Geschäftstüchtige Flüchtlinge sind eingeladen, ihren Geschäftssinn in Europa unter Beweis zu stellen

Kos, Greece: More refugees arrive every day to the Greek island of Kos where they await to the access to Europe. Photograph by Jose_Hinojosa. Copyright: Demotix

Kos, Griechenland: Immer mehr Flüchtlinge erreichen jeden Tag die griechische Insel Kos, wo sie Zutritt nach Europa erwarten. Foto von Jose_Hinojosa. Copyright: Demotix

Mehr als eine Million Flüchtlinge und Migrant(inn)en haben das Meer überquert und sind nach Europa gekommen, auf der Flucht vor Kriegen und Unruhen in ihren Heimatländern und auf der Suche nach einem besseren Leben für sich und ihre Familien.

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) beziffert die Zahl der Menschen zum Zeitpunkt 29. Dezember 2015 auf 1.034.745 Personen. Die große Mehrheit der Flüchtlinge erreichte Griechenland (839.561) und Italien (152.864) über den Meerweg und die fünf am häufigsten vertretenen Herkunftsländer sind Syrien, Afghanistan, der Irak, Pakistan und der Iran.

Eine Organisation mit Sitz in Amsterdam, den Niederlanden, richtet ihre Aufmerksamkeit auf die Unternehmer(innen) unter den Flüchtlingen und möchte sie dabei unterstützen, dass ihr Geschäftssinn eine sinnvolle Verwendung findet und ihnen dabei hilft, ein neues Leben in ihrer neuen Heimat aufzubauen. Tarek Amr spricht im Namen des Teams “Unternehmerische Flüchtlinge” und berichtet uns mehr von dem Projekt und was es bewirken soll. Amr ist auch Global Voices-Mitglied.

GV: Was ist das für ein Projekt und warum wurde es geschaffen?

bidx: Like most people, we – at bidx – have been following the news about the refugees in the past few months, or what some media outlets like to call “refugees crisis”. Our initial thought was: how can we help? Our next thought was: how can we challenge the ongoing misapprehension that refugees are a burden on their new home’s economy, when in fact they can contribute to its growth.

[…] We decided to build an online platform for refugees who are willing to start their own business, to connect them with mentors and investors who can support them. Entrepreneurial refugees upload their business ideas. Volunteers from their new homes join the portal as mentors, to offer advice and help them start their business. We also hope promising ideas will find their way to investors on our platform who are willing to fund them.

bidx: Wie die meisten Menschen haben auch wir – bei bidx – die Nachrichten über Flüchtlinge in den letzten paar Monaten verfolgt, oder das, was in manchen Medien die “Flüchtlingskrise” genannt wird. Unser erster Gedanke war: Wie können wir helfen? Unser nächster Gedanke war: Wie können wir gegen die Fehlinterpretation angehen, dass Flüchtlinge in ihrer neuen Heimat eine Belastung für die Wirtschaft sind, wo sie doch eigentlich zum Wirtschaftswachstum beitragen können.

[…] Wir entschieden uns, eine Onlineplattform für Flüchtlinge zu schaffen, die bereit sind, ein eigenes Unternehmen zu gründen und sich mit Mentor(inn)en und Investor(inn)en in Verbindung zu setzen, die sie unterstützen können. Unternehmerische Flüchtlinge laden ihre Geschäftsideen hoch. Ehrenamtliche aus dem Land, in dem sie Zuflucht gesucht haben, treten dem Portal als Mentor(inn)en bei und bieten Beratung und Unterstützung für die Unternehmensgründung an. Wir hoffen auch, dass vielversprechende Ideen über unsere Plattform ihren Weg zu Investor(inn)en finden, die bereit sind, ihre Umsetzung zu finanzieren.

