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Am 24. März 2014 hat Mexikos Präsident das Gesetz zur Telekommunikations- und Rundfunkreform [auf Twitter wird dieses Gesetz mit dem Hashtag #LeyTelecom bezeichnet] vorgestellt. Ein Gesetzentwurf, der das Gleichgewicht der Kräfte in Mexikos Internet- und Telekokommunikations-Ecosystem dramatisch verändern würde. Kritiker aus allen politischen Lagern vertreten die Meinung, das Gesetz würde die staatliche Kontrolle verschärfen und den Schutz vor Zensur, Überwachung und Netzdiskriminierung durch Telekommunikationsgesellschaften lockern.
Der Gesetzentwurf wirkt sich auf vier wichtige Gebiete der mexikanischen Telekommunikationslandschaft aus: Zugänglichkeit, Datenschutz beziehungsweise Privatsphäre, Recht auf freie Meinungsäußerung und Netzneutralität.
Zugänglichkeit
Im März 2013 nahm der mexikanische Senat eine Petition von mehr als 200.000 Unterzeichnern entgegen. Damit wurde ein Gesetzesvorschlag unterstützt, der jedem Mexikaner Zugang zum Internet garantieren soll. Die Petition behandelt Informationsrechte der Bevölkerung sowie die Bedeutung öffentlicher Zugänge [zum Internet], beispielsweise in Bibliotheken und Schulen. Bis jetzt sind derartige Rechte nicht im #LeyTelecom verankert. Stattdessen schafft es einen [rechtlichen] Rahmen zur Privatisierung des [Telekommunikations-] Marktes sowie zur Wahrnehmung wirtschaftliche Interessen durch die Telekommunikationsindustrie.
Datenschutz beziehungsweise Privatsphäre
Der Gesetzentwurf bevollmächtigt die Telekommunikationsgesellschaften zur Vorratsspeicherung von Kundendaten sowie zur Bereitstellung von Echtzeitdaten (einschließlich geografischer GPS-Daten) für Sicherheitsbehörden des Bundes oder für jede andere öffentliche Stelle, die entsprechende Befugnisse erhalten hat. Dieses Kapitel des Gesetzes ist außerhalb der Rechtsprechung [richterlichen Gewalt] anzuwenden, erfordert also weder richterliche Anordnungen noch eine richterliche Überprüfung von Datenabfragen. Das Gesetz enthält keinerlei Vorschriften darüber, wie persönliche Daten zu schützen sind oder wie die von den Behörden gesammelten Daten verwendet werden dürfen. Diese Teile des Gesetzes stehen im direkten Widerspruch zu den [international anerkannten] 13 Grundsätzen [de] für die Anwendung der Menschenrechte in der Kommunikationsüberwachung.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Möglicherweise am augenfälligsten ist die Macht, die dieser Gesetzentwurf staatlichen Stellen bei der Sperrung und Zensur von Kommunikationsmedien gibt, die im Verdacht stehen, “die öffentliche Ordnung und die nationale Sicherheit” zu gefährden. Das Gesetz räumt der Regierung das Recht ein, Telekommunikationsgesellschaften damit zu beauftragen, vorübergehend Telefone, Funk- und Internetverbindungen in Regionen zu blockieren beziehungsweise abzuschalten, in denen öffentliche Proteste oder Demonstrationen stattfinden. Politisch Oppositionelle daran zu hindern, sich zu organisieren, ist ein äußerst wirksames Instrument, das viele Mexikaner die Rückkehr eines autoritären Regimes befürchten lässt. Dieser Teil der neuen Gesetzgebung wird es der Regierung vermutlich auch erlauben, bestimmte Webseiten zu blockieren oder das Internet auf andere Weise zu manipulieren, wenn es um Fragen der “nationalen Sicherheit” geht.
Netzneutralität
Schließlich gibt der Gesetzentwurf privaten Telekommunikationsanbietern ausdrücklich das Recht, Dienste anzubieten, bei denen die Qualität, die Geschwindigkeit und der Zugang so angepasst werden können, wie sie es für richtig halten. Derartige Praktiken werden nahezu zwangsläufig zu einer Verletzung des Grundsatzes der Netzneutralität führen. Netzneutralität bewahrt das Internet davor, ein abgestuftes und wie Kabelfernsehen funktionierendes System zu werden. Ein System, in dem Kunden unterschiedliche Preise für den Zugang zu bestimmten Seiten zu bezahlen hätten und wichtige Dienste (wie Facebook, Youtube und so weiter) den Telekommunikationsgesellschaften Geld geben müssen, damit sie ihre eigenen Nutzer erreichen.
Protestbewegung
Seit der Vorstellung des Gesetzentwurfs sind zehntausende Mexikaner gegen die Annahme dieser Reformvorschläge auf die Straße gegangen. Von Gruppierungen wie ContingenteMX und #YoSoy132 angeführt, wurden mehrere Aktionstage geplant, um die Bevölkerung zu sensibilisieren und das Gesetz zu stoppen. Dieser Kampf findet sowohl online als auch auf der Straße statt. Überall auf der Welt werden die Menschen dazu ermutigt, auf die mexikanische Regierung Druck auszuüben, damit dieser Gesetzentwurf nicht Wirklichkeit wird. #LeyTelecom könnte einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen – und wenn die Internetfreiheit erst einmal an irgendeinem Ort bedroht ist, ist sie es bald allerorts.
Links zu entsprechenden Videos, Webseiten und anderen coolen Sachen
- Was passiert in Mexiko? [Video] [en] – Eine Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse. Die ursprüngliche Webseite mit Kontext zum Video gibt es hier.
- Kostenloser Internetzugang für Alle – Alles über digitale Rechte: Erläuterungen für Anfänger, coole Infografiken und mehr.
- ContigenteMX – Eine gute Zusammenfassung der Einwände gegen den Gesetzentwurf, mit weiteren Informationsquellen. Bitte auch beachten: ContingenteMX – Presseerklärung vom 21. April und [offener] Brief an den Kongress (mit internationalen Unterzeichnern).
- Zeit für #DefenderInternet [Video] - Interviews mit Straßendemonstranten in Mexiko.
- Vorschläge von Rechtsexperten zur Änderung des Gesetzentwurfs.
- #ContraElSilencioMX - Globale Initiative gegen Zensur in Mexiko.
- #NoMásPoderAlPoder [Video] – Videotagebuch der Protestbewegung.
- Mexico City: Bürger gehen gegen #LeyTelecom auf die Straße [Global Voices Advocacy Bericht auf Englisch].
- #EPNStop: Menschenkette in Mexiko gegen #LeyTelecom – [Global Voices Bericht auf Deutsch].
Twitter-Hashtags, mit denen die Ereignisse verfolgt werden können
- #EPNvsInternet
- #ContraElSilencioMX
- #NoMasPoderAlPoder
- #DefenderInternet
- #LeyTelecom
- #YoSoy132
- #MarchaContraElSilencio
*Eine unabhängige, nicht bearbeitete, Version dieses Beitrags erschien zuerst bei Linkswärts Denken – Der Kampf für digitale Rechte und Internetfreiheit in Mexiko [en].