Eine Schießerei, die am 23. November 2013 in einer Moskauer U-Bahn stattfand, hat auf Seiten der radikalen nationalistischen und Anti-Migrations-Bewegung ein neues Mem hervorgebracht. Der Vorfall [en] wurde von einer Überwachungskamera im Zug aufgenommen. Auf dem Video sieht man, wie ein Mann auf zwei sitzende Fahrgäste zugeht. Nach einem kurzen Wortwechsel steht einer der Männer auf, zieht eine Gummigeschoss-Pistole und schießt dem anderen Mann aus nächster Nähe ins Gesicht. Der etwas jüngere Begleiter des Schützen zieht ebenfalls eine Waffe und hält sie auf den verletzten Mann gerichtet, bis die beiden den Waggon verlassen haben. Das Video [ru] wurde vom Boulevardmedium “LifeNews” gekauft und hat sich seitdem stark im RuNet verbreitet.
Bei dem Opfer handelt es sich um einen Dagestaner namens Hashim Latipov, während die beiden Männer, die anscheinend grundlos auf ihn schossen, ethnisch als Russen einzuordnen sind. Und obwohl Latipov sagt, er habe die Auseinandersetzung nicht provoziert, reicht seine schiere Herkunft für russische Nationalisten aus, um zu vermuten, dass die beiden Russen in Notwehr handelten. Doch nicht nur das – ihre Tat wird von nationalistischen Online-Gruppen verherrlicht – dort werden die beiden Männer als eine Art Bürgerwehr dargestellt, die Außenseitern harte Gerechtigkeit zuteilwerden lässt.
Diese Sichtweise wird (obwohl sie jeder Basis entbehrt) aktiv durch Bilder wie das folgende gefördert, auf dem die beiden Schützen auf ein Plakat des Films “Der blutige Pfad Gottes” (Englisch: The Boondock Saints) montiert wurden.
Ähnlich “cool” werden die Täter auf einem weiteren Bild dargestellt – in diesem Fall wurden die Köpfe von Figuren aus Quentin Tarantinos Kultfilm “Pulp Fiction” in eine Momentaufnahme des Überwachungsvideos eingefügt:
Ein anderer Schnappschuss aus dem Überwachungsvideo ist offenbar kultig genug, um ohne große Photoshop-Bearbeitung auszukommen – es wurde in Schablonen und Ausschnitte im Popart-Stil (siehe Bild ganz oben) umgewandelt:
Ein Nutzer hat den jüngeren Schützen sogar im Stile einer orthodoxen Ikone gemalt – inklusive goldenem Heiligenschein. Damit wird womöglich auf den Vergleich mit “Der blutige Pfad Gottes” angespielt:
Das Bild führte zu folgender Reaktion [ru] eines VKontakte-Bloggers:
Такой воодушевленной “народной канонизации” не было уже очень давно… да чего там давно — вообще ничего подобного на своем веку не припомню, если честно.
Solch eine inspirierte “populäre Kanonisierung” gab es schon lange nicht mehr… schon sehr lange nicht – ich habe so etwas noch nie in meinem Leben gesehen.
Wie dem auch sei: Meme wie diese veranschaulichen die stetig wachsenden ethnischen Spannungen in Russland sehr eindrücklich.