Wie viele andere wachte auch ich diesen Montag auf und hörte in den Nachrichten von dem Amoklauf in Orlando. Ich hörte die Worte “Klub”, “Amoklauf” und den Namen des Amokläufers.
Ich bin nicht sicher, ob ich jemals in der Lage sein werde, den Schmerz, den Frust und die Wut zu beschreiben, die jedes Mal, wenn ein Individuum mit muslimischem Namen ein Attentat ausübt, von mir Besitz ergreifen. Es fühlt sich an, als würde dir jemand immer wieder in den Magen schlagen und dich nicht nach Atem schnappen lassen. Ich bin Teil einer Community und will als solches trauern – und doch habe ich sogar in meiner Trauer Angst. Ich habe Angst davor, wie sich das auf die Menschen auswirken wird, die absolut nichts mit diesem Attentat zu tun haben – auf Menschen, denen die Denkweise des Attentäters so derartig fremd ist, dass sie selbst zu Opfern dieser Art von Gewalt werden könnten. Ich habe schon alles gesehen und erlebt, wie so viele meiner Freunde und Familienmitglieder. Von “Hoch-Risiko” bis “Kollateralschaden” haben wir schon alles gehört und erlebt. Uns wurde gesagt, dass wir zu Idealisten würden, indem wir uns beschwerten, oder dass wir nicht “die Opferrolle spielen sollten”. Also nutzen wir das als Grundlage für kranke Scherze. Es hilft nie.
Während nach und nach die Hintergründe zum Attentat bekannt gegeben wurden, sammelten sich die Kommentare. Wie konnte ich mein Beileid ausdrücken? Welche Worte wären angemessen für eine pakistanische Muslima wie mich? Der erste Gedanke, den ich hatte, war: Wie zur Hölle ist dieser Wahnsinnige an Schusswaffen rangekommen? Aber würde ich so etwas posten, würde man mir sagen, ich suche doch bloß nach Ausflüchten für religiösen Extremismus. Würde ich religiösen Extremismus verurteilen, würde man mir sagen, ich solle für die Sünden anderer um Vergebung bitten. Würde ich für die Sünden anderer um Vergebung bitten, würde man mir sagen, ich spielte der Islamophobie in die Hände. Selbst wenn ich nichts sagen würde, würde ich selbstgefällig rüberkommen.
Zum Schweigen verdammt, frustriert und von Trauer erfasst, beschloss ich, rauszugehen und mich den Tausenden Menschen auf den Straßen San Franciscos anzuschließen. Die Atmosphäre in Castro, dem Herzstück der LGBT-Bewegung, war lebhaft und farbenprächtig, wenn auch gleichzeitig bedrückt.
Ich schloss mich den Tausenden an, als sie einer nach dem anderen ihrer Angst, ihrem Schmerz Ausdruck verliehen. Sie sprachen davon, dass sie wussten, wie es sich anfühlte, gehasst und an den Rand gedrängt zu werden. Das Allerwichtigste war jedoch, dass sich alle – sogar in ihrer Trauer – geschlossen weigerten, eine andere Community an den Pranger zu stellen. “Nicht in unserem Namen”, sagten sie. Jeder Einzelne der Sprecher betonte nachdrücklich, dieses Ereignis nicht als Anlass dafür nehmen zu wollen, den Muslimen in Amerika und auf der ganzen Welt mit noch mehr Hass zu begegnen.
Ich sah, wie ein älterer Mann auf die Knie fiel und sein Gesicht in seinen Händen verbarg, während sein Partner neben ihm “We Shall Overcome” sang, um ihn zu trösten. Ich sah, wie sich die Menschen an den Händen hielten, Kerzen anzündeten und Fremde in den Arm nahmen. Wir waren Tausende, und jeder einzelne von uns hatte eine Geschichte, eine Reaktion, und jeder einzelne durfte sie den anderen mitteilen. Es war in Ordnung, so zu sein, wie ich bin. Ich fühlte mich wohl in meiner Haut und musste mich nicht erst unter Beweis stellen, bevor ich trauern durfte wie jeder andere. Ich erlebte, wie die Menschen das Versprechen abgaben, diesem mörderischen Hass umso mehr Liebe, mehr Akzeptanz und umso viel mehr Mitgefühl entgegenzutragen.
Gestern Nacht habe ich eine Stadt wie keine andere gesehen.
Ach, San Francisco, sogar wenn du trauerst, bist du atemberaubend, mutig und unendlich inspirierend in deiner Hingabe.