Dieser Beitrag ist im Original bereits am 14. Februar 2014 erschienen.
Der 11. Februar 2014 markiert den dritten Jahrestag der Revolution im Jemen, die den ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh nach 33 Jahren im Amt zu Fall brachte. Nur einen Tag zuvor, am 10. Februar, hat der amtierende Präsident Abdu Rabu Mansour Hadi der Einrichtung eines Bundesstaates, geteilt in sechs Regionen, zugestimmt. Diese Entscheidung basiert auf der Empfehlung des Nationalen Dialogs für die Organisation der Übergangspolitik und wurde nach der Konsultation eines “Komitees zur Einteilung der Regionen” getroffen.
Nadia Al-Sakkaf, eine Aktivistin, Mitglied des Nationalen Dialogs und Chefredakteurin der Yemen Times, twittert:
Just came out from #NDC‘s Presidential Regions Defining Committee. It's decided! #Federal Republic of #Yemen will be six regions!!
— Nadia Sakkaf (@NadiaSakkaf) February 2, 2014
Komme gerade aus dem Komitee zur Einteilung der Regionen der #NDC (Nationaler Dialog Konferenz). Es ist beschlossen! Der #Bundesstaat #Jemen wird aus sechs Regionen bestehen!!
Das Bundessystem wurde als Gegenmaßnahme zur fehlerhaften Zentralregierung gewählt und um dem Süden mehr Autonomie zu verleihen, während die Einheit Jemens bestehen bleibt. Jemens Regierungsparteien waren sich uneinig über die Anzahl der Regionen – entweder zwei oder sechs. Von den Repräsentanten aus dem Süden wurde eine Nord-Süd-Teilung vorgeschlagen, diese wurde aber abgelehnt aus Angst dies könnte einer Abspaltung des Südens Tür und Tor öffnen. Die festgelegten sechs Regionen beinhalten vier im Norden – Azal, Saba, Janad und Tihama – und zwei im Süden – Aden und Hadhramaut.
Vorgeschlagene Aufteilung der Provinzen auf die neuen Regionen
Die Region Azal würde aus den Provinzen Dhamar, Amran und Saada bestehen. Die Hauptstadt Sanaa liegt zwar im Gebiet von Azal, wird jedoch ein eigener Bundesstaat und steht nicht unter der Kontrolle der Regionalregierung. Aden würde zur Hauptstadt des ehemaligen Süden werden, zusammen mit den Provinzen Abyan, Lahidsch und Ad-Dali. Die südöstliche Region Hadhramaut würde die Provinzen Al-Mahra, Schabwa und die Insel Sokotra beinhalten. Die Region Saba besteht aus Al-Baida, Marib and Al-Dschauf. Die Region Janad aus Taizz and Ibb und die Region Tahama verleibt sich Al-Hudaida, Raima, Al-Mahwit and Haddscha ein.
Yemen_updates twittert einen Link der neuen Aufteilung:
#Yemen‘s new federal map- English pic.twitter.com/n4OWD0XnIz
— Yemen Updates (@yemen_updates) February 10, 2014
Ein Plan des neuen Bundesstaats #Jemen auf Englisch.
Sowohl von jemenitischer Seite als auch unter den Arabern gab es viele Reaktionen für und auch gegen diese Entscheidung. Der jemenitische Jungaktivist Jamal Badr twittert scherzhaft einen Ausschnitt aus einer berühmten ägyptischen Komödie:
المهم مش #اليمن بخير … #سعيد_صالح :D pic.twitter.com/XU1bG59rN5
— Jamal Badr (@JamalBadr) February 11, 2014
Ist Jemen nicht großartig? Ja, jede Region ist super, aber für sich alleine.
Farea Almuslimi missbilligt die Hast, mit der die Entscheidung beschlossen wurde und schreibt:
استغرق والدي واعمامي تقسيم الارض التي وروثوها من جدي ( القليلة جدا) وقت وتفكير اكثر واطول من الذي استخدم لتحديد شكل وعدد الاقاليم في #اليمن
— Farea Al-muslimi (@almuslimi) February 11, 2014
Mein Vater und meine Onkel haben länger gebraucht das (kleine) Land, das sie von meinem Großvater geerbt haben, unter sich aufzuteilen, als Zeit aufgewendet wurde, das Ausmaß und die Anzahl der Regionen im Jemen zu bestimmen.
