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Sri Lanka: “Wir baten um Wassertanks und sie schickten uns Panzer”

Kategorien: Südasien, Sri Lanka, Bürgermedien, Gesundheit, Medien & Journalismus, Menschenrechte, Politik, Protest, Regierung, Umwelt

Drei Männer wurden getötet [1] [en] und 44 weitere verletzt als Soldaten das Feuer auf Protestierende in Sri Lankas Gampaha District [2] [en] eröffneten, die gegen Grundwasserverschmutzung demonstrierten.

Am Donnerstag, dem 1. August 2012, hatten sich mehr als eintausend Menschen versammelt um gegen die Tatsache zu demonstrieren, dass die Autoritäten es nicht schafften das Problem der Grundwasserverschmutzung zu lösen, das zu einer Knappheit des Trinkwassers in einigen Gebieten der Region geführt hatte. Als Protestierende die Colombo-Kandy-Hauptstraße blockierten, begann die Polizei Wasserwerfer und Tränengas einzusetzen, um sie zu zerstreuen, riefen aber militärische Hilfe [3] [en], als ihre Versuche scheiterten.

Als die Armee ihren Einsatz begann, wurden Journalisten und Kamerateams davon abgehalten über die Zusammenstöße zu berichten und einige Journalisten wurden angegriffen [4] [en]. Später wurde aufgedeckt [5] [en], dass Soldaten während der Zusammenstöße die Sankt-Antonio-Kirche beschossen, weil Protestierende dort Unterschlupf suchten. Berichten zufolge, bedrohten die Soldaten die Mutter Oberin der Klosters, die die Protestierenden in Schutz nahm, mit vorgehaltener Waffe.

Details der Vorfälle innerhalb der Kirche kommen nach und nach durch Augenzeugen ans Licht. Der Gemeindepriester von Weliweriya Rev. Fr. Lakpriya Nonis [6] [en] erzählte den Medien, dass Einschusslöcher in Betonpfosten und einer Wand seiner Kirche waren. Katholische Priester und Nonnen starteten eine Protestkampagne in Colombo gegen die Attacken auf die Kirche in Weliweriya.

BBC-Reporter und Produzent Azzam Ameen (@AzzamAmeen [7]) berichtet:

Weliweriya ist Kriegsgebiet, Armee-Personal am Boden sagt es hätte keine andere Option als Feuer gegeben #lka #Battleforwater pic.twitter.com/svd4VZNBQF

Wir baten um Wassertanks & sie gaben uns Panzer,wir gingen auf die Straße für Wasser & sie gaben uns Gewehrkugeln” Weliweriya-Einwohner

Laut der Protestierenden, die gegen den Wassermangel demonstrierten, verursachte die planlose Abgabe von Abwasser einer Fabrik des Unternehmens Dipped Products in Nedungamuwa, Weliweriya Umwelt- und Wasserverschmutzung in der Region. Einwohner von ungefähr zehn Dörfern im Gebiet gingen vor einigen Tagen, geführt von dem leitenden Mönch eines Tempels in der Region, auf die Straße, um gegen die Verschmutzung zu demonstrieren. Das Unternehmen wies die Vorwürfe jedoch zurück [10] [en].

Der sri-lankische Kommandant Generalleutnant Daya Rathnayake ernannte einen Ausschuss zur Untersuchung des Vorfalls. Ein Sprecher der Armee sagte [11] [en], dass es zwei Wochen dauern wird den Bericht fertigzustellen. Der Gampaha Friedensrichter hat die Fertigstellung eines Berichts [12][en] zum Weliweriya-Vorfall angefordert.

Eine Gruppe prominenter Sri Lanker publizierte ein Statement mit dem Titel “Gerechtigkeit für Weliweriya: Zeit für Empörung! [13]” [en] um den Vorfall anzuprangern. Organisationen wie die Sozialistische Jugendunion unterhielten ein Bewusstseinsprogramm und -kampagne [14] [en] zur Verurteilung der ‘brutalen Attacke auf unbewaffnete Zivilisten durch Sicherheitskräfte.’

Online auf die Tragödie reagierend schrieb Namini Wijedasa [15] [en] in ihrem Blog:

Ich kann nicht schlafen. Zwei Tage hintereinander bin ich um 3 morgens aufgewacht. […] Diese bewegenden Bilder bewaffneter Soldaten und Kampfpanzern, die wehrlose Dorfbewohner bei Weliweriya niedermähen, verfolgen mich.

In meinem Kopf vermischen sich die Ereignisse weiterhin: Was ich über Weliweriya aus Amateurfernsehmaterial sah, und was ich mir vorstelle, was im Norden hätte passieren können, während dieser finalen, angsterfüllten Monate des Krieges der Armee mit den Liberation Tigers (dt: Befreiungstiger) von Tamil Eelam.

