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Das Golf Zentrum für Menschenrechte (Gulf Centre for Human Rights/ GCHR) ist eine unabhängige, gemeinnützige Nichtregierungsorganisation, mit dem Ziel Menschenrechtler (auch unabhängige Journalisten, Blogger, Anwälte, etc.) in der Golfregion und den benachbarten Ländern, durch den Einsatz für Meinungsfreiheit, Vereine und friedliche Versammlungen, zu unterstützen und beschützen. Dieser Beitrag ist original veröffentlicht worden am 10. Dezember 2014, und eine angepasste Version wurde genehmigt und wieder veröffentlicht auf Global Voices.
Am internationalen Tag der Menschenrechte, würdigte das Golf Zentrum für Menschenrechte (GCHR) den Mut von weiblichen Menschenrechtlerinnen in der Golfregion und den benachbarten Ländern. Die Region ist generell nicht gastfreundlich zu Menschenrechtlern und vor allem Frauen sind gefährdet, wenn sie in einigen der gefährlichsten Ländern der Welt frei ihre Meinung äußern. Wie beispielsweise im Irak, wo ein kritischer Kommentar den Tod zur Folge haben kann; oder Syrien, wo eine Menschrechtlerin zu sein bedeutet, das eigene Leben und die eigene Freiheit zu riskieren; oder Bahrain, wo das Zerreißen eines Fotos vom König einen für sieben Jahre ins Gefängnis bringen kann; oder Saudi-Arabien, wo Frauen verhaftet werden, weil sie Auto fahren; oder dem Iran, wo Proteste gegen Säureangriffe auf Frauen unter Strafe gestellt ist.
Die Krise im Irak und Syrien hat die gesamte Golfregion instabiler gemacht und dadurch ist vor allem die Situation von Menschenrechtlerinnen gefährlicher geworden, insbesondere durch die wachsende terroristische Gruppe islamischer Staat, auch bekannt als IS. Seit die IS sich über den Irak und Syrien verteilt hat wurden Frauen umgebracht und versklavt.
Am 22. September 2014, wurden die irakische Anwältin und Menschenrechtlerin Samira Saleh Al-Naimi von einer Gruppe maskierter und bewaffneter Männer, die der IS angehörten, umgebracht. Sie eröffneten das Feuer und töteten sie auf einem öffentlichen Platz im Herzen von Mosul. GCHR berichtete, dass sie entführt wurde durch die IS, in der Woche nachdem sie den großen Schaden im historische Mosul durch die IS als “barbarisch” beschrieben hatte.
Die Möglichkeit von Menschenrechtlern ihre Arbeit in den Konfliktgebieten und anderswo in Syrien auszuüben ist stark begrenzt. Menschenrechlerinnen wurden entführt und inhaftiert, wie Razan Ghazzawi oder Razan Zaitouneh, wurden ins Exil getrieben oder verstecken sich seit Beginn des Konfliktes in Syrien.
In dieser Woche ist es nun genau ein Jahr her, dass Zaitouneh, die Leiterin der Gruppe für Menschenrechtsmonitoring und ihre drei Kolleginnen in Duma entführt wurden, einer Stadt in der Nähe von Damaskus, die unter der Kontrolle der bewaffneten Oppositionellen ist. Zaitouneh ist eine Anwältin, die seit 2001 politische Gefangene in Syrien verteidigt und seit Beginn der Krise 2011 eine Schlüsselrolle in der Dokumentation von Rechtsverletzungen spielt. GCHR und 50 weitere NGOs kämpfen für die Freilassung von Zaitouneh, ihrem Ehemann Wa’el Hamada, Samira Khalil und Nazem Hamadi.
Aktivisten der Zivilgesellschaft, humanitäre Helfer, Autoren, Journalisten, Anwälte und diejenigen, die Menschenrechtsverletzungen dokumentieren sind zur Zielscheibe aller Parteien im Konflikt geworden. Zehntausende werden unter entsetzlichen Bedingungen festgehalten, viele sterben im Gefängnis. Berichte über ungesetzliche Hinrichtungen, gezieltem Verschwinden lassen, willkürlichen Inhaftierungen und systematischer Folter, einschließlich Vergewaltigungen und anderen Misshandlungen durch Sicherheitskräfte der Regierung, sowie bewaffnete oppositionelle Gruppen, erreichen die GCHR seit Beginn des Konfliktes 2011.
