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Filmemacher nach Besuch in Israel aus Irans Kinomuseum “bereinigt”.

Kategorien: Iran, Israel, Bürgermedien, Ethnie & Rasse, Film, Kriege & Konflikte, Kunst und Kultur, Menschenrechte, Politik, Religion

[Alle Links führen, sofern nicht anders gekennzeichnet, zu englischsprachigen Webseiten.]

Iranian film maker, M. Makhmalbaf, at JFF, photo courtesy of JFF official website

Der iranische Filmemacher M. Makhmalbaf, beim JFF, Foto von der offiziellen JFF Website

Der international bekannte iranische Filmemacher Mohsen Makhmalbaf [1] hat viele Iraner in Wut versetzt, nachdem er eine Einladung zum Jerusalem Film Festival [2] in Israel in diesem Monat angenommen hat.

Makhmalbaf, der auch ein Aktivist der “Grünen Bewegung” und ein früherer Revolutionär ist, hat die Meinung der Iraner dahingehend gespalten, ob seine Teilnahme ein Schritt zur Überbrückung von “Rissen und Distanzen” zwischen den beiden Nationen sei, wie er verlauten [3] ließ, oder ob es ein totales Nichtbeachten der palästinensischen Menschenrechte sei, wie seine Kritiker behaupten [4] [en].

Makhmalbaf hat beim Jerusalem Film Festival mit seinem neuen Film The Gardner teilgenommen:

Die Diskussion ist noch frisch unter Iranern in den sozialen Netzwerken und hat Petitionen auf den Plan gerufen, die von Aktivisten, Akademikern und Journalisten der Diaspora unterzeichnet worden sind. Die virtuelle Welt ist zu einem Schauplatz für Diskussionen über Makhmalbafs Reise geworden.

Zuerst wurde ein offener Brief veröffentlicht [fa] [5], der von einer Gruppe “Iranischer Wissenschaftler, Künstler, Journalisten und Aktivisten” unterzeichnet worden ist, die sich über die Nachlässigkeit des Regisseurs gegenüber der Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung (BDS) [6] gegen Israel beklagten:

Wir können uns nicht guten Gewissens hinter Herrn Makhmalbaf und dessen Entscheidung stellen, welche zwangsläufig die Besetzung durch Israel, die Apartheid und die ethnische Säuberung anerkennen würde. Wir fordern nicht nur, dass Herr Makhmalbaf sich zur Boykott- Desinvestitions- und Sanktionsbewegung bekennt, sondern auch, dass er zu einem Sprachrohr der Befreiung für alle wird, sowohl für die Palästinenser als auch für die Iraner.

Dann wiederum hat eine andere Gruppe von Aktivisten und Akademikern einen Brief [fa] [7] verfasst, der den Besuch des Regisseurs in Israel unterstützt und seine “mutige Tat” als friedvolle Geste im Hinblick auf die “Verbreitung einer Botschaft der Freundschaft” lobt:

Wir verurteilen eine Politik des Krieges, ob sie nun von Beamten des Islamischen Regimes oder von einigen Amtspersonen in Israel vorangetrieben wird, gleichermaßen. Stattdessen befürworten, unterstützen und begrüßen wir die Position von Mohsen Makhmalbaf, die statt eines militarischen Angriffs Irans “demokratische Kräfte” unterstützt. Genau wie Mohsen Makhmalbaf haben auch wir keine Angst, den Bürgern Israels in Freundschaft die Hand zu reichen und sind überzeugt, daß Kunst ein Mittel sein kann, Menschen zusammenzubringen, ungeachtet ihrer rassischen, sprachlichen und politischen Verschiedenheiten.

Die Polarisierung war nicht nur auf die akademischen Kreise begrenzt, auch in den sozialen Netzwerken wurde das Thema des Besuchs des Regisseurs in Israel unter den Netzbürgern heiß diskutiert.

Samareh betrachtet die Kritik vorsichtig und ein bisschen zynisch und kommentiert [8] auf Balatarin, einer iranischen Webseite zum Teilen von Links:

Makhmalbaf hat eine großartige Maßnahme ergriffen, indem er nach Israel gereist ist, um von Frieden zu sprechen. Er hat gezeigt, daß die iranische Nation sich vom iranischen Regime unterscheidet, was einen großen Schlag für die geistliche Regierung bedeutet. Ein Grund [für solch harte Kritik] ist eine Satzung des Geheimdienstministeriums an seine Gefolgsleute: “Verunglimpfen Sie Makhmalbafs Namen sofort, vergewissern Sie sich nur, daß dies aus der Position eines Feindes der Islamischen Republik heraus geschieht, um die Opposition zu spalten. Wenn Sie in der Zwischenzeit einen Eid auf die Islamische Republik leisten mussten, besteht darin überhaupt kein Problem.

Der iranische Blogger Adel drückt seine Geringschätzung aus [9] und sieht einen großen Unterschied zu dem, was Künstler im politischen Bereich tun. Er tut deshalb Mohsen Makhmalbafs Tat von Anfang an als fruchtlos ab:

Wenn wir ein bisschen realistisch sind, wird uns klar, daß die politische Diskussion von Künstlern oft keinerlei Auswirkungen auf Politiker hat; besonders israelische Politiker, die noch nicht einmal auf ihre amerikanischen Partner hören! Also welcher Sache versucht Herr Makhmalbaf zu dienen? Wenn es sein Wunsch ist, die beiden Nationen dem Frieden näherzubringen, wird das tatsächliche Ergebnis nichts anderes sein als eine rassistische Regierung aus der Isolation zu führen.

Nach der Reise hat der amtierende Minister für Kultur und islamische Führung der Islamischen Republik, Javad Shamaghdari, angeordnet, jegliche Memorabilia Makhmalbafs aus dem staatlichen Iranischen Kinomuseum zu “bereinigen” und ein Geistlicher hat ihn als Abtrünnigen bezeichnet.

Eines steht fest in dieser hitzigen Debatte: genau wie jede andere Diskussion im iranischen Kontext hat auch die um Mohsen Makhmalbaf das bunte Gebilde der iranischen Gesellschaft zum Vorschein gebracht, das so anders ist als viele zu denken wünschen.