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Für eine Unterhaltung mit einem x-beliebigen Schweden, wähle diese Nummer

Kategorien: Westeuropa, Schweden, Bürgermedien, Internationale Beziehungen, Reisen
Random Swedes will be answering "The Swedish Number" until June 24. Credit: Swedish Tourist Association

Bis zum 24. Juni beantwortet ein willkürlicher Schwede “Die schwedische Nummer”. Quelle: Swedish Tourist Association

Das Original dieses Artikels wurde von Jason Margolis [1] verfasst und erschien am 31. Mai 2016 auf PRI.org. [2]Er wird auf Global Voices als Teil einer Content-Sharing-Vereinbarung erneut veröffentlicht.

Vergangenen Monat richtete Schweden eine neue Telefonnummer namens “Die Schwedische Nummer” (im Original, “The Swedish Number”) ein. Wählt man diese Nummer, geht ein willkürlich ausgewählter Schwede ans Telefon und unterhält sich mit dem Anrufer über das Land.

Was als Werbegag der Swedish Tourist Association begann, entwickelte sich rasant schnell weiter und führte dazu, dass die Nummer bis dato mehr als 160.000 Anrufe verzeichnen konnte.

Ich bin verantwortlich für ein paar dieser Telefonate.

“X-beliebiger Schwede am Apparat”, sagte Christer Blom, als er den Anruf entgegen nahm. Blom ist ein 53-jähriger Softwareentwickler, der in einer ländlichen Region Schwedens, rund 160 Kilometer westlich von Stockholm, lebt. Vor zwei Wochen bot er sich als freiwilliger Helfer an, um Anrufe von Menschen aus der ganzen Welt anzunehmen.

“Ich dachte, es wäre einfach eine nette Sache zum Aushelfen”, sagte er.

Rund ein Drittel der Telefonate an die schwedische Nummer kommen aus den USA. Der Rest stammt aus allen möglichen Ländern der Welt. Laut Blom wollen manche Leute Reisetipps, viele wollen über Politik reden, und wiederum andere wollen sich einfach nur unterhalten, egal um was es geht.

“Die erste Frage des Anrufers vor dir lautete: Was ist deine Lieblingsnachspeise?” so Blom. “Ich musste eine Weile darüber nachdenken, aber um diese Jahresezeit sind es Erdbeeren mit Sahne. Natürlich ist das ein saisonbedingter Nachtisch. Es ist lecker.”

Nun fragst du dich vielleicht, warum sollte man eine Reise nach Schweden antreten, nur weil man Bloms liebstes Sommerdessert kennt? Jenny Engström, Mitarbeiterin der Swedish Tourist Association, verrät, dass es ihnen in erster Linie wichtig war, einen authentischen Dialog zu erschaffen.

“Meiner Meinung nach ist das Tolle an der ganzen Sache, dass es sich dabei um ein Telefonat zwischen zwei Menschen handelt”, so Engström. “In der digitalen Welt, in der wir heute leben, hat man kaum mehr die Gelegenheit, die Stimmen von Personen zu hören.”

Die Swedish Tourist Association, eine gemeinnützige, von der schwedischen Regierung unabhängige Organisation, möchte, dass die Stimmen, die für ihr Land sprechen, ungefiltert bleiben. “Wir lassen die Menschen, die in Schweden leben das Land anpreisen, anstelle von Marketingfirmen, die einem sagen wo man hingehen und was man tun soll”, sagte Engström.

Engström sagte, sie hätten mit rund 2.500 Schweden als Freiwillige für die Anrufe gerechnet. Am Ende hätten sie 30.000 Helfer gehabt, einschließlich dem schwedischen Permierminister.

Mit dieser Aktion legen sie die Vermarktung ihres Landes in die Hände durchschnittlicher, normaler Bürger, was einer ganzen Menge Vertrauen bedarf. Bei den Anrufen, die ich getätigt habe, waren alle unglaublich freundlich.

Medizinstudentin Lisa Haern legte eine Lernpause ein und begrüßte mich mit einem enthusiastischen “Hi!” aus Stockholm. Sie sagte, sie hatte eine App heruntergeladen um sich mit Leuten wie mir zu unterhalten. Ich fragte sie, ob die Swedish Tourist Association ihr irgendwelche Anweisungen zum Bewerben oder Stichpunkte zum Besprechen gegeben hatte.

“Nein. Ich habe keine Informationen bekommen”, sagte Haern. “Es heißt nur, okay, gib deine Nummer ein und das war's. Du bist jetzt eingeloggt und kannst für Schweden die Schwedische Nummer beantworten.”

Die Schwedische Nummer wurde auch eingeschaltet um das 250-jährige Jubiläum der Abschaffung der Zensur in Schweden – als erstes Land überhaupt – zu ehren. Ich hatte keine Zweifel, dass die Schweden, mit denen ich mich unterhielt, ohne jegliche Einschränkungen sagen und tun konnten, was auch immer sie wollten. Vor allem als College-Student Alexander Larsson mich für einen Moment in die Warteschleife setzte.

Er kam schnell wieder zurück und wir führten eine angenehme Unterhaltung. Erst gab er mir ein paar Reisetipps, dann redeten wir über Politik und Rassismus in seinem Land. Er erzählte, dass die meisten seiner Unterhaltungen absolut gar nichts mit Schweden zu tun hätten.

“Manche Leute rufen einfach nur an, weil sie einsam sind, nehm ich mal an”, sagte Larsson. “Sie möchten sich also einfach nur mit jemandem unterhalten, weil sie sonst niemanden zum Reden haben, schätze ich.”

Haben meine Telefonate dafür gesorgt, dass ich Schweden wieder besuchen möchte?

Ein wenig.

Haben sie dafür gesorgt, dass ich einen besseren Eindruck von dem Land und den Leuten bekommen habe?

Auf jeden Fall.

Die Schwedische Nummer lautete (011) 46–771–793–336. Sie wurde allerdings am 24. Juni abgeschaltet.