Das Syrische Netzwerk für Menschenrechte (Syrian Network for Human Rights – SNHR) dokumentierte Gewalt, einschließlich sexuelle Übergriffe an syrischen Frauen durch Regierungskräfte, IS, kurdische Kämpfer und den bewaffneten Oppositions-Gruppen. In einem aktuellen Bericht wird auf die bedeutende Rolle der syrischen Frauen als Menschenrechtsverteidigerinnen hingewiesen – Gewalttaten zu dokumentieren, Demonstrationen zu organisieren, und humanitäre Hilfe zu leisten – in vielen Fällen sind sie zudem Alleinversorgerinnen für ihre Familien.
Bahrain
Nicht nur in Bürgerkriegsländern leiden Frauen. In Bahrain ist die Gleichstellung der Frau weit fortgeschritten im Vergleich zu Saudi Arabien. Frauen dürfen Auto fahren, sind ins Parlament gewählt worden, besetzen Spitzenpositionen und werden sogar Ministerinnen – aber Frauen können genauso entlassen, inhaftiert und gefoltert werden.
Eine Woche vor den Wahlen vom 22.November wurden über Tausend junge Frauen in Bahrain verhaftet und inhaftiert, einige während höchstgradig traumatisierender Nachtrazzien, unter ihnen auch zwei Schwangere und eine Frau mit einem Baby. Laut Bahrains Zentrum für Menschenrechte (Bahrain Centre for Human Rights – BCHR), wurden sie beschuldigt “ein politisches Referendum organisiert und durchgeführt zu haben” durch Umfragen vor den Wahlen, zudem berichteten einige der Frauen misshandelt und gefoltert worden zu sein.
Darüberhinaus hält das Innenministerium weiterhin Zahra Al-Shaikh und ihr Baby fest, das frühgeboren ist und gesundheitliche Probleme hat. Berichten zufolge hat sie psychische Probleme und leidet sehr. Sie wurde am 27. Oktober 2014 inhaftiert, als sie ihren Ehemann im Gefängnis besuchte, da ihr dies als illegale Versammlung vorgeworfen wurde. Sie wurde schon zuvor mehrmals inhaftiert und dabei gegen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit verstoßen.
Zainab Al-Khawaja, eine federführende Menschenrechtsaktivistin in Bahrain, gebar vor einem Monat ihr Kind, eine Woche nachdem sie aus dem Gefängnis entlassen wurde. Sie wurde am 4. Dezember zu drei Jahren Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie am 14. Oktober während einer der vielen Anhörungen ein Foto des Königs zerrissen hatte und war zudem am 9. Dezember wegen Ehrenbeleidigung eines öffentlich Bediensteten und Zerstörung öffentlichen Eigentums zu einer sofortigen 16- monatigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Sie wurde am 19. November freigelassen, nachdem international von GCHR, BCHR, vielen anderen NGOs und Mitgliedern des europäischen Parlaments für sie eingetreten worden war. Sie hat drei weitere Anhörungen am 9. Dezember und weitere fünf Anklagepunkte wurden gegen sie erhoben, die laut ihres Anwalts, deutlich gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung verstoßen.
Ihre Schwester Maryam Al-Khawaja, Co-Direktorin von GCHR, wurde bei ihrer Ankunft am 30. August in Bahrain ebenfalls zu 19 Tagen Haft verurteilt und zu Unrecht beschuldigt eine Polizistin angegriffen zu haben. Sie wurde zu einer einjährigen Gefängnisstrafe am 1. Dezember verurteilt, in einem Gerichtsverfahren, das sie boykottierte. In Wahrheit wurde Al-Khawaja selbst angegriffen, wobei ihr ein Schultermuskel riss, dennoch wurde dafür bis heute niemand zur Rechenschaft gezogen. Sie hatte eine Reise unternommen um ihren Vater zu sehen, der aufgrund eines Hungerstreiks im Gefängnis in Lebensgefahr schwebte.
Ebenfalls in Bahrain wurde die Menschenrechtsaktivistin Ghada Jamsheer am 15.September 2014 festgenommen, aufgrund des Anklagevorwurfs von Verleumdung, da sie auf Twitter über Korruption an der König-Hamad-Universitätsklinik, die von einem Mitglied der Königsfamilie geleitet wird, geschrieben hatte. Sie wurde diese Woche frei gelassen und innerhalb weniger Stunden erneut inhaftiert mit der Beschuldigung in “Scheingebühr- und Betrugsfälle” involviert zu sein, was zu einer große Belastung für ihre Mutter und Tochter führte. Jamsheer ist die Presidentin des Frauen Petitionsausschusses (Women's Petition Committee – WPC), ein Netzwerk von Bahrains Frauenrechtsaktivistinnen, die sich für die Kodifizierung des bahrainischen Frauenrechtsgesetz und deren Reform einsetzen.
