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Russischer Politiker der Opposition Boris Nemtsov in Moskow erschossen

Kategorien: Ost- und Zentraleuropa, Russland, Aktuelle Meldungen, Bürgermedien, Politik, RuNet Echo
Boris Nemtsov at a rally in support of prisoners of the Bolotnaya square case, 21 February 2014. Photo by Ilya Schurov. CC BY 2.0 via Wikimedia Commons

Boris Nemtsov während einer Kundgebung für die Angeklagten der Bolotnaja-Prozesse, 21.Februar 2014. Foto von Ilya Schurov. CC BY 2.0 via Wikimedia Commons [1]

Boris Nemtsov, ehemaliger russischer Vizeministerpräsident, prominenter Politiker der Opposition und einer der schärfsten Putin Kritiker wurde in Moskau erschossen. Der Mord passierte in Moskaus Innenstadt auf einer Brücke südlich des Roten Platzes und nur wenige Schritte vom Kreml entfernt.

Ilya Yashin [2], ebenfalls Politiker der Opposition, bestätigte als Erster Nemtsovs Tod über Twitter.

Nemtsov wurde angeschossen. Er ist tot.

Journalisten und Aktivisten waren die ersten am Ort des Geschehens.

Hier ein Foto unseres Reporters von der Bolshoy Kamenny Brücke, wo Boris Nemtsov erschossen wurde.

Einige Stunden vor seinem Tod erschien Nemtsov noch in der Ekho Mosvky Radiostation [6] um einen Sonntagsmarsch anzukündigen, den er mit einigen weiteren Oppositionsmitgliedern führen sollte, um gegen die Haltung des Kremls zur Krise in Russland und den Konflikt in der Ukraine zu protestieren.

Die Nachricht des tragischen Ereignisses löste bei vielen im RuNet Netzwerk Schock und Trauer aus. Kollegen aus der Politik, Journalisten und Kommentatoren wünschten Beileid und teilten Erinnerungen an Nemtsov. Einige äußerten sich auch zu möglichen Motiven für die Ermordung.

Am Sonntag findet ein Protestmarsch der Opposition statt. Navalny sitzt im Gefängnis damit er ihn verpasst. Dann haben sie auch noch Nemtsov erschossen.

Sie haben nicht nur ein Mitglied der Opposition ermordet, sondern auch den ehemaligen Vizeministerpräsidenten.

Die Journalistin und Mitglied der Opposition Ksenia Sobchak teilt ihre Erinnerungen an Nemtsov.

Ich kannte ihn gut und habe ihn sehr geschätzt. Er liebte das Leben, war ein echter Demokrat und eine sehr anständige Person.

Sergey Parkhomenko, Abgeordneter der Opposition im Parlament und Journalist, glaubt die Intoleranz der Staatspropaganda sei zumindest Teilschuld an diesem tragischen Ereignis.

Das war offensichtlich ein politischer Auftragsmord. Auch wenn es kein Auftragsmord war, war die Ermordung doch das Ergebnis der Hasspropaganda unserer Regierung.

Hat wirklich jemand geglaubt, dieser hysterische Wahn, den die Staatspropaganda jetzt schon seit einem Jahr hervorbringt würde sich einfach in Luft auflösen?

Führer der Opposition, Garry Kasparov, lebt im Ausland und twitterte ebenfalls seine Beileidsbekundung.

Ich bin zutiefst traurig von der brutalen Ermordung meines langjährigen Kollegen in der Opposition, Boris Nemtsov, zu hören. Er wurde viermal erschossen, jede Kugel steht für eines der Kinder, die er zurücklässt.

Genauso bestürzt war auch Michael McFaul, amerikanischer Botschafter in Russland.

Nemtsov war ein wahrer Patriot. Er glaubte an die Größe Russlands. Ich weine für seine Familie & für das Land, welches er so liebte.

Vladimir Putin soll angeblich gesagt haben [14], dass Nemtsovs Tod alle Anzeichen eines Auftragsmordes trägt und die Ermordung dazu gedient haben soll, Unruhen heraufzubeschwören oder dem Ruf des Kreml Schaden zuzufügen. Sein Pressesekretär ließ mitteilen, dass Putin persönlich die Spitze der Ermittlungsbehörde, des Sicherheitsdienstes und des Ministeriums für Innere Angelegenheiten einberufen hat, um den Mord zu untersuchen. Weitere politische Kräfte, darunter die Mitglieder der russischen Kommunistenpartei und LDPR [15] nannten die Ermordung ebenfalls eine Provokation, die darauf abzielen würde, die politische Situation weiter zu destabilisieren und anti-russische Sentiments [16] zu verstärken.”

Vor etwa zwei Wochen gestand Nemtsov in einem Interview [17] mit Sobesednik.ru, seine Mutter würde um sein Leben fürchten und hätte Angst, Putin würde ihn ermorden lassen (Nemtsov sagte damals, er sei nicht so verängstigt wie seine Mutter). Sein Kollege Ilya Yashin berichtete, Nemtsov hätte an einem Bericht [18] über die Beteiligung des russischen Militärs im Konflikt in der Ukraine gearbeitet. Der Anwalt von Nemtsov, Vadim Prokhorov, teilte mit [18], dass der Politiker kürzlich Todesdrohungen über die sozialen Medien erhalten hätte.

Nachdem die Polizei den Leichnam vor Ort entfernt hatte, brachten die Bewohner Moskaus Blumen zur Brücke.

Hier die ersten Blumen. Und direkt daneben eine Blutlache direkt auf dem Gehsteig.

Die Organisatoren des Protestmarsches am ersten März ließen bereits verkünden [21], dass sie den Marsch abgesagt haben und stattdessen eine Gedenkfeier in Moskaus Innenstadt stattfinden soll. Es gibt bereits Pläne dafür bei der Stadtverwaltung um eine Genehmigung anzusuchen, obwohl das Büro des Bürgermeisters in der Vergangenheit in solchen Fällen nicht gerade hilfsbereit war.