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Einige Flüchtlinge aus dem Irak entscheiden sich für die Rückkehr in die Heimat

Kategorien: Nahost & Nordafrika, Ost- und Zentraleuropa, Westeuropa, Deutschland, Irak, Bürgermedien, Flüchtlinge, Menschenrechte
Dana Maghdeed Aziz holds up the identification issued to him by the Germany government. Credit: Rebecca Collard

Dana Maghdeed Aziz zeigt seinen Ausweis, der von den Deutschen Behörden ausgestellt wurde. Quelle: Rebecca Collard

Der Artikel von Rebecca Collard [1] wurde am 21. April 2016  auf PRI.org [2] veröffentlicht. Diese erneute Veröffentlichung erfolgte im Rahmen eines Informationsaustausches.

Im September 2014 entschied Dana Maghdeed Aziz, dass er nicht länger im Irak bleiben könne. Der IS hatte die Kontrolle über seine Heimatstadt Mahkmou erlangt. Seine Zukunft erschien ihm düster. Er verkaufte sein Taxi und flog in die Türkei.

Hören Sie sich die Geschichte auf PRI.org an [3]

„Ich habe in der Türkei einen falschen Ausweis gekauft, dann habe ich versucht durch Bulgarien zu reisen, aber man hat mich erwischt und ich kam ins Gefängnis”, sagt Aziz. „Ich habe ihnen gesagt, dass ich kein Krimineller sei, sondern ein normaler Flüchtling, der Asyl sucht.”

Aziz wurde in ein Camp in Bulgarien gebracht, wo man ihm sagte, dass er einen Antrag auf Asyl stellen muss. Aber er wollte nicht in diesem Land bleiben, also lief er fort.

„Ich habe alles versucht, um nach Deutschland zu kommen”, sagt er und trinkt einen Schluck Kaffee.

Letztlich hat er es im März 2015 geschafft. Sein Ziel war es, in Deutschland Asyl zu beantragen und ein neues Leben für seine Frau und seine zwei Kinder, die auf ihn in Erbil warteten, zu organisieren.

Aber fast ein Jahr später wusste er immer noch nicht, ob Deutschland ihm Asyl gewähren würde und, ob seine Familie eines Tages nachkommen könnte. Das Land wurde überschwemmt. Im letzten Jahr hat Deutschland 500 000 neue Asylanträge erhalten.

Dana Maghdeed Aziz’s German identification cards on the table in a café in Erbil. After months in Germany he still didn’t know if he would be granted asylum. Credit: Rebecca Collard

Die Ausweispapiere für Deutschland von Dana Maghdeed Aziz liegen auf dem Tisch in einem Café in Erbil. Quelle: Rebecca Collard

“Ich hatte meine erste Asylanhörung im Juli 2015. Sie sagten mir, dass es drei Monate dauern würde. Im Dezember wusste ich immer noch nichts. Später, im Januar, sind meine Kinder krank geworden.”

Während Aziz wartete, durfte er nicht arbeiten. Er lebte in einer staatlichen Einrichtung, die Miete betrug 325 €, diese wurde von den deutschen Behörden gezahlt.

Wie viele Iraker, die nach Europa gekommen sind, hätte Aziz auch seine Familie unterstützen müssen, aber er konnte kein Geld schicken.

„Meine Frau musste den Rest ihres Schmucks verkaufen, damit die Familie etwas zum Leben hat”, erklärt er.

Im letzten Februar gab Aziz alles auf. Er begab sich zum Irakischen Konsulat in Frankfurt, um eine Hinfahrt für die Heimfahrt zu erhalten.

Dana Maghdeed Aziz holds up the cards through which he received a stipend from the Germany government. Credit: Rebecca Collard

Dana Maghdeed Aziz zeigt die Kreditkarte, die es ihm ermöglichte, eine Unterkunft von den Deutschen Behörden zu erhalten. Quelle: Rebecca Collard

Aziz ist einer von 5000 Irakern, die seit letztem Oktober mit Hilfe der Internationalen Organisation für Migranten (IOM) zurückgekehrt sind. Viele weitere Iraker sind aus eigenen Mitteln zurückgekehrt, da sie keine Hilfe oder nicht länger warten wollten.

Ein Sicherheitsmann des Internationalen Flughafens von Erbil bestätigt, dass bei jedem aus Deutschland ankommenden Flug, Flüchtlinge an Bord seien. Vor Kurzem gab es an Bord mindestens acht Iraker, die in ihr Land zurückkehrten, nachdem sie eine teure und gefährliche Reise nach Deutschland hinter sich hatten. Unter ihnen war auch Samad, der seinen Familiennamen nicht preisgeben möchte. Im Dezember musste er sein Stück Land verkaufen, damit er einen Schlepper bezahlen konnte, um nach Deutschland zu gelangen.

„Ich habe nichts anderes getan, als den anderen zu folgen. Sie sagten uns, dass wir in Europa ein besseres Leben haben würden. Ich wollte sehen, ob das für mich möglich wäre”, sagt Samad.

Aber die Realität war enttäuschend.

„Ich hatte ein komfortables Leben erwartet und dass man uns helfen würde”, sagt er. „Aber es war schwierig.”

Wie auch Aziz konnte er nie erfahren, ob er Asyl erhalten würde oder nicht. Noch weniger wusste er, ob er seine Frau und seine drei Kinder nach Deutschland hätte holen können. Außerdem versuchte er seine Familie aus der Ferne zu unterstützen.

„Wir waren immer im Camp. Ich teilte einen Raum mit acht Personen und ich hatte kein Recht zu arbeiten”, sagt Samad. „Wenn ich nur die geringste Hoffnung auf Asyl gehabt hätte, wäre ich geblieben, aber das war nicht der Fall”.

Während die Syrer darauf hoffen können, in Deutschland Asyl zu erhalten, ist dies für Iraker deutlich ungewisser. Samad war so entschlossen zurückzukehren, dass er keine Hilfe in Anspruch nahm. Er gab den Rest seines Geldes für die Rückreise nach Erbil aus.

„Ich habe alles verkauft, um hierher zu kommen”, sagt er.

Zurück im Café in Erbil erklärt Aziz, dass wenn seine Familie mit ihm in Deutschland gewesen wäre, er niemals zurück in den Irak gegangen wäre.

Seine Stadt wurde von den Kurden eingenommen aber sie stehen noch an vorderster Front. Er teilt jetzt mit seinen Eltern eine Wohnung in der Stadt und sucht Arbeit.

Aziz und Samad fangen beide wieder bei Null an. Kein Taxi, keine Arbeit, kein Geld mehr. Aziz verbrachte fast ein ganzes Jahr in Europa und er hat nichts erreicht.

„Natürlich bedaure ich, was ich gemacht habe”, sagt Aziz. „Ich habe mein ganzes Geld umsonst ausgegeben. Ich bin jetzt hier in meinem Land und kann mir nicht einmal einen Kaffee leisten.”