Saudi Arabien
Im Nachbarland Saudi Arabien sind Frauenrechte stark eingeschränkt und es ist sehr riskant sich für Frauenrechte einzusetzen. Laut der Organisation “Kontrolle der Menschenrechte in Saudi Arabien” (Monitor of Human Rights in Saudi Arabia) wurde die Frauenrechtlerin Souad Al-Shammari am 28. Oktober 2014 in Jeddah festgenommen. Sie wurde nach Tweets, die sie auf ihrem Twitterkonto veröffentlicht hatte, befragt und wurde beschuldigt, dass sie angeblich “die Gesellschaft verhöhnt hätte, durch die Beschreibung als eine männliche Gesellschaft” zudem hätte sie “Sarkasmus angewandt als sie über religiöse Texte und Lehrschriften sprach.”
Frauen, die sich für das Recht, dass Frauen Auto fahren dürfen einsetzen, werden inhaftiert, eingeschüchtert, diffamiert, ihre Autos werden konfisziert und sie werden vor familiäre Konflikte gestellt, da die Behörden auf eine Betreuung in allen Aktivitäten insistieren. Das berichtet Frau Dr. Hala Aldosari, eine Frauenrechtlerin, die in der “Saudi-arabischen Frauen-Autofahr-Kampagne” mitwirkt. Sie sprach bei einem UN Side-Event im September 2014, das mit der Hilfe von GCHR, dem Institut für Menschenrechte in Kairo (Cairo Institute for Human Rights Studies – CIHRS), CIVICUS, und der saudischen Vereinigung für bürgerliche und politische Rechte (Civil and Political Rights Association – ACPRA) organisiert wurde.
Die saudische Menschenrechtsaktivistin Samar Badawi reiste ebenfalls zur 27. Tagung des UN Menschenrechtsrates im September nach Genf um mehr Aufmerksamkeit auf Frauenrechts- und Menschrechtsaktivisten zu lenken, die derzeit in Saudi Arabien inhaftiert sind, einschließlich ihrem Mann und Bruder.
“Wir bitten, dass Frauen das Recht bekommen Auto fahren zu dürfen,” sagte sie.
Sie betonte, dass der UN-Ausschuss “die Verantwortung trägt” für Menschenrechtsverletzung in Saudi Arabien, “da Saudi Arabien ein Mitglied des Ausschusses ist”. Sie wurde zuvor in Saudi Arabien inhaftiert aufgrund ihrer Frauenrechtsaktivitäten und ihr wurde verboten am 2. Dezember nach Belgien zu fliegen, wo sie am 16. Treffen der Europäischen Union (EU) NGOs Forum für Menschenrechte teilnehmen wollte.
Iran
Im Iran werden Frauenrechtlerinnen regelmäßig inhaftiert, eingeschüchtert, bedroht und schikaniert für ihre Arbeit. Nach Protesten gegen Säureattacken an Frauen in Teheran und Isfahan am 22.Oktober wurde eine Reihe an Faurenrechtsaktivistinnen inhaftiert, unter ihnen auch die bekannte Menschenrechtlerin und Anwältin Nasrin Sotoudeh. Beide Demonstrationen endeten in gewalttätigen Schlägereien und der Verhaftung von mehreren Aktivisten, sowie dem Einsatz von Tränengas, um die Gruppe, die sich traf, zu zerstreuen.
Mahdieh Golrou, eine Studentin, Menschen- und Frauenrechtlerin, sowie Mitglied des Rates zur Verteidigung von Bildungsrechten, wurde verhaftet bei einem Überfall in ihrem Haus, nachdem sie regelmäßig an den Demonstrationen gegen die Säureattentate teilgenommen hatte. Sie erklärte in einem ihrer Facebook-Posts nach den Protesten: “Ich bin eine Frau. Ich bin eine iranische Frau, die Angst hat und immer besorgt ist. […] Ich bin eine Frau und in diesen Tagen macht es mir Angst eine Frau zu sein.”
Dies ist nur ein Beispiel für die Gefahren von Menschenrechtlerinnen in der Region, einer der härtesten, restriktiven Regionen weltweit für Frauen, ganz zu schweigen von Frauen die sich wagen gegen Menschenrechtsverletzungen einzusetzen. Das GCHR setzt sich ein für ein Ende der gerichtlichen Schikanen gegen Menschenrechtlerinnen, einschließlich Inhaftierungen und Verurteilungen aufgrund vorgeschobener und haltloser Anklagepunkte, sowie für ein Ende aller Angriffe auf Menschenrechtlerinnen in der Golfregion.