GV: Wer steckt hinter der Plattform und was erhofft ihr euch dadurch?

bidx: Bidx main product is called a bidx Portal, which is an online platform for matching entrepreneurs to mentors and investors, as well as providing automated ways for evaluating business plans and collaboration among members of the platform. This product is mainly sold to incubators, banks and business school in order to manage their startup communities. We usually tailor each portal to the wants and needs of our clients. This time we created a portal hoping that we can provide some help to entrepreneurial refugees.

bidx: Das Hauptprodukt von Bidx ist das sogenannte bidx Portal, eine Onlineplattform, auf der Unternehmer(innen) mit Mentor(inn)en und Investor(inn)en zusammenkommen und über das automatisierte Verfahren zur Verfügung gestellt werden, um Unternehmenspläne zu bewerten und zur Gemeinschaftsarbeit unter den Mitgliedern der Plattform anzuregen. Dieses Produkt wird hauptsächlich an Incubatoren verkauft, an Banken und Business-Schulen, um ihre eigenen Startup-Gemeinschaften zu verwalten. Üblicherweise schneiden wir jedes Portal auf die Bedarfe und Bedürfnisse unserer Kunden zu. Dieses Mal haben wir ein Portal in der Hoffnung geschaffen, dass wir damit unternehmerische Flüchtlinge unterstützen können.

GV: Wie wird die Seite funktionieren?

bidx: The website offers members the ability to present a business plan, search for business plans, give feedback, connect and communicate. The website provides some basic measures for evaluating businesses, like how complete a business plan is. Mentors and investors can rate businesses so that good plans can easily be found. We rely heavily on volunteers, especially those who advise entrepreneurs in the form of mentorship.

Our team will start off by moderating the website ourselves. Our goal is to find sponsors in a later stage, when the number of entrepreneurial refugees is substantial.

bidx: Die Webseite bietet den Mitgliedern die Möglichkeit, ihre Geschäftspläne vorzustellen, nach Unternehmenskonzepten zu suchen, Feedback zu geben, sich zu vernetzen und untereinander zu kommunizieren. Die Webseite stellt außerdem einige Grundfunktionen zur Verfügung um Unternehmen zu bewerten, beispielsweise um zu erfassen, wie vollständig ein Businessplan ist. Mentor(inn)en und Investor(inn)en können Unternehmen einstufen, so dass gelungene Konzepte leicht zu finden sind. Wir sind dabei massiv auf Ehrenamtliche angewiesen, insbesondere auf diejenigen, die Unternehmer(innen) in Form eines Mentorats beraten können.

Unser Team wird damit beginnen, die Webseite zunächst selbst zu moderieren. Unser Ziel ist es, in einer weiteren Phase einen Sponsor zu finden, wenn eine kritische Anzahl an Unternehmer(inne)n erreicht ist.

GV: Wie wollt ihr auf dieses Projekt aufmerksam machen?

bidx: Our plan is to raise awareness among two groups of people; the refugees and the volunteers. As for the refugees, once we are done with translating the website into Arabic, we will start contacting refugees centers and try to distribute flyers explaining our concept. As for the volunteers, we will use social media, and our friends in mainstream media to spread the word among those who are willing to volunteer by joining as mentors or possible investors.

This page describes how to help: https://entrepreneurialrefugees.bidx.net/get-involved/

bidx: Unser Plan ist es, bei zwei Gruppen für Aufmerksamkeit zu sorgen; bei den Flüchtlingen und bei den Ehrenamtlichen. Was die Flüchtlinge betrifft, werden wir – sobald die Seite ins Arabische übersetzt ist – Flüchtlingsunterkünfte ansprechen und dort versuchen, Flyer zu verteilen, um unser Konzept zu erläutern. Mit Hinsicht auf die Ehrenamtlichen werden wir auf soziale Medien zurückgreifen und unsere Freundinnen und Freunde der Massenmedien ansprechen, um das Projekt unter denen bekannt zu machen, die bereit sind, ehrenamtlich als Mentor(inn)en oder mögliche Investor(inn)en dazuzukommen.

Auf der Webseite beschreiben wir, wie man das Projekt unterstützen kann: https://entrepreneurialrefugees.bidx.net/get-involved/

GV: Wird diese Plattform auch in anderen Ländern verfügbar sein, so dass dort ähnliche Projekte gestartet werden können oder ist sie auf die Niederlande beschränkt?

bidx: It is available for all entrepreneurial refugees all over Europe. The size of our team has made us focus on the Netherlands more in this stage, as it is easier for us raise awareness locally. However, we want to offer as much support as possible to all refugees in Europe.

bidx: Die Plattform ist für alle Unternehmer(innen) unter den Flüchtlingen in ganz Europa verfügbar. Die Größe unseres Teams lässt uns aber zunächst auf die Niederlande konzentrieren, da wir hier vor Ort leichter auf uns aufmerksam machen können. Wir wollen aber so viel wie möglich Flüchtlinge in ganz Europa unterstützen.