Der Ägypter Mahmud Abdel Kader ist ein visueller Künstler und Filmemacher. Er kommentiert:
محدش بيقول إن الإمارات متقسمة لإنها فيدرالية … ده عشان فكرة الفيدرالية انها تجمع مش تقسم اللى حصل فى اليمن تقسيم مش تجميع
— عبقادر (@MKadr) February 11, 2014
Niemand weist darauf hin, dass die Vereinten Arabischen Emirate geteilter Meinung sind, weil sie in Bundesstaaten unterteilt sind… Die Grundidee des Föderalismus besteht darin, hinzuzufügen nicht aufzuteilen. Was im Jemen passiert ist, ist eine Teilung und keine Zusammenführung.
Lebanese Karl Sharro twittert sarkastisch:
Yemen has just become a federal republic of six regions. Amateurs. Lebanon is a federal republic of four million regions.
— Karl Sharro (@KarlreMarks) February 10, 2014
Der Jemen wurde gerade zu einem Bundesstaat, geteilt in sechs Regionen. Amateure. Der Libanon ist eine Bundesrepublik mit vier Millionen Regionen.
Noch immer geistern viele Fragen in den Köpfen der Menschen herum. Sam Waddah stellt einige davon auf Facebook:
Major question marks remain on dividing power, authority, duties between regions and central state, defining the new system, how local governments will be elected, etc. Tentatively federal system is a good one but it's too early to tell here and by leaving these issues undefined I think Hadi and the regions defining committee are putting the cart before the horse!
Viele Fragen bleiben noch offen über die Aufteilung der Macht, Autorität und Aufgabenbereiche zwischen den Regionen und der Zentralregierung (in Sanaa). Wie wird das neue System definiert, wie werden die Regierungen gewählt und so weiter? Vorläufig scheint das Föderalsystem einige gute Lösung zu sein, aber es ist noch zu früh um das zu beurteilen. Dadurch, dass diese Aspekte noch undefiniert gelassen wurden, haben Hadi und das Kommittee zur Einteilung der Regionen das Pferd von hinten aufgezäumt!
Adam Baron fragt sich ebenfalls:
Main issue isn’t what #yemen’s federal regions are but what they will do. Divisions of powers/governance duties in new system still unclear.
— Adam Baron (@adammbaron) February 10, 2014
Das Hauptproblem ist nicht wie die Regionen im Bundesstaat #Jemen aufgeteilt sind, sondern was ihre Aufgaben sein werden. Die Aufteilung der Macht/Regierungsaufgaben im neuen System sind immer noch nicht definiert.
Nadia Al-Sakkaf gibt in ihrem Artikel in der Yemen Times etwas Aufschluss über das neue Bundessystem:
The relationship between the regions and the federal government will be written into the constitution. The details will be defined in a Federal Regions Law after the constitution has been approved via a national referendum, expected to take place three months after the creation of the Constitutional Drafting Committee. Each region will have the autonomy to devise its own regional laws to define the relationship among its various states.
Das Verhältnis zwischen den Regionen und der Bundesregierung wird in der Konstitution festgehalten. Die Details werden durch ein Bundesgesetz definiert, nachdem die Konstitution durch ein Nationales Referendum befürwortet wurde. Das Referendum soll drei Monate nach der Einberufung des Konstitutionskomitees stattfinden. Jede Region wird freie Handlungsgewalt über die Ausformulierung ihrer Bundesgesetze haben, diese setzen wiederum das Verhältnis zwischen den einzelnen Regionen fest.
