Spion, der historische Schlachten nachstellt, steht unter Beschuss

Leader of Slavyanks separatists, Igor Strelkov is a historical reenactor, and, allegedly, works for Russia's military intelligence.

Der militärische Kommandeur der Separatisten von Slowjansk, Igor Strelkow, gehört zu denen, die gerne historische Schlachten nachstellen und angeblich arbeitet er auch für den russischen Militärgeheimdienst.

Alle Links in diesem Artikel führen, soweit nicht anders gekennzeichnet, zu russischsprachigen Webseiten.

Der Facebookseite des ukrainischen Innenministers Arsen Awakow zufolge, versuchen die Sicherheitskräfte der Ukraine gegenwärtig, das Zentrum des russischen Separatismus im Osten der Ukraine zurückzuerobern, nämlich die Städte Slowjansk [de] und Kramatorsk [de]. Bislang sind sie mit ihren “Anti-Terror-Einsätzen” auf der ganzen Linie gescheitert und haben durch Flugabwehrraketen sogar zwei Kampfhubschrauber verloren. Der zähe Widerstand der Separatisten oder “Verfechter des Föderalismus”, wie sie manchmal euphemistisch genannt werden, ist wohl auf die Bestrebungen eines einzelnen Mannes zurückzuführen, dem Kommandeur [der Separatisten] Igor Strelkow.

Wahrscheinlich ist Strelkow [auf Deutsch: Kanone oder Ballermann] nicht sein richtiger Name [sondern sein militärisches Rufzeichen]. Jedenfalls behauptet der Inlandsgeheimdienst der Ukraine, dass Strelkow tatsächlich Girkin hieße und, dass er ein Oberst der russischen Hauptverwaltung Aufklärung GRU [de] sei. Ob das nun wahr ist oder nicht, Strelkow ist kein unbekanntes Wesen. Er ist mit Sicherheit ein Russe. Man kann beispielsweise in seinen Memoiren nachlesen, wie er 1992 in Bosnien als Freiwilliger auf Seiten der Serben kämpfte. Außerdem ist er ein Mitglied von Drosdowtsy, einer monarchistischen Organisation, die des russischen Bürgerkriegsgenerals Drosdowsky [en] gedenkt. Schließlich, und nicht ohne Ironie, ist Strelkow jemand, der begeistert historische Schlachten nachstellt [de]. Es gibt fotografische Beweise seiner Tapferkeit, die ihn in historisch korrekter und schneidiger Uniform des Jahres 1920 zeigen. Seine Leidenschaft gehört der Bürgerkriegsära der “Weißen Armee” [de] [auf der Krim].

Strelkow fährt auf einer “Tatschanka” [de]. Das ist ein mit einem schweren Maschinengewehr bewaffneter Kampfwagen,  der von beiden Bürgerkriegsparteien benutzt wurde.

Außerdem ist es eine unumstößliche Tatsache, dass Strelkow mit den russischen Sicherheitsdiensten eine gemeinsame Vergangenheit hat. Im Jahre 2010 teilte er in einem Internetforum seinen Kameraden von der lebenden Militärgeschichte mit, dass er gegenwärtig Dienst in der “Einheit 36391″ leistet, die nach den Erkenntnissen des Bloggers Yadocent zur Anti-Terrorismus-Abteilung des Inlandsgeheimdienstes der Russischen Föderation gehört. Also durchaus mehr als nur ein Oberst des [Auslandsgeheimdienstes] GRU, doch nichts, worüber zu spotten ist. Jedenfalls sagt Yadocent, er habe Insiderinformationen, wonach Strelkow inzwischen den Staatsdienst verlassen haben soll.

Der Journalist Oleg Kaschin [de] bittet inständig um Differenzierung. Er sagt, er habe im vergangenen Monat während seiner Reportage über die Annexion der Krim dort einen Mann gesehen, den er für Strelkow hält. Kaschin zufolge hat dieser “intelligent wirkende, schnauzbärtige Mann in ziviler Kleidung” auf den Straßen von Simferopol und Sewastopol das Sagen gehabt und erörterte die Bedingungen für eine Kapitulation der ukrainischen Schwarzmeerflotte. Die lokalen prorussischen Milizen bezeichneten ihn als “aktiven GRU-Mann aus Russland”.

Wie ist das mit dem Posting persönlicher Informationen in einem öffentlichen Forum in Einklang zu bringen? Wer weiß das schon! Jedenfalls scheint der Mann recht schnell zu einem Mythos zu werden. Es gibt sogar schon unbestätigte Gerüchte über seinen Tod durch Heckenschützen. Diese Mutmaßungen sind durch einen Tweet ausgelöst worden, der von den ukrainischen Medien aufgeschnappt worden ist. Unterdessen bekommt Strelkow, obwohl er angeblich tot und/oder von ukrainischen Regierungstruppen umzingelt ist, es hin, Lageberichte zu verfassen, die dann in einen LiveJournal Blog hochgeladen werden. Ein Leser der nationalistischen Publikation Sputnik & Pogrom hat diese kurz und bündig formulierten Texte mit Stannis Baratheons Belagerung von Sturmkap [en] verglichen (Vorsicht: Das kann den Genuss von Game of Thrones verderben).

Hier ist ein Auszug aus Strelkows letztem Bericht, der erst vor wenigen Stunden gepostet worden ist:

У нас в Славянске за день подразделением антиснайперской борьбы в районе севернее Соболевки (северная городская окраина) уничтожено еще 2 снайпера противника (предположительно – из ПС или ЧВК). За день потерь в гарнизоне нет. Вернулись еще на несколько ранее оставленных позиций. Сейчас пока тихо, хотя нас стращают очередным “штурмом” в 3 часа ночи. Если наконец соберутся – слава Богу! А то надоело безрезультатно гонять отряды за постоянно маневрирующими бронегруппами. Ждем-с!

Im Laufe des Tages hat das gegen Heckenschützen eingesetzte Regiment in Slowjansk zwei weitere Heckenschützen ausgeschaltet (vermutlich aus der rechtsextremen Szene oder von einer privaten Söldnertruppe), etwa nördlich von Sobolewka (den nördlichen Stadteilen). An diesem Tag hatte die Garnison keine Verluste. Wir haben einige der zuvor verlorenen Stellungen zurückgewonnen. Im Moment ist es ruhig, wenngleich wir wegen der Neuigkeiten über einen erneuten “Kampfhubschrauber” [-Einsatz] um drei Uhr morgens besorgt sind. Wenn sie zu uns kommen danke ich Gott. Ich habe keine Lust mehr darauf, dass unsere Truppen den ständig in Bewegung befindlichen gepanzerten Verbänden wirkungslos hinterherjagen. Wir erwarten sie!

Es liegt in der Natur des RuNet [russisches Internet], dass man nie ermessen kann, ob dies vielleicht ein gut inszeniertes Täuschungsmanöver oder eine PR-Finte seitens der Gespenster aus der Lubjanka [de] ist. Vielleicht ist Strelkow bereits tot. Vielleicht hat es ihn bis zum heutigen Tage nie gegeben.

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