Entrepreneurial Refugees homepage

Homepage der Initiative “Entrepreneurial Refugees”

GV: Ist eine Onlineplattform eine realisierbare Option für Flüchtlinge?

bidx: We have asked ourselves the same question. We know many refugees own smartphones and use them to communicate with each other about where to go. We also hope refugees reception centers and the volunteers there can help by giving the refugees access to computers. Additionally, we are actively looking for sponsors who can help us provide refugees with access to computers and internet connections.

In the end, we hope our portal will be useful to entrepreneurial refugees, to set up their business and improve their welfare.

bidx: Das haben wir uns auch gefragt. Wir wissen, dass viele Flüchtlinge ihre eigenen Smartphones verwenden und sie nutzen, um sich untereinander zu verständigen, wo sie hingehen. Wir hoffen auch, dass Flüchtlingsunterkünfte und Ehrenamtliche dabei helfen können, indem sie Flüchtlingen Computer zugänglich machen. Dazu schauen wir uns aber auch aktiv nach Sponsoren um, die uns dabei helfen, Flüchtlinge mit Zugang zu Computern und Internetverbindungen auszustatten.

Schließlich hoffen wir, dass unser Portal geschäftstüchtigen Flüchtlingen dazu dient, ihre eigenen Unternehmen zu starten und ihre soziale Situation zu verbessern.

GV: Lässt das Asylrecht in Europa es zu, dass Flüchtlinge ihr eigenes Unternehmen starten oder Arbeit aufnehmen?

bidx: That’s a very valid question, and we have done our research in this area. Let me first emphasise that we would like to our portal to be inclusive to all refugees regardless of their asylum status. In the Netherlands,  refugees are not permitted to work during the first six months of the asylum procedure. Later on, things change 180 degrees, once they are naturalised as citizens.

As for the latter case, there are already thousands in the Netherlands, and we hope our portal will help them right away. While for the former case, one possibility we are thinking of, is the Dutch startup visa scheme. As explained by the Dutch Immigration and Naturalisation Service, the startup visa “makes it possible for ambitious entrepreneurs to apply for a temporary residence permit for in the Netherlands. The residence permit for  ‘startup’ entrepreneurs allows ambitious entrepreneurs to start an innovative business for a year”. It is worth mentioning that the start-up must be guided by an experienced facilitator in the Netherlands.

As for other European countries, it is clear that different states have different regulations. That’s why we hope the local mentors in our portals will work with refugees and guide them through ways they can legally start their business.

bidx: Das ist eine sehr gute Frage und wir haben das recherchiert. Zunächst möchte ich aber einmal betonen, dass sich unser Portal an alle Flüchtlinge, unabhängig von ihrem Asylstatus richtet. In den Niederlanden ist es Flüchtlingen während der ersten sechs Monate des Asylprozesses nicht gestattet, zu arbeiten. Das dreht sich nachher um 180 Grad, wenn sie eingebürgert werden.

In Bezug auf die Letztgenannten gibt es von ihnen bereits Tausende in den Niederlanden und wir hoffen, dass unser Portal ihnen direkt helfen kann. Für die erstgenannte Gruppe denken wir darüber nach, ob das niederländische Startupvisa eine Möglichkeit sein kann. Laut der niederländischen Dienststelle für Einwanderung und Einbürgerung ermöglicht das Startupvisa “ehrgeizigen Unternehmer(inne)n, eine zeitweilige Aufenthaltsgenehmigung für die Niederlande zu beantragen. Die Aufenthaltsgenehmigung für ‘Startup’-Unternehmer(innen) erlaubt es ambitionierten Unternehmer(inne)n ein innovatives Business für ein Jahr zu starten”. Dabei sollte erwähnt werden, dass das Startup von einem erfahrenen Vermittler in den Niederlanden begleitet werden muss.

Was es andere europäische Länder betrifft ist offensichtlich, dass die verschiedenen Länder unterschiedliche Regularien haben. Daher hoffen wir, dass Mentor(inn)en vor Ort in unserem Portal mit den Flüchtlingen zusammenarbeiten und sie auf einen Weg führen, auf dem sie legal ein Unternehmen gründen können.

Die Nutzung der Dienstleistungen des Portals ist sowohl für Flüchtlinge als auch betreuende Ehrenamtliche kostenfrei.

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