- Global Voices auf Deutsch - https://de.globalvoices.org -

Die mexikanische Armee wird beschuldigt, während eines Einsatzes in Michoacán Zivilisten erschossen zu haben

Kategorien: Lateinamerika, Mexiko, Aktuelle Meldungen, Bürgermedien, Ethnie & Rasse, Indigene, Kriege & Konflikte, Menschenrechte, Politik, Protest, Regierung
Ejército mexicano en Santa María de Ostula. Medios alternativos y fuentes locales denuncian ataques a civiles durante operativo. Esta y otras imágenes han destacado en el flujo de información que mantiene la atención de los infociudadanos en México.

Das Bild wurde von diversen Medien geteilt und zeigt die mexikanische Armee in Santa María de Ostula. Die unabhänige Presse und lokale Quellen prangerten die Angriffe auf Zivilisten während eines Einsatzes an. Dieses und weitere Fotos kamen während der Berichterstattung zum Vorschein, welche die Aufmerksamkeit der Internetnutzer in Mexiko erregte.

Nach Angaben diverser unabhängiger Medien in Mexiko [1] hat die nationale Armee angeblich während eines Einsatzes das Feuer gegen Zivilisten der indigenen Gemeinschaft von Santa María de Ostula, einer Gemeinde in Aquila, Michoacán eröffnet. Verhaftet werden sollte einer der Anführer der Selbstverteidigungsbewegung [2] im Bundesstaat Michoacán.

Die tatsächliche Anzahl der Opfer bleibt unklar, aber laut der Webseite Desinformémonos [3] gab es mindestens einen Toten – einen 12-jährigen Jungen – und vier Verletzte. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichtes bestätigte die Michoacán Coordination Group [4], die unter dem Befehl des Militärs steht, dass es einen Angriff durch eine unidentifizierte Armeetruppe gegeben habe, die das Feuer gegen die Bewohner eröffnet haben soll. Sie versprachen, die Täter ausfindig zu machen.

Auf der Facebookseite der ‘Cooperativa de Medios’ (Medienkooperative) wurde eine Bekanntmachung [5] veröffentlicht, die mit “das Team zur Unterstützung für und die Solidarität mit der indigenen Gemeinschaft von Santa María de Ostula” unterzeichnet ist:

El día de hoy aproximadamente a las 10 hrs un pelotón del ejército mexicano se presentó en los parajes de El Duín y Xayakalan, en la comunidad indígena de Santa María Ostula, Municipio de Aquila, Michoacán. […] Los miembros de ejército impactaron sus vehículos contra los puestos de vigilancia y realizaron disparos…

Heute um circa zehn Uhr morgens tauchte eine Truppe der mexikanischen Armee in El Duín und auf den Xayakalan-Ländereinen der indigenen Gemeinschaft von Santa María de Ostula (Gemeinde Aquila, Michoacán) auf […]. Mitglieder der Armee rasten mit ihrem Fahrzeug in die Wachstube und begannen zu schießen…

In derselben Nachricht berichteten sie über die Verhaftung einer der Kommandeure der Gemeinschaftspolizei des Ortes. Dieser ist auch verantwortlich für die ‘Allgemeine Selbstverteidigungskoordination’ der Gemeinden Aquila, Coahuayana und Chinicuila:

De manera paralela otro grupo del ejército mexicano detuvo a Cemeí Verdía Zepeda […] en el poblado de La Placita. En ambas acciones los miembros de ejército no presentaron órdenes de aprehensión y se desconoce los delitos de los que acusan a los detenidos. Cabe mencionar que hasta el momento no han sido presentados ante ninguna agencia del ministerio público y se ignora su paradero.

Während eines gleichzeitigen Einsatzes verhaftete eine weitere Truppe der mexikanischen Armee Cemeí Verdía Zepeda […] in der Gemeinde La Placita. Bei beiden Aktionen zeigten die Soldaten weder Haftbefehle vor, noch gaben sie die Verbrechen an, welche sie den Gefangenen vorwerfen.

Zum Schluss erwähnt die Bekanntmachung auch die Reaktion der lokalen Gemeindepolizei:

Ante las acciones emprendidas por las fuerzas federales la comunidad de Santa María Ostula se movilizó y en estos momentos mantiene retenidos a  miembros del ejercito mexicano que participaron en las agresiones. Se debe advertir que se está viviendo una situación de tensión extrema en la región.

Nach den Angriffen der Bundesbehörden organisierte die Gemeinschaft von Santa María de Ostula jene Mitglieder der mexikanischen Armee, welche bei den Einsätzen mitgemacht hatten und hielt diese fest. Es sollte davor gewarnt werden, dass diese Region sich zur Zeit in einem extremen Zustand der Anspannung befindet.

