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Tote nach Beschuss einer Schule der Vereinten Nationen, in der Bewohner von Gaza Zuflucht suchten

Kategorien: Nahost & Nordafrika, Israel, Palästina, Aktuelle Meldungen, Bürgermedien, Kriege & Konflikte
All of Kamal's family members with him at shelled UN school died. His mother, 2 brothers, sister and stepmother, tweets @sharifkouddous [1]

“Alle Familienmitglieder, mit denen Hussein in der Schule der Vereinten Nationen Zuflucht gesucht hatte, starben: Seine Mutter, seine beiden Brüder, seine Schwester und Siefmutter”, twittert Sharif Kouddous [2].

Alle Links in diesem Artikel führen, soweit nicht anders gekennzeichnet, zu englischsprachigen Webseiten.

Eine von den Vereinten Nationen betriebene Schule in Beit Hanun, in der zur Zeit Flüchtlinge aus Gaza Zuflucht suchen, wurde beschossen. Mindestens 15 Palästinenser kamen ums Leben, mehr als 200 Menschen wurden verletzt.

Unter den Getöteten sind Frauen, Kinder und Mitarbeiter der Vereinten Nationen, ist einer Stellungnahme [3] des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban Ki-moon zu entnehmen. Seit Beginn der israelischen Offensive auf Gaza vor 18 Tagen sind bislang 800 Palästinenser ums Leben gekommen, mehr als 5.200 Menschen wurden verletzt, so eine arabischsprachige Twitternachricht [4] des Journalisten Ashraf al-Qadra.

Israel und Palästinenser beschuldigen sich gegenseitig [5], wer für den Anschlag auf die Schule, die vom in Gaza tätigen Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) geführt wird, zur Verantwortung zu ziehen ist. Es ist bereits das vierte Mal innerhalb von vier Tagen, dass eine Schule der Vereinten Nationen von Sprengladungen erschüttert wird, so das Hilfswerk [6]. Mit steigender Anzahl getöteter Zivilisten, sagt das israelische Militär, es warne die Bevölkerung von Gaza in den Teilen des Landstreifens, der angegriffen werden soll. Palästinenser im Gazastreifen haben allerdings kaum Rückzugsmöglichkeiten.

Die überwiegende Mehrheit der Bewohner von Gaza kann Gaza nicht verlassen. Der schmale, vierzig Kilometer lange Küstenstreifen ist umzäunt und von Betonmauern umgeben, im Norden und Osten nach Israel und im Süden nach Ägypten.

Der britische Premierminister David Cameron bezeichnete 2010 Gaza als ein “Freiluftgefängnis”. Unverhältnismäßige Restriktionen von Seiten Israels für die palästinensischen Gebiete Gaza und Westbank sind der Grund dafür, dass die meisten Staaten und die Vereinten Nationen bei diesem Gebiet von einer Besatzung sprechen.

Die UNRWA hat über ganz Gaza 83 Schutzräume [7] eingerichtet, in denen sich zur Zeit 141.338 vertriebene Palästinenser aufhalten.

Über ihren eigenen Twitteraccount berichtet die UNRWA:

In einem dritten Vorfall, wurde die Schule der UNRWA in Deir Al Balah beschossen, in der circa 1.500 Menschen vor den israelischen Angriffen gestern morgen Zuflucht gesucht hatten.

UNRWA-Sprecher Chris Gunness, der von Jerusalem aus arbeitet, sagt, Israel wisse, wo sich die Schutzräume der UNRWA befinden. In einer Reihe von Twitternachrichten erklärt er:

Genaue Koordinaten der Schutzräume der UNRWA in Beit Hanoun sind vorher offiziell der israelischen Armee übermittelt worden.

Und er fügt hinzu:

Im Laufe des Tages hat die UNRWA versucht, einen Fluchtkorridor mit der israelischen Armee abzustimmen, so dass Zivilisten den Ort verlassen können. Er wurde uns nie zugesichert.

Die Journalistin Kristen Chick berichtet aus Gaza ihren über 19.300 Followern, was die israelischen Verteidigungskräfte behaupten:

Die israelischen Verteidigungskräfte haben angedeutet, eine Rakete der Hamas sei möglicherweise vom Kurs abgekommen und habe die Schule in Beit Hanoun getroffen. Zeugen beschreiben mehrere Detonationen, die auf Panzergeschosse zurückzuführen seien.

Der ITN-Kameramann Sean Swan verbreitet auf Twitter diese ergreifenden Bilder von Kindern, die während der Angriffe verletzt wurden und von Rettungssanitätern behandelt werden:

Zahlreiche Tote bei Angriffen auf eine Schule, die als Zuflucht diente.

Er veröffentlicht ein weiteres Foto eines drei Monate alten Kindes. Auf dem Bild ist zu sehen, wie dessen Wunden versorgt werden, die bei dem Angriff auf die Schule durch Granatsplitter verursacht wurden:

Drei Monate altes Baby, dessen Wunden, die durch Granatsplitter verursacht wurden, versorgt werden, nachdem eine Schutzunterkunft angegriffen wurde.

Der freie Journalist Sharif Kouddous teilt dieses Foto mit seinen mehr als 76.000 Followern auf Twitter. Es zeigt den jungen Palästinenser Hussein [18], der seine Familie während des Angriffs verlor:

Alle Familienmitglieder, die mit Kamal in der Schule der Vereinten Nationen waren, die angegriffen wurde, sind tot. Seine Mutter, zwei Brüder, Schwester und Stiefmutter.

Das Bild wurde mehr als 1.200 mal retweetet.

Viele Journalisten beschuldigen Israel und bezweifeln seine Darstellung der Ereignisse, ein Geschoss der Hamas sei auf das Gebäude gefallen. Die Journalistin Deema Khatib erzählt ihren über 280.000 Followern:

Ernst jetzt? Wer soll das glauben? Das israelische Militär sagte, es sei nicht sicher, ob es selbst die Schule der UNRWA getroffen habe oder die Hamas! Als wäre die Hamas im Besitz von F16 und ähnlichen Waffen.

Abgesehen davon sagt der Hauptauslandskorrespondent der NBC, Richard Engel [21], Vertreter der UNRWA hätten angegeben, dass es “keinen Hinweis darauf gäbe”, die Schule sei von Bewaffneten als menschlicher Schutzschild missbraucht worden, eine Vorwand Israels für Bombardierungen.

In nachfolgenden Twitternachrichten fragt sich Engel:

Israelische Verteidigungskräfte deuten an, Hamas Rakete/n hätten Schule getroffen. Das würde heißen, dass fünf fehlgeleitete Raketen alle schnell hintereinander dieselbe Einschussstelle getroffen hätten. Ist das wahrscheinlich?

Unterdessen steigt die Opferzahl in Gaza immer weiter. Ahmed Al-Faraa aus Gaza twittert seinen 5.121 Followern:

6 Märtyrer, darunter ein Kind und 30 Verletzte und israelische Kampfflieger fallen über dem Gazastreifen ein.

Omar Ghraieb erzählt seinen über 22.000 Followern:

Kinder werden getötet, brutal, jeden Tag. Das letzte war Ibrahim Omar, zweieinhalb Jahre alt, er ruhe in Frieden.

Und WhateverInGaza beschreibt die Situation folgendermaßen:

Etwas, was Israel praktiziert und genießt, ist, viele Gebiete mit unterschiedlichen Waffen zur selben Zeit anzugreifen.

Unter unserem deutschsprachigen Dossier “Angriffe auf Gaza 2014 [32]” finden sich weitere Beiträge zum Hintergrund der israelischen Offensive, zur internationalen Berichterstattung und zu weltweiten Solidaritätskundgebungen.