Am 11. Februar, drei Jahre nach der Revolution, fanden sich die Jemeniten wieder auf den Straßen, jedoch aus unterschiedlichen Gründen. Ein Teil feierte den Jahrestag der Revolution, die die Welt mit ihrer Macht und Friedlichkeit beeindruckte, während andere gegen die Korruption der Regierung und für das längst überfällige Einlösen der Forderungen der Revolution demonstrierten.
Die Aktivistin Majda Al-Hadad steht an der Spitze der Kampagne gegen die andauernden Stromausfälle, verursacht durch die Regierung. Sie twittert:
لاحاجة لان اعدد اسباب خروجي غدا, فلايوجد ماهو ايجابي ليجعلني اتردد. لاحفوف لاكرامة لاقانون لاعدل ولا وجود للحكومة الا بالفساد والظلم.#اليمن
— Majda Al-haddad (@meMajda) February 10, 2014
Es ist nicht nötig, hier Gründe für mich aufzuzählen, morgen zu feiern. Es gibt nichts Positives, das mich umstimmen könnte. Keine Rechte, keine Würde, keine Gesetze, keine Gerechtigkeit und keine andere spürbare Präsenz der Regierung, als Korruption und Ungerechtigkeit.
Der Journalist Khaled Al-Hammadi twittert:
3rd. anniv. of #Yemen revolution marked with 3 rallies in #Sanaa 1st anti govt 2nd anti public prosecutor & 3rd anti keeping youth in prison
— Khaled al-Hammadi (@KhaledHammadi) February 11, 2014
Der dritte Jahrestag der Revolution im #Jemen wird mit drei Kundgebungen in #Sanaa begangen. Die Erste ist gegen die Regierung, die Zweite ist gegen den Staatsanwalt und die Dritte gegen das Festhalten der Jugend im Gefängnis.
Demonstranten auf den Straßen von Sanaa rufen “Die Bevölkerung will auch die Korruption stürzen!“, “Die Menschen wollen den Sturz der Regierung!“, “Das ist der Beginn einer neuen Revolution!“, “Oh, du Regierung der Korruption, verlasse das Land!“
(Video von Ridan Bahran)
Akram Alodini spricht vor allem über die politische Teilung in seinem Tweet:
الصباح المظاهرات لجمهورية السبعين والاستاذ الرياضي,بعد العصر لجمهورية الستين، والمواطن في #اليمن لاحول له ولاقوة pic.twitter.com/XCvsI1skFq
— اكرم احمد العديني (@AkramAlodini) February 11, 2014
Am Morgen finden Demonstrationen gegen die Republic Sabeen und das Sportstadium statt, am Nachmittag gegen die Republic Seteen, und die Bürger sind hilflos.
Der Anwalt Haykal Bafanaa fragt sich, wie korrupte Politiker die Korruption bekämpfen wollen:
How is corruption to be tackled in #Yemen by politicians, when all political parties and actors are equally tainted?
— هيكل بافنع (@BaFana3) February 12, 2014
Wie soll die Korruption im #Jemen bekämpft werden, wenn die Politiker, die das vorhaben, sowie die Parteien und ihre Mitwirkenden genauso verdorben sind?
Atiaf Al-Wazir ist Wissenschaftler, Aktivist und Blogger. Er schreibt:
@supportYemen‘s 1st video on #Yemen‘s revolution made in Sept 2011 http://t.co/eL8rhIyXq3 – same demands continue. #Yemen
— Atiaf Alwazir (@WomanfromYemen) February 11, 2014
@supportYemens erstes Video zur Revolution im #Jemen vom September 2011 – die selben Forderungen stehen noch.
Dieses Video von SupportYemen erinnert, für was die Revolution stand und was es noch zu erreichen gilt:
Und, so schreibt Rooj Al-Wazir, einige der jungen Revolutionäre sitzen, drei Jahre später, immer noch hinter Gittern:
Dozens of revolutionary youth still behind bars on 3rd anniversary of #Yemen’s uprising http://t.co/E2cT6t5tWa via @theyementimes
— Rooj (@Rooj129) February 11, 2014
Am dritten Jahrestag der Revolution im #Jemen sitzen dutzende junge Revolutionäre immer noch hinter Gittern.
