por la consideración de que la diversidad fuera valiosa y tuviera relevancia en el ámbito de los derechos culturales. El 516, inciso 2do, se despenalizó bajo tres consideraciones: Primera, que el homosexualismo era una enfermedad, segunda, que la condición de enfermedad eximía la responsabilidad delictiva; y tercera, que despenalizar esta enfermedad evitaría que se propagara en las cárceles.

Die Entscheidung des Verfassungsgerichts, einvernehmliche gleichgeschlechtliche Handlungen nicht länger unter Strafe zu stellen, basiert weder auf den Kriterien der Gewissensfreiheit und der körperlichen Selbstbestimmung, noch auf der Anerkennung von Verschiedenheit, Intimität, Identität und individuellen Lebensentwürfen, und schon gar nicht auf dem Gedanken, dass Vielfalt ein kostbares Gut sei und für den Bereich der kulturellen Rechte irgendeine Relevanz hätte. Die Abschaffung des Artikels 516 Ziffer ii) erfolgte aus drei Gründen – erstens, dass Homosexualität eine Krankheit war; zweitens, dass ihre Einstufung als solche den Ausschluss jeglicher Haftung zur Folge hatte; und drittens, dass man durch die Legalisierung dieser Krankheit verhindern würde, dass sie sich in den Gefängnissen ausbreitet.

Auch wenn gleichgeschlechtlichen Paaren in Ecuador weiterhin das Recht auf Ehe verweigert bleibt, ist es ihnen seit 2008 möglich, eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen [5]. Dennoch stellt die volle Anerkennung ihrer Rechte im Alltag aufgrund der gegebenen sozialen Strukturen immer noch ein Problem dar.

In Anbetracht dieser Umstände können Projekte, die sich für eine Humanisierung derjenigen einsetzen, die sich außerhalb der Geschlechterkonventionen wiederfinden, dabei helfen, den Kampf für die Menschenrechte der LGBT-Gemeinschaft voranzutreiben. Die Geschichten von Mariana und den anderen Frauen, die in jeder Folge erzählt werden, können somit vielen einen Einblick in die Erfahrungen der Menschen gewähren, die es gewohnt sind, aufgrund der Umstände in ihrer Gesellschaft verfolgt zu werden.