Interessiert sich Japans Jugend nicht für Politik? Doch!

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Verschwindend geringe Wahlbeteiligung ist ein großes Thema in Japan. So fand beispielsweise letztens, am 17. Dezember 2014, die Wahl des japanischen Unterhauses — in welcher die Wähler an der Entscheidung, wer Premierminister werden sollte, teilhaben konnten — statt. Die Wahlbeteiligung lag dabei lediglich bei 52,66%, was dem in Japan niedrigsten Ergebnis seit Ende des zweiten Weltkriegs entspricht.

Verschiedene Faktoren spielten bei der geringen Wahlbeteiligung dieser letzten Wahl eine Rolle. Unter anderem war das Wetter in manchen Teilen des Landes so schlecht, dass es die Wähler nicht zur Abstimmung schafften. Doch es trägt noch eine weitere Tendenz zur der kleinen Anzahl an Wählern bei: Laut dem Ministerium für Innere Angelegenheiten und Kommunikation beteiligt sich die junge Generation Japans kaum an den Wahlen.

Was ist der Hauptgrund für die geringe Wahlbeteiligung der Jugend? Zum einen ist die Gruppe der jungen Wähler im Vergleich zu vergangenen Jahren eher klein; dies ist teilweise die Folge rückläufiger Geburtenraten.

Gleichzeitig heißt es, dass die japanische Bevölkerung die Politik nicht als etwas betrachtet, das in direktem Zusammenhang mit ihrem Leben steht. So zeigte beispielsweise eine jüngst durchgeführte Studie der öffentlichen Rundfunkanstalt NHK, dass junge Menschen den Wahlen misstrauen — sie glauben, dass “ihre Stimmen nichts verändern können”.

Indessen gibt es aber einige junge Leute in Japan, die zahlreiche Versuche unternommen haben, um eine Teilnahme der Jugend an der Politik anzuregen.

YouthCreate ist eine gemeinnützige Organisation, die von dem 29-jährigen Kensuke Harada angeführt wird. Harada war durch das Desinteresse an politischen Prozessen in Japan, das er bei seinen Altersgenossen beobachtete, beunruhigt. In der Konsequenz beschloss Harada gemeinsam mit seinen Freunden, die studentische Gruppe “ivote” ins Leben zu rufen.

Seither bemüht das ivote-Team sich, die Wahlbeteiligung unter den 20- bis 30-jährigen zu steigern. Um die Kampagne auch nach seinem Abschluss mit seinen Mitstreitern zusammen fortzuführen, gründete Harada YouthCreate.

Mit der Huffington Post Japan sprach Harada über den Grund für die geringe Wahlbeteiligung von Japans jüngerer Generation:

理由は色々あると思いますが、一番多いのは、選挙で何かが変わろうが、政治がどう動こうが、自分たちの生活や将来は良い方向に変わらないよね、というイメージ。その背景には、政治への不信感があると思います。政治って、自分とは遠い「向こう側」で勝手にやってて、そんなに良いものじゃないし、若い世代が声を上げたとしても数の多い高齢者世代には勝てないでしょ、という人は多いですね。

Ich glaube, es gibt mehrere Gründe [für die geringe Wahlbeteiligung in Japan]. Dennoch bemerkt man unter den Jugendlichen deutlich die allgemeine Annahme, dass sich ihr Leben durch irgendwelche Änderungen in der Politik niemals zum besseren wenden wird. Diese Einstellung hat ihren Ursprung in einem Misstrauen in die Politik. Viele junge Menschen denken, dass sich Politik automatisch “woanders” abspielt, und dass ihre relativ geringe Anzahl an Stimmen von denen der zahlreicheren älteren Generationen übertönt wird.

Harada merkte auch an, dass die jüngere Generation Japans “sich nicht vorstellen kann, was es bedeutet, wenn Politiker sagen, dass sie die boomende Wirtschaft der guten alten Zeit wieder aufleben lassen wollen”, da die Jugend das Leben in der sogenannten “Bubble Economy” nie erlebt hat.

Durch die Arbeit als Praktikant im Büro eines Mitglieds des japanischen Unterhauses, der er nach seinem Universitätsabschluss nachging, erwachte in Harada das Bedürfnis, Jugend und Politiker zusammenzubringen:

政治って大事だなって思いました。政治家、スタッフ、行政、彼らを取材するメディアを含めて、全員とはいわないけれど、地域を良くしたい、日本を良くしたいという思いがあることに気づきました。でも、そういう政治に関わっている人の思いが、若い人には伝わってなかった。[…]

これではいけないと思いました。結果として、政治は投票に行ってくれる上の世代を優先するし、若い世代は政治と自分は関係ないと思っている。[…]

若い世代と政治は敵ではないと思います。ただ、お互いのことを知らない結果、お互い相手が何を考えているのかわからないイメージになっている。若者が「どうせ政治家は何もやってくれない」といい、政治家も「若者は社会のことを何も考えていない」となるのはとてももったいないし、すごく悔しい。少しでも接点を作れば、関係性が変わってきて、日本の将来も変わるのかなと思っています

Ich fand Politik sehr wichtig, da mir klar wurde, dass viele — wenn natürlich auch nicht alle — Politiker, deren Angestellten, Sachbearbeiter, und die Medien, die sie interviewten, ihre Region sowie das gesamte Land verbessern wollten. Doch die Vision dieser Politiker erreichte die junge Generation der japanischen Wähler nicht. […]

Ich fand das nicht gut. Im Endeffekt gibt die Regierung den Stimmen der älteren Generationen, die zur Wahl gehen, den Vorrang. Die Jugend dagegen glaubt, sie habe mit der Politik nichts zu tun. […]

Ich glaube nicht, dass die Ziele der jungen Generation und der Politiker nicht vereinbar sind. Sie kennen sich nur gegenseitig nicht — sie können sich gar nicht vorstellen, was die andere Seite denkt. Es ist schade und auch ungeheuer frustrierend, wenn man von der Jugend hört, dass “die Politiker nichts für uns tun”, während die Politiker sagen, dass “die Jugend keinen Gedanken an die Gesellschaft verschwendet”. Wenn zwischen den beiden auch nur eine ganz schwache Verbindung existiert, kann ihre Beziehung sich langsam wandeln und die Zukunft Japans verändern.

