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IRANISCHES KINO #1: Trotz Versprechungen des Präsidenten Rouhani werden weiterhin Filme zensiert

Kategorien: Nahost & Nordafrika, Iran, Bürgermedien, Censorship, Kunst und Kultur, Meinungsfreiheit

Der Regisseur Ahmad Reza Darvish verfilmte die epische religiöse Saga der Aschura Revolte. Er hielt sich dabei zwar an die vielen religiösen Regeln im Iran, konservativ-religiöse Organisationen forderten dennoch eine Zensur. Foto mit freundlicher Genehmigung des Art Directors.

Dies ist der erste Teil eines ursprünglich auf iranhumanrights.org [1] erschienenen Beitrags und wird hier in Zusammenarbeit mit der Plattform ‘The International Campaign for Human Rights in Iran’ erneut veröffentlicht. Lest auch den zweiten Teil [2] des Beitrags auf Global Voices.

Trotz wiederholter Aussagen des Präsidenten Hassan Rouhani über die Notwendigkeit von mehr kultureller Freiheit im Iran, wurden in der islamischen Republik während seiner zweijährigen Amtszeit weiterhin Filme verbannt.

“Rastakhiz” [3] ist der aktuellste Zugang auf der Liste des verbotenen Kinos. Der Film wurde im Juli 2015 vom Ministerium für Kultur und Islamische Führung aus den Kinos verbannt, direkten Anweisungen Rouhanis folgend. Damit stieg seit 2007 die Anzahl der Filme im Iran, denen die öffentliche Vorführgenehmigung verwehrt wurde, auf insgesamt 14.

Obwohl diese Filme bereits während der Präsidentschaft Mahmoud Ahmadinejads (von 2005 bis 2013) verboten wurden, sind sie auch heute noch, zwei Jahre nachdem Rouhani ihn abgelöst hat, nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.

Der häufigste Grund für die Verbote sind Anspielungen in den Filmen auf die friedlichen Massenproteste während der Präsidentschaftswahlen 2009. Dies ist ein hochsensibles Thema in der Islamischen Republik und wird von Konservativen immer noch als “Aufruhr” bezeichnet. Ein weiterer Grund sind die “ungenügenden” Hidschabs (weibliche Bekleidung) der Schauspielerinnen.

Während seiner Wahlkampftournee versprach [4] Rouhani am 5. Juni 2013, dass er die “Überwachung der kulturellen Angelegenheiten an das Volk” übergeben werde und fragte sich, wie überhaupt ein einziger Gutachter die religiösen Verfehlungen eines Films beurteilen könne. Solche Aussagen verstärkten die Hoffnung, die zensierten Filme könnten doch noch ihren Weg auf die Leinwand finden, sollte Rouhani gewählt werden.

Während seiner Präsidentschaft äußerte er sich weiterhin zum Thema kulturelle Freiheit. Während eines Treffens mit Künstlern und kulturellen Persönlichkeiten am 8. Januar 2014 gab er an [5], dass “es der größte Fehler sei, die Kunst wie ein Sicherheitsproblem zu behandeln.” Weiter sagte er, “Wenn es keine Freiheit gibt, können auch keine wahren künstlerischen Kreationen entstehen. Wir können Kunst nicht auf Bestellschein erschaffen und produzieren. Jede Art von Sicherheitsatmosphäre kann Kunst im Keim ersticken.”

Während einer Pressekonferenz im Juni 2015 zur Feier des zweiten Jahrestages seiner Wahl ins Amt, sagte [6] Rouhani, als Antwort auf die Frage eines Reporters zu den zahlreichen Streichungen von Konzerten im letzten Jahr, “was den kulturellen Einflussbereich angeht, finden wir, dass kulturelle Angelegenheiten Menschen aus der Welt der Kultur überlassen werden sollten und es muss eine Atmosphäre geschaffen werden, die es sowohl den Konsumenten als auch den Produzenten der Kulturwerke erlaubt, sich entgegenzukommen.”

Nichtsdestotrotz gibt es weiterhin Konflikte zwischen dem Ministerium für Kultur und Islamische Führung unter der Administration Rouhanis und den iranischen Filmemachern. Die Filme bleiben nach wie vor verboten.

Ein paar der Filme auf der schwarzen Liste wurden ursprünglich während des internationalen Filmfestivals Fajr in Teheran gezeigt. Andere liefen ein paar Tage in den Kinos, bevor sie verbannt wurden. Das aktuellste Opfer dieser Praktik, “Rastakhiz”, wurde noch am Tag seiner Premiere verboten, obwohl bereits 40 Minuten des Films für den Erhalt einer Vorführerlaubnis des Ministeriums für Kultur und Islamische Führung gekürzt wurden.

“Rastakhiz” ist ein religiös motivierter Spielfilm, der im Iran des 7. Jahrhunderts spielt und die Geschichte der sogenannten Aschura-Revolte erzählt. Hussein, der Enkel des Propheten Mohammed und dritter Imam im schiitischen Islam, kämpfte gegen den herrschenden Kalifen und starb in einer Schlacht in der Nähe von Karbala. Einige der religiösen Führer nahmen Anstoß an der Darstellung des Onkels von Imam Hussein – Abolfazl al-Abbas. Nach Auffassung schiitisch-islamischer Rechtsgelehrter im Iran [7] ist es verboten, die Gesichter des Imams und seiner Familienmitglieder zu zeigen.

Der Regisseur Ahmad Reza Darvish [8] erhielt viel Lob und Auszeichnungen für “Rastakhiz” während des internationalen Filmfestivals Fajr 2015. Die Kritik aus dem religiösen Lager war dennoch so schwerwiegend, dass er sich dazu gezwungen sah, 40 Minuten des Films zu schneiden um die Sittenrichter aus dem Ministerium für Kultur und Islamische Führung zufriedenzustellen. Trotzdem waren einige religiöse Führer immer noch nicht zufrieden und zwangen das Ministerium letztendlich dazu, die Vorführgenehmigung zurückzuziehen.

In den letzten zwei Jahren spielten die extremen Positionen der konservativen Mitglieder des Parlaments, der konservativen Medien, sowie der ultrareligiösen Organisationen eine zentrale Rolle, wenn es um die Verbannung der Filme aus der Öffentlichkeit geht.

Im September 2014 [9] schrieb das Komitee des iranischen Parlaments für Kulturelle Angelegenheiten einen Brief an das Ministerium für Kultur und Islamische Führung, in dem es das Verbot von 8 Filmen forderte, die der öffentlichen “Rebellion” gegen Ahmadinejads Sieg in der vieldiskutierten Präsidentschaftswahl 2009 positiv gegenüberstünden.

“Was wir von der Institution im Bezug auf die Filmindustrie erwarten, ist die Autorität, ihre Entschlüsse umzusetzen. Das Ministerium für [Kultur und Islamische] Führung erteilte meinem Film [“Khaneh Pedari” (Das elterliche Haus)] eine Vorführerlaubnis, wurde dann aber dazu gezwungen, diese nach nur 2 Tagen wieder zurückzuziehen, obwohl der Film nur in kleinen Kinos gezeigt wurde,” erklärte [10] der Regisseur Kianoosh Ayari der Organisation “The International Campaign for Human Rights in Iran”.