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Die USA machen es dem Kreml mit seiner Propaganda leicht, mal wieder

Kategorien: Ost- und Zentraleuropa, Russland, Bildung, Bürgermedien, Humanitäre Hilfe, Internationale Beziehungen, Internetaktivismus, Kriege & Konflikte, Medien & Journalismus, Politik, RuNet Echo
Stepping on a rake. Images remixed by Kevin Rothrock.

Bruder Leichtfuß macht Fortschritte. Fotomontage von Kevin Rothrock.

Alle Links in diesem Artikel führen, soweit nicht anders gekennzeichnet, zu russischsprachigen Webseiten.

“Es gibt keine amerikanischen Söldner in der #Ukraine, das sind Lügen und Propaganda des #Kreml” twitterte [1] kürzlich das US-Außenministerium ganz offiziell. Das veranlasste den russischen Journalisten und Emigranten Oleg Kaschin [2] [de] zu der Frage [3], ob es irgendjemanden gäbe, den eine derartige Stellungnahme überzeugen könne. Es ist schon etwas dran: Wenn die Verantwortlichen im US-Außenministerium auf jeden Internet-Troll mit einem Dementi reagieren, riskieren sie, für hysterisch oder unglaubwürdig gehalten zu werden. Möglicherweise haben sie genau aus diesem Grunde die meisten der Verschwörungstheorien, die im RuNet [russischen Internet] kursieren, geflissentlich ignoriert.

Schweigen wäre mal eine willkommene Abwechslung von den ungeschickten Versuchen der US Diplomatie, mit ganz normalen Russen in Kontakt zu kommen [4] [Global Voices Bericht auf Englisch]. Aber im vorliegenden Fall sind die russischen Verschwörungstheorien durch einen eklatanten Fehltritt allererster Güte ausgelöst worden. Es war ein Twitternutzer namens Dikuschka [5], der als erster die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit [6] auf eine im vergangenen Herbst erfolgte Aufforderung der US Regierung lenkte, ein “Angebot [7] zur Sanierung einer ukrainischen Schule einzureichen”. Eigentlich keine große Sache, wenn man davon absieht, dass die betreffende Schule in Sewastopol liegt, wo sich die Marinebasis der russischen Schwarzmeerflotte befindet. Zu allem Überfluss kam diese Aufforderung auch noch vom Unterstützungskommando [Betriebs- und Versorgungsverantwortung] der US-Marine.

[In Russland ] hört sich das Ganze ohne Zweifel ziemlich suspekt an und für regierungsfreundliche Nutzer [8] von Twitter [9] ist es nicht besonders schwer gewesen, etwas, was eigentlich nach einer Schulsanierung [10] unter der Oberhoheit des Kommandos Humanitäre Hilfe der US-Armee in Europa aussieht, wie den “Aufbau eines US-Marinestützpunkts” erscheinen zu lassen. Dieser Mem [11] [de] verbreitet sich im RuNet durch russische Webseiten für Kurioses und Satire, wie beispielsweise Pikabu [12], durch Tageszeitungen wie die Komsomolskaja Prawda [13] und sogar durch ein (allerdings gefälschtes) Twitterkonto des Ministerpräsidenten der Autonomen Republik Krim, Sergej Aksjonow [14] [de] (das Konto ist gegenwärtig gesperrt). 

Das Argument, wonach die US-Navy manchmal recht verbissen eine ziemlich unbeholfene Politik praktiziert, mit der sie die “Herzen der Menschen im Sturm erobern” will, ohne daran zu denken, wie das von außen betrachtet wirken mag, stößt bei den meisten Russen wohl auf taube Ohren. (Man stelle sich doch bloß einmal vor, Russland würde in der Nähe des Stützpunkts des US-Marinekorps auf Okinawa eine Schule renovieren wollen). Die Komsomolskaja Prawda zitiert einen Informanten aus dem Kommando der russischen Schwarzmeerflotte: “Ich glaube einfach nicht, dass die US-Marine soviel Geld ausgeben würde, nur um in Sewastopol eine Schule zu renovieren. Also was ist der wahre Grund?” Ein Beitrag [15] in der VKontakte Community “Antimaidan [16] [en] Berkut [17] [de]” geht gedanklich einen Schritt weiter: “Anstatt ohne Umschweife eine Militäreinrichtung zu bauen, würde eine Gebäudesanierung erstmal nur dazu dienen, die Schule für die Kinder der US-Soldaten vorzubereiten, die auf dem imaginären Militärstützpunkt stationiert werden würden.”

Die Aufforderung zur Angebotsabgabe, mit einer geschätzten Bausumme zur Renovierung der Schule Nummer 5 in Sewastopol von 200.000 bis 500.000 US-Dollar, ist nach wie vor auf der Webseite [7] [en] der amerikanischen Bundesbehörde für öffentliche Ausschreibungen zu finden. Am 15. April 2014 wurde sie wegen der “momentan ungünstigen Witterung in der Ukraine” jedoch zurückgezogen.