Fünf Belange, die Mädchen-Aktivistinnen in Kirgisistan wichtig sind

Images showing solidarity with women that have suffered from violence. Photo by Devochki-Aktivisti of Kyrgyzstan.

Bilder, die Solidarität zeigen mit Frauen, die Opfer von Gewalt wurden. Foto von den Devochki-Aktivisti aus Kirgisistan.

Kirgisistans Devochki-Activistki (Mädchen-Aktivistinnen) sind Mädchen im Alter von 13 bis 17 Jahren, die in einem für die Rechte von Mädchen schwierigen Umfeld für Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Vielfalt kämpfen.

Eines der Schlüsselinhalte ihres Projekts ist ein Blog, auf dem die Gruppe Briefe veröffentlicht, die von Mädchen aus verschiedenen Regionen Kirgisistans stammen. In diesen Regionen herrscht oft ein Patriarchat.

Zusätzlich zu ihrem Blog, bekunden Devochki-Activistki ihre Entschlossenheit, durch Kunst, Poesie und Musik ein gleichgestellter Teil der kirgisischen Gesellschaft zu sein. Sie ermutigen Jugendliche, sich für die HeforShe Bewegung zu engagieren. Die Bewegung setzt sich für Gleichberechtigung der Geschlechter ein, sowie für Chancengleichheit von Mädchen und Jungen in Bereichen wie Bildung, Sport und Gesundheit.

Global Voices traf sich diese Woche mit Aishoola Aisaeva (17) und erfur von den Belangen, die die Devochki-Aktivistki dazu motivieren, ihre Arbeit in ihrem Land zu leisten.

“Die Menschen denken, dass es beim Feminismus um Männerhass geht”, sagt Aisaeva. “Dabei geht es um die Ablehnung von Gewalt.”

Belang #1: Bildung

Aishoola Aisaeva: Bildung ist eine wichtige Angelegenheit in Kirgisistan, besonders für Mädchen. Nachdem wir 2013 Jugendcamps veranstaltet haben, fingen wir an, diese Fragen auf Foren aufzuwerfen. Und wir kamen zu der Erkenntniss, dass Eltern, wenn es um Bildung geht, ihre Söhne ihren Töchtern gegenüber bevorzugt behandeln.

Schulen verwenden veraltete, patriarchistische Schulbücher, die meistens von Männern authorisiert wurden und die ausschließlich über die Rolle von Männern in der Geschichte und Gesellschaft Kirgisistans sprechen. Frauen und ihre Körper werden vollständig ignoriert.

Im Folgenden ist ein Auszug aus einem Brief aufgeführt, an uns geschrieben von einem Mädchen aus der Chui Provinz, in der die Hauptstadt Bischkek liegt:

I never leave my house after school. And I see nothing new, every day is the same: a mountain of unwashed dishes, cleaning, washing, looking after children. I become exhausted, and then I do not have energy to do my schoolwork – J., 16 years old.

Ich verlasse nach der Schule nie das Haus. Ich sehe nie etwas neues, jeder Tag ist gleich: ein Berg dreckiges Geschirr, Putzen, Waschen, nach den Kindern sehen. Ich bin erschöpft, und dann habe ich keine Energie mehr, meine Hausaufgaben zu machen – J., 16 Jahre.

Leider hat nicht jedes Mädchen in Kirgisistan Zugang zu der Bildung, die sie brauchen. Manche von ihnen gehen zur Schule, andere widerum nicht.

Wir nutzen Kunst und Graffiti und veranstalten Filmvorstellungen, um Erfahrungen mit anderen Teenagern auszutauschen. Auf unserem Blog veröffentlichen wir Informationen über berühmte Wissenschaftlerinnen, Entdeckerinnen und Politikerinnen.

Wir wollen andere Mädchen inspirieren, indem wir ihnen zeigen, dass Frauen Wissenschaft studieren und sich in der Politik engagieren können. Frauen können in der Zukunft unseres Landes eine Rolle spielen. Wir müssen nur mehr Mädchen zu Bildung motivieren und sie anspornen, sich einzumischen.

Belang #2: Vielfalt

A. A.: Wir sind alle verschieden. Wir kommen von verschiedenen Schulen, aus verschiedenen Dörfern und Altersgruppen.

Als wir damit begannen, unsere eigenen Geschichten zu sammeln, verstanden wir wie unterschiedlich wir sind und wie verschieden unsere Geschichten und Leben sind. Aber wir alle brauchen einen Ort, an dem wir uns verstanden fühlen und an dem wir unterstützt werden:

I studied in the village (I cannot say where exactly I lived). My aunt is very good and kind, and her daughter is the same. But the most terrible thing is that I constantly experienced sexual harassment, physical and psychological violence, from her sons and my uncle. They said it was because I was a girl that they did that to me.I cried every day, because I couldn’t do anything about it, nobody would believe me. That was my childhood. In those days, I wanted to commit suicide – А., 16 years old.

