- Global Voices auf Deutsch - https://de.globalvoices.org -

Iran aus der Sicht iranischer JournalistInnen und SchriftstellerInnen im Ausland

Kategorien: Bürgermedien, Entwicklung, Frauen & Gender, Kunst und Kultur, Politik, Recht
The image of the leader of the Iranian Revolution Imam Khomeini on the wall of a building in Sanandaj, in the capital of Iranian Kurdistan Province, as seen through an open window. Photo by Jordi Boixareu. Copyright Demotix [1]

Fensterausblick auf das Bild des Anführers der iranischen Revolution Imam Komeini auf einem Gebäude in Sanandaj, der Hauptstadt der iranischen Provinz Kurdistan. Foto: Jordi Boixareu. Copyright Demotix

Als Brückenfiguren bezeichnet der Ethan Zuckerman (Mitgründer von Global Voices) Personen, die Menschen aus anderen Kulturen mit Leidenschaft ihre eigenen Kulturen erklären. Da unsere Berichterstattung zum Iran darauf abziel,t eine Brücke zwischen der äußeren Perspektive auf den Iran und dem eigentlichen Land selbst zu schlagen, hat Global Voices Iran eine Reihe von Interviews mit verschiedenen iranischen JournalistInnen und SchriftstellerInnen begonnen, die die Rolle der Brückenfiguren schrittweise übernehmen.

Die Interviews dienen dazu zu verstehen, wie und warum diese Brückenfiguren den Iran den Nicht-Iranern erklären. Figuren, die Karriere damit machen, die Schwierigkeiten und Komplexitäten eines Landes voller Widersprüche zu kommunizieren.

Golnaz Esfandiari: “Ich denke die Nutzung und die Bedeutung sozialer Medien im Iran steigen”

Golnaz Esfandiari ist Chefkorrespondentin bei Radio Free Europe/Radio Liberty und eine der wenigen JournalistInnen, die von außerhalb des Landes auf Englisch über die Nuancen und Schwierigkeiten der iranischen Gesellschaft und Politik berichten.

Mehr dazu: Talking to Golnaz Esfandiari, English-Language Journalism's ‘Bridge’ to Iran [2][Global Voices-Bericht auf Englisch]
Golnaz  Esfandiari spoke to us about her experiences reporting Iran. Photo was taken at the Sixt Al Jazeera Forum in March, 2011. Used with permission from Golnaz.

Foto mit Erlaubnis von Golnaz Esfandiari benutzt.

In einem Interview mit Global Voices, sagte sie:

I think the use of social media in Iran and its significance is increasing. Government officials admit that and I also see more people inside the country using social media sites and apps. I actually think that since 2009, the use of social media has increased considerably. Some Iranians told me they joined Twitter after reading about the allegations about a “Twitter Revolution” in Iran. Social networking sites have facilitated conversation and the sharing of content that is banned or considered sensitive, people can discuss taboo subjects relatively openly. They also challenge state policies and stances on social media quite regularly.

Ich denke, dass die Nutzung und die Bedeutung sozialer Medien im Iran steigen. Regierungsbeamte geben dies zu und ich beobachte auch, dass die iranische Bevölkerung vermehrt auf soziale Netzwerke und Apps zugreift. Ich bin der Meinung, dass die Nutzung sozialer Medien seit 2009 erheblich gestiegen ist. Einige IranerInnen haben mir berichtet, dass sie Twitter beigetreten sind, nachdem sie von den Vorwürfen bezüglich der “Twitter Revolution” im Iran gelesen hatten. Soziale Netzwerke erleichtern Konversationen und das Teilen von Inhalten, die verboten sind oder als heikel betrachtet werden. Menschen können Tabuthemen relativ offen diskutieren. Sie hinterfragen regelmäßig die Politik des Staates und seine Haltung gegenüber sozialer Medien.

Kelly Golnoush Niknejad: “Du bist JournalistIn, musst aber gleichzeitig PsychiaterIn, ProfessorIn und GedankenleserIn sein”

Die iranische Medienunternehmerin Kelly Golnoush Niknejad ist Gründerin des ‘Tehran Bureau’, einer Nachrichtenagentur, die von The Guardian gehostet wird und über den Iran sowie die iranische Diaspora berichtet. Ihr Projekt ist eine der wichtigsten Quellen der Berichterstattung, die eine “lebendige” Sicht auf die Kultur, die Politik und die Menschen des Landes bieten.

