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Ist die portugiesische Gesellschaft bereit für ein Gesetz zur Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare?

Kategorien: Portugal, Bildung, Bürgermedien, Frauen & Gender, Good News, Menschenrechte, Politik, Recht, Rechte der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen (LGBT)

Portugal schliesst sich den 16 europäischen Ländern [1] an (24 in der ganzen Welt), welche die Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare erlauben. Das Parlament stimmte der Adoption durch gleichgeschlechtliche Eltern [2] am 18. Dezember 2015 mit einer Mehrheit der Linken zu. Auch 17 Abgeordnete der Rechten, der Partido Social Democrata (PSD) [3], wählten zugunsten des Gesetzes, obwohl deren gewählter Parteiführer selbst dagegen stimmte.

Seit Juni 2010 ist die Heirat gleichgeschlechtlicher Paare in Portugal erlaubt, aber es war diesen nicht gestattet Kinder zu adoptieren. Nachdem im Januar 2014 das Gesetz von der rechtsgerichteten Regierung abgelehnt wurde, wurde die Adoption gleichgeschlechtlicher Paare erneut am 19. November 2015 diskutiert – dieses Mal mit neuer Mehrheit des linken Flügels – und am 20. November verabschiedet. Man darf dabei nicht vergessen, dass das Land nach dem Ablehnungsantrag [4] in das Regierungsprogramm der Partido Socialista (PS) [5], vom Rechten Flügel regiert wurde, der die letzte Wahl gewann jedoch keine absolute Mehrheit zur Regierungsbildung erhielt.

Die portugiesische LGBT Organisation, Intervenção Lésbica, Gay, Bissexual e Transgénero (ILGA – Portugal [6]) sagt dazu folgendes:

Tem sido um longo caminho que na ILGA existiu desde o primeiro momento – há portanto duas décadas. Aqui deixamos alguns passos fundamentais dados até 2010 – sendo que depois desta data, e em ritmo mais acelerado, demos outros tantos.

Es war ein langer Weg, welchen die ILGA seit dem ersten Moment ihrer Existenz – folglich seit zwei Jahrzehnten – gegangen ist. Wir haben bis 2010 einige fundamentale Fortschritte erreicht und nach diesem Datum in beschleunigter Form, zahlreiche andere Fortschritte erzielt.

Zeiten ändern sich. Man muss lernen anders zu denken

Im Allgemeinen ist Portugal weiterhin ein konservatives Land, welche die Beziehung zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren kriminalisiert und Schwule und Lesben diskriminiert [7].

Die Politik und die Religion haben in zahlreichen Ländern [8]einen großen Einfluss auf die Haltung der Menschen gegenüber Homosexuellen. Im Islam wird die Homosexualität abgelehnt und sehr oft mit der Todesstrafe bestraft. Außerdem beeinflusst auch der soziale Kontext [9] die Art und Weise mit der Homosexualität begegnet wird:

O contexto social é preponderante na sua formação, quer pelas influências sociais, experiências pessoais e a forma como cada indivíduo as analisa e avalia. Os pais que se assumem como modelos na infância dos indivíduos, os pares na adolescência e vida adulta e os mass media, transmitem um conjunto de crenças, valores e atitudes que induzem a sua adoção (Coimbra & Castro). Tal como defendeu Oliveira (2007), as origens das atitudes são culturais, familiares e pessoais, isto é, tendemos a assumir as atitudes que prevalecem na cultura em que crescemos, a sua maioria adquirida dentro da estrutura familiar.

Der soziale Kontext wird in seiner Entstehung vorwiegend durch die sozialen Einflüsse, die persönlichen Erfahrungen und die Form wie jedes Individuum analysiert und auswertet, bestimmt. Die Eltern, die die Vorbildrolle eines jeden Individuums während der Kindheit übernehmen, die Beziehungen in der Jugend und als Erwachsener, sowie die Massenmedien übertragen im Einklang mit dem Glauben Werte und Haltungen, die zur Übernahme verleiten (Coimbra & Castro). Laut Oliveira (2007) ist der Ursprung dieser Haltungen kulturell, familiär und persönlich. Das heißt, wir übernehmen die Haltungen, die vorwiegend in der Kultur, in der wir aufwachsen, vorherrschen und zwar dadurch, dass wir sie hauptsächlich durch die Familienstruktur erwerben.

Diese Haltung hat sich in den letzten 30 Jahren verändert. Immer mehr beginnen die Portugiesen, die Homosexualität mit anderen Augen zu betrachten. Ein “unmissverständliches Zeichen, dass sich die portugiesische Gesellschaft unstrittig in eine empathischere, solidarischere und offenere Gesellschaft [10]wandelt.

Die Diskussion über die Adoption homosexueller Paare erhielt in den sozialen Medien große Aufmerksamkeit. 2014 befragte eine unterstützende Facebook-Seite [11] deren Internetnutzer, ob sie “der Adoption von Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare zustimmen?” Das “Ja” gewann mit überwältigender Mehrheit. Seitdem nahmen die Kommentare [12] kein Ende:

Sempre disse: [preferia] mil vezes que os meus filhos fossem adotados por um casal homossexual, do que serem institucionalizadas ou adotadas por um casal heterossexual desestruturado. O que me preocupa é a falta de amor e de atenção.

Ich habe immer gesagt: (Ich würde es) zehntausend Mal bevorzugen, dass meine Kinder durch ein homosexuelles Paar adoptiert werden würden, als dass sie in eine Einrichtung kämen oder von einem unstrukturierten heterosexuellen Paar adoptiert werden würden. Was mich beunruhigt, ist der Mangel an Liebe und an Aufmerksamkeit.