Schon während des Einsatzes verbreiteten sich Informationen über den Vorfall im Netz. Fotos verwundeter Kinder zusammen mit den Anschuldigungen gegen die Armee verbreiteten sich rasant. César Vázquez von der unabhängigen Nachrichtenseite Revolución 3.0 [6] schrieb:

“Al escuchar el escándalo que se generó después de la agresión niños se asomaron desde las ventanas de sus casas llamados por la curiosidad, los cobardes elementos del Ejército Mexicano les dispararon a mansalva”, asegura testigo que presenció la escena.
El resto de los niños tienen balas incrustadas en el vientre, en los pies y en varias partes de sus cuerpos, aunque no estaban asomados por las ventanas […] las [casas] de madera no fueron capaces de detener las balas de loe elementos castrenses, por eso se reportan infantes heridos y asesinados.

“Durch den ganzen Aufruhr während der Angriffe sahen einige Kinder vor Neugierde aus den Fenstern. Die Feiglinge der mexikanischen Armee haben offen auf sie geschossen,” berichtet ein Zeuge der Szene.
Die restlichen Kinder haben Kugeln in ihren Bäuchen, Füßen und in anderen Stellen ihres Körpers, obwohl sie gar nicht aus den Fenstern sahen […]. Die Holzhäuser waren nicht in der Lage, den Kugelhagel der Soldaten zu stoppen, deshalb gibt es Berichte über verletzte und getötete Kinder.

Dieselbe Nachrichtenseite berichtet auch, dass José Luis Arteaga Olivares, der Bürgermeister von Aquila, die Angriffe der mexikanischen Armee [7] während des Einsatzes verurteilte. Der Bürgermeister bat um Hilfe und gab an, dass die Armee “unsere Leute töten” würde:

Ya nos están matando a la gente, el Ejercito; me lleno de impotencia por la forma en que matan a su pueblo. Ojalá puedan hacer algo, ocupamos ambulancias hay muchos heridos.

Sie töten bereits die Menschen, die Armee; Die Art, wie sie ihre eigenen Leute ermorden, macht mich hilflos. Hoffentlich kann etwas getan werden, wir brauchen Krankenwagen, es gibt viele Verletzte.

Auf Twitter wurde der Hashtag #Ostula in nur wenigen Stunden zu einem weltweiten Trendthema. Die meisten Reaktionen waren Ablehnung, Abscheu und Verzweiflung.

#Ostula, ein Paradies an natürlichen Ressourcen, wurde von jener Armee angegriffen, die es eigentlich verteidigen sollten.

Ein Verbrechen gegen Menschenrechte in Ostula, dieses Mal durch die mexikanische Armee verübt. Die Opfer: Ein ermordeter Junge und zwei verletzte Kinder.

Er ist nicht gestorben, er wurde durch die mexikanische Armee ermordet.

Wenn der Staat die Kugeln hat und wir die Toten, dann sind das keine Konflikte sondern Exekutionen.

Einige fragten sich, was wohl die offizielle Version des Vorfalles sein würde:

Werden sie wieder die Geschichte mit dem Kreuzfeuer auspacken?

Andere widerum hoben den Mangel an Berichterstattung durch die traditionellen Medien hervor, da zur selben Zeit als sich die Nachricht in den sozialen Netzwerken verbreite, das Golf Cup-Fußballspiel Mexiko gegen Costa Rica gezeigt wurde:

ACHTUNG: Während wir uns alle das Spiel ansehen, greifen Soldaten in Michoacán die indigene Bevölkerung von Ostula an.

Können wir jetzt wo das Spiel vorbei ist unsere verdammte Aufmerksamkeit nach Ostula wenden. Beschämend! Eine weitere Menschenrechtsklage.

Über die Anzahl toter Zivilisten wurden keine offiziellen Angaben gemacht, die Regierung hat jedoch die Verhaftung [20] des Anführers Cemeí Verdia bestätigt, der angeblich das Bundesgesetz gegen Feuerwaffen und Sprengstoffe verletzt haben soll.

Immer noch keine Stellungnahme zu Ostula. Schon wieder haben der [Präsident und der Innenminister] zu spät erfahren was passiert ist und reagieren nicht.

Ende 2012 und Anfang 2013 übernahmen die sogenannten Selbstverteidigungsgruppen von Michoacán die Kontrolle über mehrere Gemeinden und vertrieben kriminelle Organisationen wie zum Beispiel die ‘Templar Knights’. Aquila ist eine der Gemeinden, welche an Michoacáns pazifische Küstenlinie grenzt – einem Areal, welches von diesem Kartell und anderen Dorgenorganisationen dazu benutzt wurde, Drogenschiffe mit Kokain aus Südamerika zu empfangen.

Hier ein Video (mit englischen Untertiteln) für eingehendere Informationen zur Situation in der Gemeinschaft von Ostula und ihre Beteiligung in der Selbstverteidigungsbewegung – von Los Tejemedios: