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Aufsässig nehmen iranische Frauen den Schleier ab

Kategorien: Nahost & Nordafrika, Iran, Bürgermedien, Frauen & Gender, Menschenrechte, Protest, Recht, Religion

Frauenaktivistinnen in ganz Iran nehmen ihre Schleier ab, um gegen die Frauendiskriminierung der Regierung zu protestieren. Die mehrsprachige Kampagne „Die heimliche Freiheit der iranischen Frauen [1]“ [fa] [en] hat innerhalb der zwei Monate, seitdem es sie gibt, bereits fast 320.000 Anhänger gewonnen. Die Kampagne zeigt, wie iranische Frauen aus dem ganzen Land ihre Schleier abnehmen – eine Tat, die schwerwiegende Auswirkungen für sie aufgrund des Artikels 638 des iranischen Strafgesetzbuches [2] [en] haben könnte. Im Artikel steht, dass Frauen, die sich in öffentlichen Räumen und auf den Straßen befinden, ohne den islamischen Hidschab zu tragen, zu Haftstrafen zwischen zehn Tagen und zwei Monaten verurteilt werden oder eine Geldstrafe zahlen müssen.

Manche Frauen haben sich entschlossen, ihre Gesichter zu verstecken, andere sie zu zeigen.

In einem Video [3] [fa], das auf der Facebook-Seite der Kampagne „Die heimliche Freiheit der iranischen Frauen“ geteilt wurde, entscheidet sich eine Frau, den Weg von ihrem Haus bis zu einer in der Nähe gelegenen Bank ohne ihr Kopftuch zu gehen. Sie erklärt:

My husband recorded this video of me in which I walk the distance between our house door and the nearby Mellat bank. People's reactions were marvelous. A man took hold of the hand of the woman with whom he was walking and changed their direction. You an see them a little bit in the video. A shop keeper asks whether we are recording it for a satellite TV channel. My husband talks to him in the end and this makes the video less stealth.

Mein Mann hat dieses Video von mir aufgenommen, in dem ich den Weg von unserer Haustür bis zur nicht weit entfernten Mellatbank gehe. Die Reaktionen waren großartig. Ein Mann nahm die Hand der Frau, die ihn begleitet hat, und ging mit ihr in eine andere Richtung. Man sieht sie kurz im Video. Ein Ladeninhaber fragte, ob wir fürs Satellitenfernsehen drehen. Am Ende redet mein Mann mit ihm und das macht die Aktion nicht mehr so geheim.

Hier sind noch mehr Bespiele von Frauen, die dem Artikel 638 in der Wüste [4], am Meer [5], in der Nähe eines Sees [6] und auf einem Gleisbett [7] trotzen.

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Bild [4] der Facebookseite der Kampagne „Die heimliche Freiheit der iranischen Frauen“

It had been the very fist time I had ever seen the desert. As sun was rising in order to respect her beauty, I took my headscarf off so that she could see me beautiful too.
That feeling was great.. I was..fearless in the desert.. with my head uncovered in the desert.

Es war das erste Mal, dass ich die Wüste sah. Weil die Sonne aufging und ich ihre Schönheit respektieren wollte, nahm ich mein Kopftuch ab, damit sie auch meine Schönheit sehen konnte. Es war großartig… ich war… furchtlos… mit einem unbedeckten Kopf… in der Wüste…

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Bild [5] der Facebookseite der Kampagne „Die heimliche Freiheit der iranischen Frauen“

این هم سهم ما از دریا

 Und unser Beitrag zum Meer.

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Bild [6] der Facebookseite der Kampagne „Die heimliche Freiheit der iranischen Frauen“

آزادی یواشکی من در مازندران. به امید آینده ای آزاد، با عدالت، بی هراس

 Meine heimliche Freiheit in Māzandarān. Mit der Hoffnung auf eine Zukunft, die frei ist, gerecht und ohne Furcht.

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Bild [7] der Facebookseite der Kampagne „Die heimliche Freiheit der iranischen Frauen“

Zarrin-Dasht, not so far from Mazandaran, three months before I left Iran. Unleashing my hair felt much better in my own homeland

 Zarrin-Dasht, nicht weit von Māzandarān, drei Monate bevor ich den Iran verlassen habe. Es fühlt sich viel besser an, meine Haare in meinem Heimatland runterzulassen.

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Bild [8] der Facebookseite der Kampagne „Die heimliche Freiheit der iranischen Frauen“

Freedom is every person's right! Freedom…happiness…colorfulness…is every Iranian woman's right. Freedom is a right; and rights are to be fought for and gained! As they are never offered to you. So we will attain it ourselves… taken on a plage belonging to the government! in Chaboksar

Jeder Mensch hat das Recht auf Freiheit! Freiheit… Glück… Buntheit… sind die Rechte jeder iranischen Frau. Freiheit ist ein Recht. Rechte sind dafür da, damit man für sie kämpft und bekommt, denn sie sind nichts Gegebenes. Deswegen werden wir sie selbst erlangen… Das Foto wurde an einem staatlichen (!) Strand in Chaboksar aufgenommen.

Die Initiatoren der Kampagne machen darauf aufmerksam [9] [en], dass sie nicht grundsätzlich gegen den Schleier sind, sondern die Entscheidung den Frauen überlassen.

Nasrin Sotoudeh, eine Rechtsanwältin für Menschenrechte, verbrachte drei Jahre im Gefängnis wegen der Verteidigung ihrer Klientinnen sowie der Frauen- und Gefangenenrechte im Allgemeinen. Sie nimmt eine andere Haltung gegenüber dem Konzept der Freiheit, die auf eine heimliche Art und Weise gefordert wird, ein und beginnt ihren Beitrag [10] [en] [fa] mit:

I'd rather they chopped off my head right in front of the warden's office door.

„Es wäre mir lieber, wenn sie meinen Kopf vor der Bürotür des Gefängnisdirektors abhacken würden…“

Diese Übersetzung wurde von Danielle Maybee im Rahmen ihres Studiums am FTSK Germersheim für das Projekt „Global Voices“ angefertigt.