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Inmitten des großen Erdbebenentraumas feiern Nepalesen beispiellose Erfolge der Naturerhaltung

Kategorien: Südasien, Nepal, Bürgermedien, Good News, Katastrophe, Menschenrechte, Regierung
Nepal's Chitwan National Park is home to the second largest population of one-horned rhinoceros. Image by Sanjib Chaudhury [1]

In Nepals Chitwan National Park lebt die zweitgrößte einhörnige Nashornart (Rhinoceros unicornis), einer bedrohten Art. Foto von Sanjib Chaudhary.

Inmitten der überall herrschenden schweren Stimmung und bei aller Tragik, die das Erdbeben vom 25. April [2] mit sich brachte, bei dem 8.000 Menschen ums Leben kamen und das bei Millionen weiteren Verwüstungen angerichtet hat, gibt es bei den Naturschützern Nepals Anlass zum Feiern. Die Zählung der Nashornbestände, die dieses Jahr durchgeführt wurde, ergab einen fast unglaublichen Erfolg [3], was die Erhaltung der einhörnigen Nashornarten betrifft: In Nepal wurden 645 Individuen dieser Spezies gezählt, was einer Steigerung um 21 Prozent entspricht im Vergleich zur Zählung, die vor vier Jahren vorgenommen worden war.

Die Naturschutzorganisation WWF UK postete diesen Tweet:

Super Nachrichten! Anzahl der Nashörner in Nepal um 21 % gestiegen. Und erneut 365 Tage verstrichen mit Null gewilderten Nashörnern #EndWildlifeCrime [4]pic.twitter.com/xKmgjxPqAa [5]

— WWF UK (@wwf_uk) May 5, 2015 [6]

Nach mittlerweile drei Jahren, in denen kein einziges Nashorn mehr illegal gejagt wurde, sind die Bestände dieser Art im Chitwan National Park auf 605 Individuen gewachsen; auf 29 im Bardia National Park, acht im Shuklaphanta Naturreservat und drei im Parsa Naturreservat.

#Rhino [7] Zählung im Land beendet. Nepal hat 645 wilde Nashörner (Chitwan 605, Bardia 29, Shukla 8 und Parsa 3).
111 Nashörner in 4 Jahren dazu gekommen #fb [8]

— बाघ हेरालो (@_BabuG) May 5, 2015 [9]

Hörner der Tiere und die Nashorn-Zählung

Die größere Spezies dieses einhörnigen Nashorns, auch Indisches Nashorn [10]genannt, wiegt bis zu 2,2 Tonnen und wird vor allem wegen seiner beliebten Hörner gewildert. Vom Horn wird angenommen, dass es aphrodisierende und heilende Wirkung hat, weswegen es auf asiatischen Märkten hoch geschätzt ist. Abgesehen davon werden aus dem Horn im Nahen Osten auch Dolchgriffe hergestellt [11].

In alten Zeiten glaubten die Perser, dass Gefäße, die aus dem Horn gefertigt wurden, Gift in Flüssigkeiten zum Vorschein bringen könnten – dasselbe wurde in den Königshäusern Europas angenommen. Die Vietnamesen wiederum glauben, dass die Hörner in pulverisierter Form krebsheilende Eigenschaften besitzen. [12]Und junge Leute gebrauchen die Substanz als Kokain-ähnliche Partydroge.

Doch trotz dieser starken Nachfrage und der konstanten Bedrohung durch Wilderer resultierten die nepalesischen Bemühungen zur Bestandserhaltung in einer Erholung der Population: Seinerzeit, im Jahr 1966, hatte man mit nur noch 100 lebenden Individuen begonnen.

Die Zählung der Nashörner, wesentliche Grundlage für die Arbeit der Bestandserhaltung, wird von der Regierungsabteilung für Nationalparks und Schutz der Wildbestände durchgeführt, gemeinsam mit dem Forstamt und Naturschutzorganisationen.

Die Zählung [13]selbst ist eine anstrengende Arbeit. Sie wird in einer weitläufigen Aktion durchgeführt, bei der eigens trainierte Wildbeobachter gemeinsam mit Angehörigen der nepalesischen Armee auf Elefanten reitend das Gelände durchstreifen. Systematisch wird das Habitat der Nashörner dabei durchkämmt. Und auf speziellen Datenblättern werden individuelle Angaben zu den einzelnen Tieren registriert wie Geschlecht, geschätztes Alter, individuelle, unverwechselbare Merkmale sowie wird deren exakte Position mit GPS (Globales Positionsbestimmungssystem) erfasst: Größe und Form der Hörner, Struktur der Nacken- und Rumpffalten und sonstige körperliche Merkmale.

Weitere Gründe, um Erfolge der Bestandserhaltung zu feiern

Ein in freier Wildbahn lebendes Yak, das von Forschern aus Limi gesichtet wurde, in der Region Humla im westlichen Nepal, hat ebenfalls für freudige Überraschung gesorgt. Man hatte bis dato angenommen, dass diese Spezies bis auf wenige verbliebene Restexemplare in China und Indien bereits ausgestorben sei. Nun wurde ein Tier dieser Art zum ersten Mal seit über 50 Jahren wieder im Land gesehen [14].

Kashish Das Shrestha, ein Berater in Fragen der nachhaltigen Entwicklung, twitterte:

Wildes #Yak [15], in Nepal seit 1970 für ausgestorben gehalten, wurde in der Region Humla gesehen, Juni 2014 (News gestern publiziert) pic.twitter.com/ZCUwksiNN3 [17]

— Kashish Das Shrestha (@kashishds) April 21, 2015 [18]

Laut kürzlich publizierten Studien galt diese Spezies, die einst in großen Populationen im gesamten tibetanischen Hochland lebte, in Nepal und Bhutan als ausgestorben. Diese Tiere, die größer sind als ihre domestizierten Artgenossen, wiegen zwischen 500 und 550 Kilogramm.

Zusätzlich zu dieser Meldung entdeckten Ornithologen im vergangenen Monat während einer Nesterzählung auch noch zwei neue Vogelarten [19] in Nepals Chitwan National Park und dessen Umgebung. Während eine dieser neu entdeckten Vogelarten der Familie des Rotkehlchens angehört, ist die andere eine besonders seltene Vogelart: Es handelt sich hier um den Kaschmir-Fliegenschnäpper (Kashmir Ajurnak). Im Chitwan National Park leben 24 der weltweit 36 bedrohten Vogelarten der Erde [20].

Während also Nepal von seinem Trauma und seinem Schmerz nach dem großen Erdbeben wieder zu Kräften kommt, könnten gerade diese Erfolge der Bestandserhaltung seiner Natur Licht zurückbringen in die Düsternis. Solche Gewinne inmitten aller Härten sind offenbar eine mächtige Inspiration für die Nepalesen beim Wiederaufbau des Landes und bei ihrer eigenen Erholung.

Wie Menschen die Erdbeben in Nepal erlebt haben und wie sie damit umgehen berichten wir in unserem Dossier Erdbeben in Nepal: Trauer, Angst und Wiederaufbau [2].