Zivilisten waren in diesem Kampf ums Leben gekommen. Auch in Weliweriya gab es einen Kampf.

Nach Weliweriya ergaben die Dinge etwas mehr Sinn. Nicht absichtlich, aber so ist es. Unser Leben in Sri Lanka heute ist wie dieser Park: strukturiert vom Staat, gepflegt vom Staat, geführt vom Staat, kontrolliert vom Staat und mit absoluter Sicherheit überfallen vom Staat, sollten wir aus der Reihe tanzen.

Screenshot from YouTube video [16]

Polizisten feuern Munition und Tränengas auf die Demonstranten ab. YouTube-Screenhot, Video hochgeladen von Derana Videos

Shenali Waduge [17] schrieb in einem Kommentar auf der Webseite des Verteidungsministeriums, welches ständig die Vorwürfe wiederholte, dass Zivilisten “einen Angriff provozierten”, dass Lockspitzel involviert waren. Es benennt diejenigen, die sich gegen die Schießereien ausgesprochen haben als “die gleichen Leute, die LTTE [18][en]-Sympathisanten waren” und dass die Medien “faule Methoden zur Irreführung des Volkes” benutzen.

Michelle Alexander [19] [en] sagte bei Lanka Web, dass Autoritäten zu beschuldigen sind, nicht die Demonstranten:

Die Demonstranten von Weliweriya waren keine Terroristen, die nach einem Stück ihres Landes verlangten. Sie waren normale Menschen, die ein sehr grundlegendes Recht einforderten. Das Recht auf sauberes Trinkwasser. Alles was ihnen gegeben wurde, war Blut. Die Autoritäten können niemandem außer sich selbst die Schuld für den tragischen Ausgang dieser Ereignisse geben.

Harim Peiris [20] [en] erhob bei Groundviews die Frage nach den Einsatzregeln des Militärs und dem Respekt für die Medien. Dr. Dayan Jayatilleka [21] [en] (Groundviews) hatte einige Fragen:

Wer setzt Truppen ein, gekleidet in Splitterschutzwesten (Körperpanzer) und bewaffnet mit einem T-56-Gewehr, um eine Demonstrantenmenge zu konfrontieren und zerstreuen, die eine Straße blockieren? Wer traf die ultimative Entscheidung? Die Demonstranten waren nicht bewaffnet, mit Sicherheit nicht mit tödlichen Waffen. Demnach hätte kein Soldat in Panzerkleidung wirklich geschädigt werden können. Ein ‘Zusammenstoß’ zwischen tödlich bewaffneten Soldaten und Demonstranten mit Steinen und Pantoffeln ist kein Zusammenstoß, der in irgendeiner Weise den Gebrauch tödlicher Waffen rechtfertigt.

Journalist, Fotograf und Blogger Meg [22] [en] berichtet, dass die sri-lankische Regierung Zeit mit der Untersuchung des Wassers in Weliweriya verschwendet, während die Tests schon vor Monaten durchgeführt worden waren. Sie schreibt:

Es scheint eher so als würde die Regierung innehalten. Sie kaufen sich Zeit bis sie sich eine relativ glaubwürdige Ausrede haben einfallen lassen, mit der sie die Masse verwirren können.

Neelakandani (@NeelakandanS1 [23]) zeigte Skepsis in Bezug auf Gerechtigkeit:

#Lanka: #FUTA fordert den Armeechef, Verteidigungsekretär auf wegen #Weliweriya-Vorfall zurückzutreten. Wird nie passieren. Täter werden frei umherlaufen. @DensiDj

Vidura (@Apelankawe [25]) teilte auf Twitter:

Journalist verliert Job wegen Bericht über #weliweriya. FMM hatte davor vorhin in der #TNL-Talkshow gewarnt http://t.co/pWOZGjkVn

Wissenschaftlicher Schriftsteller und Kolumnist Nalaka Gunawardene (@NalakaG [27]) stellte Sri Lankas Armee-Offensiven gegen die Tamil Tigers (LTTE) während des sri-lankischen Bürgerkrieges [28] [en] in den östlichen und nördlichen Provinzen des Landes infrage:

“Sollte #Weliweriya Staatspolitik zeigen…gegen Sinhalese, wie müssen sie sich selbst im Norden & Westen verhalten haben?” http://t.co/PZugtpPohZ

Der Blogger Patta Pal Boru [30] [en] kommentierte:

Die Regierung hat durch direktes Handeln effektiv das Recht auf friedlichen Protest aufgelöst und damit jeden Schein, den sie bis dahin versucht hatten aufrecht zu erhalten, wir wären eine Demokratie.