Die Experten stimmen zu. Der Kinderarzt Mário Cordeiro sagt, dass es keinen Unterschied für das Kind macht, ob es von einem homosexuellen oder heterosexuellen Paar adoptiert wird und unterstreicht, dass es die “Diskriminierung ist, die schadet”:

Abgesehen von der Position der katholischen Kirche [13] widersetzte sich auch der Flügel der rechten portugiesischen Konservative dem kürzlich verabschiedeten Gesetz. Im Moment gibt es homosexuelle Paare, die ein Kind adoptieren, aber die “laut Gesetz nur einen Vater oder eine Mutter haben [14]“. Dies wird sich ändern.

“Bruchstückhaftes Gesetzes-Projekt”

Das neue Diplom muss jetzt nur noch die Aussiebung des Präsidenten der Republik bestehen, vielleicht eine der letzten Amtshandlungen des Konservativen Aníbal Cavaco Silva. Die Präsidentenwahlen stehen vor der Tür (24.01.2016) und laut der portugiesischen Presse wird das Projekt seitens Mitte-Rechts als “Bruchstückhafte Gesetze [15]” angesehen:

Até ao fim do mandato, o Presidente da República, Cavaco Silva, pode deixar em ‘banho maria’ o pacote de projetos-lei considerados fraturantes, que a Esquerda apresenta amanhã e depois ao Parlamento.

Bis zum Ende des Mandats kann der Präsident der Republik, Cavaco Silva, das als bruchstückhaft angesehene Paket der Gesetzesprojekte, welches die Linken morgen und übermorgen vor dem Parlament präsentieren werden, baden gehen lassen.

Die neue sozialistische Regierung von António Costa, die mit dem Linken Block und der Kommunistischen Partei koaliert, hat sich damit beeilt Angelegenheiten, die nicht die Unterstützung der Rechten genießen, zu verabschieden.

Da adoção gay à lei do aborto, foi tudo aprovado no Parlamento na reta final do ano, chegando agora à mesa do Presidente.”

Von der schwulen Adoption bishin zur Abtreibung, wurde alles zügig [16] vor Jahresende vom Parlament verabschiedet und landet nun auf dem Präsidententisch.”

Cavaco Silva hat bis zum 23. Januar Zeit, das Diplom zu erlassen, welches “es erlaubt das portugiesische Gesetz mit dem internationalen und europäischen Gesetz in Einklang zu bringen und der Diskriminierung, die bislang herrschte, ein Ende zu setzen”, berichtet ein Kommentar von Amnesty International Portugal (AI) [17]:

A Amnistia Internacional Portugal (AI Portugal) considera positiva a aprovação, esta sexta-feira, 20 de novembro, na Assembleia da República, da adoção por casais do mesmo sexo, uma vez que permite harmonizar a lei portuguesa com a lei internacional e europeia e pôr fim à discriminação que até agora ocorria.

No caso de Portugal, a própria Constituição já proibia no artigo 13º qualquer discriminação com base na orientação sexual. Nesse sentido estatui também a decisão de fevereiro de 2013 doTribunal Europeu dos Direitos Humanos, no Caso X e outros v. Áustria, que expressamente referia Portugal como um dos países do Conselho da Europa – ao lado da Roménia, Rússia e Ucrânia – que até agora violava o princípio da não-discriminação e o direito ao respeito pela vida familiar.

Amnesty International Portugal (AI Portugal) betrachtet die Verabschiedung des Gesetzes zur Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare in der Versammlung der Republik, am Freitag, den 20. November, als positives Zeichen. Es ermöglicht das portugiesische Gesetz mit dem internationalen Gesetz in Einklang zu bringen und der bislang stattfindenden Diskriminierung ein Ende zu setzen.

Im Fall von Portugal verbat die Verfassung bereits laut Artikel 13 jegliche Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. In diesem Sinne untermauert es auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 13. Februar 2013, welche Portugal ausdrücklich als eines jener Länder des Europäischen Rates – zusammen mit Rumänien, Russland und der Ukraine – nannte, welches das Nichtdiskrimierungsprinzip und das Recht auf Familienleben verletzte.

Sexuelle und Reproduktive Frauenrechte

Ein anderes sensibles Projekt für Cavaco Silva ist der freiwillige Schwangerschaftsabbruch. Die parlamentarischen Fraktionen der Linken verabschiedeten die Abschaffung der Gebühren und andere Änderungen der Gesetze zum freiwilligen Schwangerschaftsabbruchs. Die Einführung der Gebühren für Frauen, die einen freiwilligen Schwangerschaftsabbruch vornehmen, und die Verpflichtung zur Annahme von psychologischer Betreuung waren die prinzipiellen verabschiedeten Änderungen der PSD und CDS im Juli 2015.

O Parlamento português votou também esta sexta-feira a eliminação das restrições aos direitos sexuais e reprodutivos das mulheres. Os deputados votaram maioritariamente pela reversão das alterações à lei da Interrupção Voluntária da Gravidez (IVG) aprovadas em julho. A Amnistia Internacional considerava essas modificações regressivas dos direitos das mulheres, dado que obrigavam, por exemplo, ao pagamento de taxas moderadoras ou a uma consulta de aconselhamento psicológico e social prévia à decisão da mulher.

Das portugiesische Parlament stimmte diesen Freitag auch für die Abschaffung der Verbote von sexuellen und reproduktiven Frauenrechten. Die Abgeordneten stimmten mit einer Mehrheit für die Umkehrung der Änderungen des im Juli verabschiedeten Gesetzes. Amnesty International erachtete diese Änderungen als rückschrittlich in Bezug auf Frauenrechte, da sie die Frauen z.B. zum Zahlen von Gebühren und zur Annahme psychologischer und sozialer Betreuung verpflichteten, die der Entscheidung der Frau vorausgehen.