Als Teil seiner Bemühungen, die Jugend dazu zu bringen, an den Wahlen teilzunehmen, legt Harada ein besonderes Augenmerk auf die jährliche “Volljährigkeits-Zeremonie”. Dort werden junge Menschen, die gerade 20 geworden sind, formell als Teil der Gesellschaft anerkannt.

In Japan liegt die untere Altersgrenze für die Wahlbeteiligung bei 20 Jahren. Aus diesem Grund ist die “Volljährigkeits-Zeremonie” eine gute Gelegenheit, die Annahme der japanischen Jugendlichen, dass die “Politik sehr weit von ihnen entfernt” sei, zu verändern.

Um den “neuen Erwachsenen” die Erfahrung zu vermitteln, wie es ist, “durch die Wahl etwas zu verändern”, startete Harada ein “Probe-Wahl”-Projekt. Im Rahmen dessen konnten die Jugendlichen die Themen wählen, die sie vom Bürgermeister während der Volljährigkeits-Zeremonie angesprochen haben wollten.

Harada und seine Organisation riefen außerdem eine “Bar der Wähler” ins Leben. Dabei handelt es sich um eine Kamapgne, die sowohl Politikern als auch der Jugend einen Raum zur Verfügung stellen soll, in dem sich beide Seiten treffen und miteinander kommunizieren können. Harada merkt an, dass die Jugendlichen Schritt für Schritt bemerken, dass Politiker “auch normale Erwachsene sind”, wenn man ihnen Gelegenheit gibt, persönlich mit ihnen zu sprechen.

特に地方で開いた時は、地元のお店や小学校の話題なんかで盛り上がる。普通なんだけど、でも、地域のことを考えている熱い大人なんだと伝わるようです。議員にも若者が真剣に将来や社会のことを考えているということがわかる。

参加する若者の半分ぐらいは投票には行っていませんが、政治に対して興味はあります。そういう若者たちを可視化して、議員に知ってもらうのも大事なことです

Als wir in abgelegeneren Gegenden die “Bar der Wähler” veranstalteten, kam es zu lebhaften Diskussionen zwischen den Jugendlichen und den Politikern. Es ging unter anderem um so weitverbreitete Themen wie Schulen und Restaurants, die beide Seiten gemeinsam haben.

Den jüngeren Japanern fällt auf, dass Politiker normale Menschen sind, aber mit großer Leidenschaft die Gesellschaft verbessern wollen. Gleichzeitig wird außerdem den Politikern bewusst, dass sich auch die jungen Leute tiefgehend mit ihrer Zukunft und der Gesellschaft auseinandersetzen.

Fast die Hälfte der jungen Leute, die an diesem Treffen teilnehmen, gehen normalerweise nicht wählen, offensichtlich sind sie aber doch an Politik interessiert. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass diese jungen Leute von den Politikern wahrgenommen werden.

Eine “Bar der Wähler” wurde in Okayama abgehalten, wo unser Anführer Harada zur Welt kam. Seit Beginn der Kampagne ist dies das 18. Treffen. Vier Lokalpolitiker und 28 Teilnehmer im Alter von Oberschülern bis hin zu jungen Erwachsenen tauchten auf. Wir hielten das Treffen am gleichen Ort ab, an dem wir zu unserer College-Zeit darauf hinarbeiteten, neues Leben in die Gemeinde zu bringen.

YouthCreate hielten im Rahmen der von ihnen veranstalteten Aktivitäten auch Workshops ab:

YouthCreates Workshop zur Vorwahl fängt gleich an!( ´ ▽ ` )ノ Ich freue mich darauf, eigenverantwortlich das Wahlprogramm jeder Partei zu lesen!!

Harada, der die positive Wirkung der Kommunikation zwischen Jugend und Politikern beobachtet hat, teilt der jüngeren Generation etwas mit: “Wir müssen den Politikern nicht nur die Wähleranzahl zeigen, sondern um wie viel engagierter und einflussreicher diese jungen Wähler sein können.”

Harada meint außerdem:

投票行っても何も変わらないというのは、間違いです。行ったら変わります。若い世代は人数が少ないから政治は動かないと思っているかもしれませんが、若者の投票率が上がったり、自分の政党に若者の支持が集まったりということになれば、票数は少ないかもしれませんが、動き自体に力がある。[…]今、投票して声を上げておかないと、10年後に何もしなかったと思うことになるのは、悔しくないですか? 僕が投票する理由の一番は、後悔するのが嫌だからです

Es ist ein Fehler, zu glauben, dass Wahlen nichts verändern. Wenn ihr wählen geht, wird sich etwas ändern. Ihr habt bisher vielleicht geglaubt, dass die vergleichsweise geringe Anzahl an jüngeren Wählern die Politik nicht beeinflussen kann. Aber wenn die Wahlbeteiligung unter jungen Leuten steigt, oder wenn Politiker eine steigende Anzahl an jungen Wählern bemerken, dann kann sich etwas ändern. […] Wäre es nicht schade, in zehn Jahren sagen zu müssen “Ich hätte damals etwas tun sollen”? Darum gehe ich wählen — ich will hinterher nicht das bereuen, was ich nicht getan habe.

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