Ich bin in einem Dorf zur Schule gegangen (wo genau kann ich nicht sagen). Meine Tante ist ein gutherziger und gütiger Mensch und ihre Tochter ebenso. Aber das Schlimmste war, dass ich kontinuierlich Opfer sexueller Belästigung und physischer sowie psychischer Gewalt durch ihre Söhne und meinen Onkel wurde. Sie sagten, sie täten das, weil ich ein Mädchen bin. Ich habe jeden Tag geweint, weil ich nichts dagegen tun konnte und mir hat niemand geglaubt. Das war meine Kindheit. Zu der Zeit wollte ich mich umbringen – A., 16 Jahre.

Belang #3: Gesundheit

A. A.: Wir fördern auch die Fortpflanzungsgesundheit, weil es wahnsinnig wichtig für uns ist, unsere Rechte diesbezüglich zu kennen. Diese Angelegenheit ist immer Thema in unseren Camps, bei unseren Konferenzen und unseren Treffen. Wir wollen Mädchen mehr Wissen über dieses Thema vermitteln und ihn zeigen, dass nur sie selbst Entscheidungen treffen sollten, die ihren Körper betreffen.

I am already enough of an adult to decide what to do with my body. That is to say – it is my property. But the why does everyone decide for me, how to dress and what to do and what not to do with my body?! I want to shape my eyebrows and cut my hair. But my elder brothers don't let me have that opportunity – J., 15 years old.

Ich bin bereits erwachsen genug, um zu entscheiden, was mit meinem Körper passiert. Das heißt: er ist mein Eigentum. Gerade deshalb frage ich mich, warum jeder andere glaubt, für mich entscheiden zu können, wie ich mich anziehe und was ich mit meinem Körper tun und lassen soll?! Ich will meine Augenbrauen zupfen und meine Haare schneiden. Aber meine älteren Brüder erlauben es mir nicht – J., 15 Jahre.

Belang #4: Integrierung/Miteinbeziehung

A. A.: Einmal waren wir auf einem Forum zum Thema Gewalt gegenüber Frauen, saßen aber ganz hinten im Raum, obwohl das Thema auch mit Problemen von Mädchen in Verbindung steht. Alle anderen Teilnehmer waren Erwachsene, die Fragen diskutierten, die jugendliche Mädchen betrafen. Als wir die Chance hatten zu sprechen, baten wir sie, sich umzusehen und uns die Frage zu beantworten, warum wir nicht diejenigen sind, die unsere Probleme besprechen. Sie haben uns mit auf die Liste gesetzt, aber haben unsere Worte und was wir zu sagen hatten nicht ernst genommen.

Es ist ein Problem. Wir denken, wir können unsere Stimme in der Gesellschaft nicht erheben. Aber das liegt eigentlich daran, dass uns von vornherein niemand zu diesen Dingen fragt.

Belang #5: Gleichberechtigung

A. A.: Eines der Hauptziele der Mädchen-Aktivistinnen aus Kirgisistan ist Gleichberechtigung. Die Gleichberechtigung der Geschlechter betrifft jeden und wir wollen, dass Mädchen und Jungen gleichermaßen zu ihr beitragen und sie gemeinsam fördern.

Wir erhalten Geschichten von Mädchen, die unter fehlender Gleichberechtigung und Diskriminierung leiden. Mädchen erzählen uns, dass sie die Dinge die sie tun wollen, nicht tun können, weil sie keine Jungen sind und sie von klein auf mit diesen von der Gesellschaft geschaffenen Vorurteilen konfrontiert wurden. Der folgende Auszug stammt aus einem Brief eines Mädchens, dass den Manas Epos, ein traditioneller kirgisischer Epos über die Geschichte des Lebens eines mythischen Kriegerkönigs, singen wollte:

I have been a girl Manaschi (storyteller of the Epic of Manas) since I was 3 years old. When I was a child, everyone thought it was great – they considered all children equal. But I grew up, and found that being an older girl is much harder. Beginning when I was 9 years old, everybody started telling me the stereotypes I should follow. And so my favorite pursuit – storytelling – stopped for a while. I had already resigned myself to the fact that I was a girl – К., 13 years old.

Ich bin eine weibliche Manaschi (Erzähler des Mana Epos) seit ich 3 Jahre alt war. Als ich ein Kind war dachte jeder, es sei toll – alle Kinder waren gleichberechtigt. Aber ich wurde älter und fand heraus, dass es viel härter ist, ein älteres Mädchen zu sein. Seit ich 9 war fing jeder an, mir von den Vorurteilen zu erzählen, denen ich folgen sollte. Also hörte ich für eine Weile auf, meiner Lieblingsbeschäftigung – dem Erzählen – nachzugehen. Ich hatte mich bereits damit abgefunden, dass ich ein Mädchen bin – K., 13 Jahre.

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