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Issa Kelei – Symbol des Leidens tschadischer Studenten in Algerien

Kategorien: Nahost & Nordafrika, Subsahara-Afrika, Algerien, Tschad, Aktuelle Meldungen, Bildung, Bürgermedien, Internationale Beziehungen, Internetaktivismus, Jugend, Meinungsfreiheit, Menschenrechte, Migration & Immigration, Protest, Regierung

Am 1. Mai 2014 vermeldete [1] [fr] der tschadische Journalist Makaila Nguebla auf seinem Blog die Festnahme Issa Keleis, dem Anführer der dortigen Studentenbewegung, die die Interessen der Studenten aus dem Tschad in Algerien vertritt.

Die Meldung der Festnahme Issa Keleis löste in den sozialen Netzwerken Empörung [2] [fr] aus. Tatsächlich befürchteten Freunde und Bekannte Keleis, dass dieser in sein Heimatland, dem Tschad, ausgewiesen werde, wo laut ihnen sein Leben in Gefahr wäre. Sie waren sehr erleichtert, als wenige Stunden später die Befreiung Keleis auf Facebook [3] [fr] vermeldet wurde.

Hisham Almiraat [4] [en], Leiter von Global Voices Advocacy [5] [en], sprach mit dem tschadischen Journalisten Makaila Nguebla, um mehr über die Situation der Studenten zu erfahren:

Global Voices (GV): Könnten Sie uns mitteilen, weshalb die Studenten aus dem Tschad eine Protestbewegung starteten?

Makaila Nguebla: Die Studenten in Algerien lösten eine Protestbewegung gegen Studienstipendien aus, die ihnen der tschadische Staat jährlich bewilligt. Diese gehen aus einer Sitzung hervor, die am 17. April 2014 stattfand, auf welcher die Union tschadischer Studenten und Praktikanten in Algerien (Union des Etudiants et Stagiaires tchadiens en Algérie, kurz UESTA) den Betrag von 294 Millionen zentralafrikanischer CFA-Franc [6] [circa 448.000 Euro] ablehnte, da sie nicht ausreichend für die Deckung der Bedürfnisse 750 tschadischer Studenten sei.

Sie entschieden sich dazu, keine Zahlungen erhalten zu wollen und gaben der tschadischen Botschaft und der Delegation, die nach Algerien gekommen war, um die Stipendien auszuzahlen, eine Frist von zehn Tagen, um eine akzeptable Lösung zu finden. Sie bestätigen ebenso, dass diese drei Punkte nicht verhandelbar seien. Nach diesem Ultimatum und ohne eine Antwort von den Behörden erhalten zu haben, belagerten die Studenten die tschadische Botschaft in Alger ohne jedoch Sach- oder Personenschäden verursacht zu haben. Algerische Kräfte griffen ein, um die Gruppe der Belagerer zu zerstreuen und einige von ihnen zu verhaften. Anlass zur Verärgerung der tschadischen Studenten ist, dass sie – sei es im Tschad oder Ausland – nie regelmäßig Stipendien erhielten, trotz der Bodenschätze, die das Land zu bieten hat.

Im Tschad sind seit der Machtergreifung von Idriss Deby 1990 öffentliche Demonstrationen kategorisch verboten. Die einzige nennenswerte Demonstration der Opposition fand 1992 statt, alle anderen Streiks organisiert die Regierung, um ihre Mitglieder politisch zu manipulieren.

Demonstrationen von Studenten und Gewerkschaften werden häufig fernab der Medien und bei einer gleichgültigen Haltung der internationalen Gemeinschaft in Blutbädern niedergeschlagen.

Issa Kelei via le blog de Makaila - avec permission [7]

Issa Kelei. Das Bild stammt vom Blog von Nguebla, seine Genehmigung zur Nutzung wurde eingeholt.

GV: Wer ist Issa Kelei?

Makaila Nguebla: Issa ist ein tschadischer Student, der den Vorsitz bei der UESTA führt und in Alger Medizin studiert. Er gilt als störend, da er die Rechte seiner Studienkollegen einfordert.

Im Tschad besteht das Risiko, sich Feinde zu machen, wenn man sich in diesem Ausmaß als Aktivist engagiert. Die Behörden agieren bei Demonstrationen ängstlich und befürchten Ausschreitungen.

GV: Warum wurde er festgenommen?

Makaila Nguebla: Er wurde auf Anordnung des tschadischen Botschafters in Alger festgenommen. Dieser bat die algerische Polizei, Issa Kelei gefangen zu nehmen, ebenso wie seinen Kulturbeauftragten, der auch Student ist.

GV: Wie steht es mit der Meinungsfreiheit im Tschad?

Makaila Nguebla: Wie Sie wissen, ist die Meinungsfreiheit nur ein Mittel zur Betäubung internationaler Partner. Die tschadischen Journalisten werden häufig von Soldaten festgenommen und die Behörden fühlen sich machtlos. Wenn man den Präsidenten, seine Familienmitglieder oder ranghohe Funktionäre des Regimes kritisiert, riskiert man eine richterliche Vorladung und sollte man diese wahrnehmen, wird man sofort zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und unter Gewahrsam genommen.

Der anschließende Prozess ist eine Farce und endet mit einem willkürlichen Urteilsspruch. Journalisten, Oppositionellen, Verantwortlichen der Gewerkschaften und der gesamten Gesellschaft sitzt die Angst im Nacken und sie trauen sich nicht, etwas zu unternehmen, da sie fürchten müssen, grundlos ins Gefängnis zu kommen. Es ist eine verfahrene Situation.

GV: Stehen Sie noch in Kontakt mit Kelei?

Makaila Nguebla: Vor seiner Festnahme hatte ich am Vorabend der Demonstration Kontakt mit ihm über Facebook. Seit seiner Festnahme stehe ich in Kontakt mit einem Mitglied des Vereins, der mir Informationen zukommen lässt, um diese Informationen und Meinungen über die Bewegung zu verbreiten.

GV: Wie ist sein aktueller Zustand und die Situation in Algerien?

Makaila Nguebla: Wie ich gerade sagte, ist Kelei Student und seine Situation ist die eines Mannes, der für andere kämpft. Ich möchte klarstellen, dass er sich momentan frei bewegen kann und er laut seiner Kollegen eine Vorladung des Gerichts, das eine Beschwerde der tschadischen Botschaft gegen Kelei erhielt, abwartet.

Es ist möglich, der Bewegung beizutreten. Ich könnte Sie auch mit anderen tschadischen Bloggern in Kontakt setzen.