Der Journalist Benjamin Wiacek twittert entäuscht. Ein Gefühl, dass viele der jungen Revolutionäre mit ihm teilen:
3 years ago we had faith, hope and we were walking towards change… That was 3 years ago… #Yemen #revolution #statusquo #depressed
— Benjamin Wiacek (@Nefermaat) February 11, 2014
Vor drei Jahren hatten wir Glaube, Hoffnung und gingen auf Veränderung zu… Das war vor drei Jahren…
Die Journalistin Iona Craig, die seit 2011 im Jemen lebt und genauso wie der Rest der Jemeniten unter den ständigen und langwierigen Stromausfällen leidet, schreibt:
On the 3rd anniversary of #Yemen‘s revolution probably the most fitting reminder of 2011 is the current power cut. #nothingchanges
— Iona Craig أيونا (@ionacraig) February 11, 2014
Am dritten Jahrestag der Revolution im #Jemen sind die derzeitigen Stromausfälle wohl die passendste Erinnerung an 2011.
Für viele Jemeniten änderte sich nichts in ihrem Alltag – ganz im Gegenteil, viele waren enttäuscht und frustriert durch weitere Verschlechterungen. Auf eine Frage des Journalisten Ahmed Ghurab, gepostet auf Facebook: “Eurer Meinung nach, wie haben sich die Lebensbedingungen des durchschnittlichen Bürgers in den letzten drei Jahren nach dem Ausbruch der Revolution verändert?!”, beschwerten sich die meisten über den Anstieg der Preise, die anhaltenden Stromausfälle, über die Unsicherheit und Unbeständigkeit, zusammen mit dem Anstieg der Mordrate, über die Autoexplosionen, die Entführungen und das Versagen der Regierung diese Probleme anzugehen und zu bewältigen.
Nichtsdestotrotz gab es jene, welche die Erfolge der Revolution bisher feierten und Hoffnung auf mehr haben. Fotos von den Märschen im ganzen Land zur Feier des dritten Jahrestages seit dem Beginn der Revolution wurden auf Facebook und Twitter geteilt.
3rd Anniversary. #arabspring #February11 #yemen pic.twitter.com/3DxCLgKyjZ
— Anwar Muthana (@anwarmuthana) February 12, 2014
Dritter Jahrestag. #ArabischerFrühling #11Februar
Adam Baron, ein im Jemen lebender Journalist, twittert:
At the thawra 2.0 protest. Haven't seen change square this crowded since 2011. #yemen
— Adam Baron (@adammbaron) February 11, 2014
Bin bei den Revolution 2.0-Protesten. Habe den Platz der Befreiung seit 2011 nicht mehr so voll gesehen.
Nadia Abdullah, Aktivistin, Fotografin und Mitglied des Nationalen Dialoges hat Fotos der Märsche in Sanaa auf Facebook geteilt.
Baraa Shiban, Jungaktivist und ebenfalls Mitglied des Nationalen Dialoges, twittert eine positive Nachricht:
The Youth Peaceful Revolution like a dream came true #Yemen‘s revolution anniversary
— Baraa Shiban (@BShtwtr) February 11, 2014
Die friedliche Jugendrevolution ist wie ein wahr gewordener Traum. Zum Jahrestag der Revolution im #Jemen.
In seinem Facebook Post resümiert er, wo ihm ohne Zweifel sicher viele zustimmen werden, über die größte Errungenschaft der Revolution:
Yemen has a new generation of men and women who believe in the principals of democracy and human rights. Yemen's youth now believe in equal citizenship, women's rights and minorities. Yemen's youth today believe in achieving their demands by following the peaceful method.
Jemen hat eine neue Generation von Männern und Frauen, die an die Prinzipien von Demokratie und Menschenrechte glauben. Die Jugend im Jemen glaubt nun an gleiche Bürgerrechte, an die Rechte der Frauen und Minderheiten. Heute glaubt Jemens Jugend daran, ihre Forderungen auf friedliche Art und Weise durchsetzen zu können.
Die Revolution hält an…