- Global Voices auf Deutsch - https://de.globalvoices.org -

Natürliche Frauenheilkunde: Frauen in Lateinamerika lassen sich von alten Traditionen inspirieren

Kategorien: Lateinamerika, Bürgermedien, Frauen & Gender, Gesundheit
5080966486_6143e70af4_o [1]

Schwarzer Frauenkörper. Foto von Franck Réthorés Flickr-Konto unter CC-L.

In der heutigen Zeit sehen sich Frauen mit der stetig wachsenden sozialen und kulturellen Tendenz konfrontiert, sich von ihren Körpern zu distanzieren. Anstatt für sich selbst zu erfahren, was “dort unten” vor sich geht, ziehen es Frauen vor, auf Ärzte und Apotheker zu hören, ohne sich bewusst zu sein, dass die gesuchten Heilmittel vielleicht sogar in den Pflanzen und der Erde um sie herum zu finden sind.

In Lateinamerika kam es mit der sogenannten “natürlichen Frauenheilkunde” zu einer Renaissance in diesem Bereich. Frauen verbinden alte Lehren der Eigenhygiene mit ihrem modernen Alltag. Diese Frauen machen sich die von Generation zu Generation weitervererbten Lehren zu eigen und besinnen sich damit nicht nur wieder auf ihre Körper, sondern auch auf ihre alten Traditionen.

Durch die Nutzung der Social Media Plattformen zur Verbreitung der Nachricht, erfreut sich das Konzept der natürlichen Frauenheilkunde wachsender Beliebtheit aus allen Teilen der Welt. Die Befürworter sind auf Facebook, Instagram und Twitter mit Seiten wie Mulheres da Terra [2] (Frauen der Erde), Ginecologia Natural [3] (Natürliche Frauenheilkunde) und Parir con Placer [4] (Gebären mit Freude) vertreten und bauen so die online Gemeinschaft auf, die Frauen dazu ermutigt, ihre alten Traditionen anzunehmen, ihre Erfahrungen mit den anderen zu teilen und über die weibliche Anatomie zu diskutieren. Alles unter dem Bestreben, das Taboo rund um die Vagina aufzulösen.

Diese Bewegung zeigt eine Alternative zur Medizinisierung des menschlichen Befindens und ermutigt Frauen stattdessen, die Beziehung zwischen Körper, Geist und Erde zu erforschen. Von der Nutzung von Pflanzen und Wurzeln um Infektionen zu heilen, bis hin zur Lehre über die Verbindung zwischen Mond- und Menstruationszyklus, inspirieren diese Seiten uns Frauen dazu, die Angelegenheiten rund um unsere Körper wieder selbst in die Hand zu nehmen.

Perez's Introductory Manual to Natural Gynecology. Image used under the Creative Commons license. [5]

Das Einführungshandbuch zur Natürlichen Frauenheilkunde von Perez (Nutzung des Fotos unter CC-L).

Die Chilenin Pabla Pérez San Martín ist Gründerin einer dieser Gemeinschaften, des Ginecología Naural [6] (Natürliche Frauenheilkunde) Projekts. Erst kürzlich ist ihr Buch mit dem Titel “Manual Introductorio a la Ginecología Natural” (Einfrührungshandbuch in die Natürliche Frauenheilkunde) erschienen. Während ihrer Kindheit auf dem Land in Valparaíso (Chile) lernte Pabla von ihrer Großmutter schon von klein an über die Erde und ihre natürlichen Heilkräfte. Mit dem Erwachsenwerden begann Pabla durch ganz Lateinamerika zu reisen, wo sie Gruppen von einheimischen Frauen traf, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen mündlich weitergaben.

Auf Pablas Blog kann man unter anderem Artikel zu den Themen “Die Menstruation verstärkt mein Lustgefühl [7]“, “Vom Körper bis zu den Wurzeln [8]” und “Vaginale Flüssigkeit: Stummer Wächter [9]” finden. Sie erklärt, dass das Projekt nicht dazu aufruft, sich von der Schulmedizin abzuwenden, sondern sich aller verfügbaren Optionen bewusst zu werden und über ein Grundwissen zu diesem Thema zu verfügen.

El poder del autoconocimiento es fortísimo; nos entrega herramientas y saberes que antes permanecían ocultos o más bien olvidados. Vernos, sentirnos y comprendernos a nosotras mismas desde una óptica propia, fuera de la estandarización social, nos ayudará en la conexión, valoración y disfrute de nuestra sexualidad.

Selbsterkenntniss ist so wichtig; Es versorgt uns mit Mitteln und Wissen, die in der Vergangenheit verborgen wurden oder gar vergessen waren. Uns selbst zu sehen, uns selbst zu berühren und uns mit unseren eigenen Augen zu verstehen, außerhalb sozialer Normen, hilft uns dabei, eine Verbindung zu unserer Sexualität aufzubauen, sie wertzuschätzen und daran Spaß zu haben.

Viele Frauen rennen schon bei den ersten Anzeichen einer Pilzinfektion in die Apotheke, doch Pabla empfiehlt, Knoblauch oder natürlichen Joghurt für die Behandlung einer Infektion zu verwenden und kanadische Gelbwurz gegen den Juckreiz. Anstatt sich mit scharfen Seifen zu waschen, wie wäre es wenn ihr einen Aufguss aus Himbeerblättern, frischer Ingwerwurzel und den Blumen und Blättern der Schafgarbe verwendet? Sie spricht auch über eine Erfindung, die sich bereits weltweiter Beliebtheit erfreut, die Menstruationstasse [10], die sie als eine “natürliche, hygienische, bequeme und umweltfreundliche Alternative zu Tampons und Binden” beschreibt. Sie gibt sogar Tipps für die Herstellung eigener, umweltfreundlicher Binden. [11]

'We are the granddaughters of all the witches you couldn't burn'. Image used under the Creative Commons license [12]

“Wir sind die Enkelinnen der Hexen, die ihr nicht verbrannt habt”. Foto wird unter CC-L verwendet.

Die Gemeinschaften besinnen sich bei der Sexualgesundheit wieder auf die Ursprünge und bieten dabei viel mehr als nur Schulungen zu den Vorteilen der natürlichen Frauenheilkunde — es entsteht auch eine Art Schwesternschaft durch die Weitervermittlung des Wissens von einer Generation zur nächsten, die Frauen aufklärt und ihnen Macht gibt.

Ein Post im Blog Ginecología Naural [13] erklärt dazu:

Nunca jamás la mujer necesito un/a médico para desarrollarse sexualmente, procrear, vivir libre, y sanamente … Es la realidad que se vivió y se continúa viviendo en muchas partes del mundo …[tal como en las] comunidades Quichua y Shuar de la selva del Amazonas en Ecuador, en donde las mujeres suelen parir solas, en la mayoría de los casos sin parteras, sin dolor, sin miedo, sin cesáreas, sin muertes

Frauen brauchen keine medizinische Hilfestellung was ihre Sexualgesundheit, die Fortpflanzung und ein gesundes, freies Leben angeht. Das ist Realität für Frauen in vielen Teilen der Welt und wird es auch weiterhin bleiben. Zum Beispiel für die Quichua und Shuar Völker im Dschungel des Amazonas, wo Frauen oft alleine gebären, in den meisten Fällen ohne eine Hebamme, ohne Schmerz, ohne Angst, ohne Kaiserschnitt und ohne Tod.