Niknejad takes a selfie of herself in her Boston home before a conference. Photo by Niknejad, and used with permission.

Foto: Kelly Golnoush Niknejad. Mit Erlaubnis benutzt.

Mehr dazu: How Kelly Golnoush Niknejad’s ‘Tehran Bureau’ Bridges Iran and the West [3][Global Voices-Bericht auf Englisch]

Im Bezug auf irreführende Vorstellungen über den Iran erklärt sie:

When it comes to Iran, I often find myself having to go all the way back to 1979, then explaining the transformations that took place decade-by-decade, just to make sense of the present. It’s sometimes even hard for Iranians themselves to believe what goes on in Iran, let alone non-Iranians. This explains why it’s vital to cover Iran from the “bottom up,” chronicling the lives of ordinary people. Covering a country by reporting on the pronouncements of the ruling elite is probably the least interesting or informative kind of journalism. That’s why even very sophisticated people who follow the news on Iran have no idea what goes on there. Of course if they followed Tehran Bureau though, they would get a very dynamic view.

Um den heutigen Iran zu verstehen, muss ich oft zurückgehen in das Jahr 1979 und ab dann die Veränderungen erklären, die von Jahrzehnt zu Jahrzehnt stattgefunden haben. Manchmal haben selbst die Iraner, ganz zu schweigen von Nicht-Iranern, Schwierigkeiten zu verstehen was in ihrem Land vorgeht. Das erklärt auch warum es entscheidend ist, über den Iran mit einem Buttom-up Ansatz zu berichten, indem man das Leben gewöhnlicher Menschen aufzeichnet. Eine Berichterstattung eines Landes, bei der man sich auf die Äußerungen der regierenden Eliten konzentriert, ist wahrscheinlich die uninteressanteste und am wenigsten informative Art der Journalismus. Das ist der Grund dafür, dass selbst sehr kultivierte Menschen, die die Nachrichten über den Iran verfolgen, keine Ahnung von dem haben was dort geschieht. Wenn sie aber Tehran Bureau verfolgen würden, bekämen sie einen sehr lebendigen Blick auf das Land.

Nina Ansary: “Ich glaube, Frauen werden an der Spitze jeder Veränderung im Iran stehen”

Nina Ansary ist Autorin von “Jewels of Allah: The Untold Story of Women in Iran,” dem ersten Buch, das die führenden, feministisch-politischen Bewegungen seit Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart präsentiert.

jewels of allah_cover

“Jewels of Allah” cover

Das Buch erklärt wie Frauen die jüngste Geschichte des Iran beeinflusst haben, es weiterhin tun und dabei gleichzeitig ihre Rechte und Gleichberechtigung in einer Gesellschaft etablieren, die sie seit langem an den Rand drängt.

Mehr dazu: Im Interview mit der iranischen Feministin und Autorin Nina Ansary am Vorabend wichtiger Veränderungen im Iran [4]

Ansary sagte sie sei “vorsichtig optimistisch” was die Zukunft des Iran und den Platz der Frauen in dem Land betrifft.

…only because I see their resilience. And this is because female activism has yielded partial results: women were not allowed to serve as judges, but can now serve as investigative judges. Women weren’t allowed to enter certain fields of study, and over the years they have been able to penetrate into male dominated areas such as medicine and engineering. I'm cautiously optimistic, but I believe women will be at the forefront of any change in Iran.

…nur weil ich ihre Widerstandsfähigkeit sehe, die auf schrittweise Erfolge des Frauenaktivismus zurückzuführen ist: Frauen war es verboten als Richterinnen zu arbeiten, nun dürfen sie aber als Ermittlungsrichterinnen tätig sein. Verschiedene Studiengänge blieben ihnen verwehrt. Über die Jahre hinweg sind sie jedoch in die männlich dominierten Bereiche, wie z.B. Medizin und Ingenieurwissenschaften, vorgedrungen. Ich bin vorsichtig optimistisch, aber ich glaube, Frauen werden an der Spitze jeder Veränderung im Iran stehen.