Moskauer Straßenmusikanten kleben ihre Münder zu, um gegen Polizeidruck zu protestieren

Single-person protest by a street musician on Arbat, Moscow, on July 2. Photo from Oleg Mokryakov on Facebook.

Einpersonen-Demonstration eines Straßenmusikanten am 2. Juli auf dem Moskauer Arbat. Foto: Oleg Mokryakow, via Facebook.

Der im Moskauer Zentrum gelegene Arbat ist für seine Touristenattraktionen bekannt, wie Souvenierläden, Kunsthandwerker, russische Restaurants und das unverzichtbare Starbucks. Selbstverständlich ist die Atmosphäre auch den Straßenmusikanten und anderen Darstellern zu verdanken, die in der Fußgängerzone Scharen von Besuchern anziehen. Jetzt protestieren diese Leute für das Recht, ihre Kunst dort aufführen zu dürfen.

Wer am 28. Juni auf dem Arbat spazieren gegangen ist, konnte eine Gruppe von ungefähr 40 protestierenden Musikern beobachten. Am 2. Juli gab es acht einzelne Musiker und andere Künstler, die mit ihren Instrumenten, ihren Geldschalen, mit zugeklebten Mündern und mit Händen, die durch Klebeband gefesselt waren, demonstrierten und dadruch symbolisierten, dass “sie zum Verstummen gebracht worden sind”. In den sozialen Medien haben viele RuNet-Nutzer diese Proteste dokumentiert.

Auf dem Arbat haben sich einzelne Musiker postiert, um gegen illegale Verhaftungen durch die Polizei zu demonstrieren.

Die spürbar gestiegene Anzahl von Verhaftungen und Geldstrafen, die nach Auffassung der Protestierenden keinerlei rechtliche Grundlage haben, ist der stärkste Antrieb für ihre Aktionen. Oleg Mokryakow, einer der Sprecher der auf dem Arbat spielenden Musiker, schrieb bei Facebook,  dass die Musiker mit ihren Aktionen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Stadtverwaltung auf dieses Thema lenken wollen. Mokryakow, der sein Profil bei Facebook nutzt, um in ganz Moskau die Verhaftungen zu dokumentieren, postete eine Handvoll Fotos von den Protesten.

Полиция бросается на артистов, отвозит их в отделения, конфисковывает инструменты, выписывает повестки в суды, которые приговаривают их к огромным штрафам по разнообразным статьям, на какую только хватит фантазии (обычно 10000 рублей за устройство несанкционированного собрания зрителей).

Die Polizei greift Künstler an, nimmt sie mit auf die Wache, beschlagnahmt ihre Instrumente und gibt ihnen gerichtliche Zahlungsaufforderungen mit. Die Gerichte legen hohe Geldstrafen fest und beziehen sich dabei auf mehrere Paragrafen; je nachdem, wie viel Fantasie sie haben (normalerweise 10.000 Rubel für das Organisieren einer nicht genehmigten Publikumsveranstaltung).

Mokryakow verspricht, die Proteste werden fortgesetzt und künftig “noch kreativer” sein, bis diejenigen, die ihre Macht missbrauchen, zur Rechenschaft gezogen worden sind.

Der Organisator des Postenstehens, Oleg Mokryakov, erzählt von den Versprechungen des stellvertretenden Amtschefs Kapkov [früher Leiter des Moskauer Kulturdezernats] bezüglich der Legalisierung von Straßenmusik.

Die Einwohner Moskaus scheinen mit der Sache der Künstler zu sympathisieren, wie man sowohl aus der Presse als auch aus den Onlinemedien ersehen kann. Der Journalist Yuri Saprykin erzählte gegenüber Echo Moskau, dass er Straßenkünstler als “natürlichen Schmuck des städtischen Erscheinungsbildes” betrachtet. Er ergänzte: “Laute Musik auf den Straßen ist kein Grund für Verhaftungen”.

Die Musiker auf dem Arbat haben etwas dagegen, vertrieben zu werden. Und sie haben Recht. Ohne Musik ist der Arbat ein Nichts.

Andere Twitter-Nutzer stellen die einhellige Unterstützung der Straßenmusikanten in Frage und wollen wissen, warum man sie anders behandeln sollte.

Sind das die gleichen Musiker und Künstler, die keine Steuern bezahlen? Vielleicht ist das der Grund [für Verhaftungen]?

Während die Musiker vom Arbat schwören, ihren Kampf fortzusetzen, haben die Moskauer Verantwortlichen nach den ersten Protesten anscheinend reagiert. Alexander Kibowski, Chef des Moskauer Kulturdezernats, sprach von der Idee eines Systems von Lizenzen für Straßenkünstler, berichtet Slon. Diese Lizenzen, die gegenwärtig vom Dezernat und einer Arbeitsgruppe der Moskauer Duma konzeptioniert werden, würden es erlauben, die Musiker gleichmäßig über die Verwaltungsbezirke der Stadt zu verteilen. Die für die Lizenzen eingenommenen Gelder würden in den Haushalt der Stadt fließen. Bis jetzt ist noch unklar, wie das vorgeschlagene System von Lizenzen funktionieren soll und ob es die Bedrohungen durch außerhalb des Gesetzes erfolgende Verhaftungen vermindern könnte.

Der inoffizielle Anführer der Proteste, Oleg Mokryakov applaudierte den Verantwortlichen der Stadt für ihre Entscheidung, auf die Forderungen der Künstler einzugehen. Er hob aber auch den weiter andauernden und gegen sie gerichteten Polizeidruck hervor. So seien genau an dem Tag, an dem die Beamten der Stadt die Notlage der Künstler diskutierten, mehrere Musiker in verschiedenen Teilen Moskaus verhaftet worden.

Мы не примем подачек в виде разговоров о “диалоге”!
Мы требуем, чтобы полиция перестала приставать к музыкантам, художникам и другим представителям уличного искусства, выполняя уже существующие законы, уважая конституционные свободы.

Wir werden keine bloßen Handreichungen in Form von Diskussionen über einen Dialog akzeptieren! Wir fordern, dass die Polizei damit aufhört Musiker, Künstler und andere Vertreter der Straßenkunst zu schikanieren. Wir fordern die Einhaltung bestehender Gesetze und Respekt vor den in der Verfassung garantierten Freiheitsrechten.

Einpersonen-Demonstration auf dem Arbat. Auf dem Schild sthet “Polizei: Hände weg von der Straßenmusik!” Foto: Oleg Mokryakow, via Facebook.

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