Afef Abrougui, Bloggen aus Tunesien

Viele werden sich vermutlich erinnern, dass die Revolution und die Aufstände, bekannt als der Arabische Frühling, ihren Ursprung in Tunesien hatten und ein Ergebnis der Demonstrationen in Sidi Bouzid waren. Doch trotz der Revolution und der folgenden Veränderungen denken einige Menschen noch immer, dass sich “nichts geändert hat.”

Was Afef Abrougui, eine tunesische Bloggerin und Aktivistin, uns über die Erlebnisse der Menschen in ihrem Land und ihr heutiges Leben berichtet, veranschaulicht dies. Ihre Berichte helfen auch, ein wenig mehr über ein Land zu erfahren, welches wir nicht wirklich kennen, wenn wir es unabhängig vom Nahen Osten betrachten.

Afef Abrougui, Tunisian blogger and activist

Afef Abrougui, Tunesische Bloggerin und Aktivistin

Das Interview ist zweigeteilt. Der erste Teil besteht aus einem Video, welches im Juli im Rahmen des letzten Global Voices Summit in Nairobi, Kenia aufgenommen wurde. Der zweite Teil ist ein schriftliches Interview, welches per Email geführt wurde. Beides findest Du im Folgenden.

Global Voices (GV): Alef, erzähl uns etwas über Dich.

Ich studiere Internationale Beziehungen an einer Hochschule in Tunis. Vorher habe ich beim Institut für Kriegs- und Friedensberichterstattung sowie bei Index für Zensur gearbeitet. Ich habe keinen persönlichen Blog, habe aber kürzlich den Medien Monitoring Blog für die arabische Region ins Leben gerufen. Der Blog ist ein Projekt des Young Leaders Visitor Programms, an dem ich kürzlich teilgenommen habe. Der Blog soll die Berichterstattung über die arabische Region in den einflussreichsten Mainstream Medien überwachen. Ich habe mit einem Blog begonnen, um gute Inhalte zu generieren bis ich (hoffentlich) die Finanzierung erhalte, um eine Webseite zu gestalten.

GV: Was denkst Du über die Proteste gegen den Anti-Islam Film? Sind sie gerechtfertigt oder eine Überreaktion?

Die gewalttätigen Reaktionen auf den Amateurfilm haben mich mehr empört als der Inhalt des Films. Und ich bin nicht die einzige Muslimin, die so denkt. Nichts kann Gewalt rechtfertigen. Wir müssen aber den sozio-ökomischen Hintergrund der Protestierenden, die die US Botschaft in Tunis attackiert haben, bedenken. Die Mehrheit ist arbeitslos, sozial benachteiligt, schlecht informiert und manipuliert. Zusammen können all diese Faktoren leicht zur Entstehung von religiösen Extremisten führen.

GV: Das führt uns zur Religion. Ich weiß, das ist sehr persönlich, aber wie wichtig ist Religion für Dich in Deinem täglichen Leben?

Religion, obgleich wichtig für mich, ist ein sehr privater Teil meines Lebens. Ich rede in der Öffentlichkeit nicht viel darüber. Aber da Du mich zur Rolle der Religion in meinem täglichen Leben gefragt hast, macht es mir nichts aus zu antworten. Menschen gehen mit Stress im Alltag unterschiedlich um. Einige trinken Alkohol, andere machen Yoga, gehen spazieren oder feiern. Die Lehren und Werte des Islams [Ehrlichkeit, Toleranz, Geduld, Dankbarkeit, Bescheidenheit, Großzügigkeit…] machen für mich den Alltag weniger stressig und fröhlicher. Ich denke, dass dies zeigt, wie wichtig Religion für mich im Alltag ist.

GV: Frauen in der arabischen Welt galten lange als unterdrückt und in ihrer Freiheit eingeschränkt. Wie ist Deine persönliche und hautnahe Erfahrung diesbezüglich?

Dieser Stereotyp arabischer Frauen ist im Westen sehr gängig. Er wird durch Mainstream Medien verbreitet, die fälschlicherweise die arabische Region als homogene Einheit darstellen, die wie Saudi Arabien, Iran und Afghanistan (obwohl die letzten zwei Länder nicht arabisch sind) aussieht und Frauen unterdrückt. Ich bin in Tunesien geboren, aufgezogen und habe dort meine Bildungslaufbahn absolviert – ich wurde aufgrund meines Geschlechts nie unterdrückt.

GV: Erzähle uns von Deiner Stadt und Deinem Land. Was sind Deine Lieblingsorte?

Also, ich liebe das historische Erbe meines Landes. Tunesien ist ein Mosaik der berberischen, der phönizischen, der romanischen, der arabischen und der ottomanischen Zivilisationen. Dies macht das Land vielfältig und einzigartig. Ein Spaziergang durch die Medina (Altstadt von Tunis) ist unbezahlbar für mich. Tabarka, eine Stadt an der Küste im Nordwesten Tunesiens, ist berühmt für das Korallenfischen und ein internationales Jazz Festival. Und unsere Wälder sind gut für die innere Ruhe.

GV: Welche Zukunft siehst Du für Tunesien und den arabischen Frühling? Was sind die nächsten wichtigen Schritte, die in Deinem Land passieren werden?

Ich glaube dass uns, den tunesischen Bürger, die sich nach Demokratie und Respekt der Menschenrechte sehnen, harte und herausfordernde Tage bevorstehen. Tunesien braucht dringend sobald wie möglich eine neue Verfassung (das Land leidet unter der mittlerweile zwei Jahre andauernden Verfassungslosigkeit) und einen Wahltermin. Und so lange tausende Tunesier noch unter sozialer Ungerechtigkeit und Unterdrückung leiden, wird das Land instabil bleiben.

In diesem Videointerview sprechen wir ein wenig über Afefs Leben, ihre Arbeit, ihre Mitarbeit bei Global Voices, ihre Meinung zu dem Global Voices Summit, Reaktionen auf ihre Beiträge, Politik in Tunesien und natürlich ihre Erlebnisse bei den Demonstrationen in Tunesien.

Wenn Du Afefs Beiträge gerne liest, kannst Du sie in ihrem Autoren Profil lesen. Du kannst Ihr außerdem auf Twitter folgen.

Danksagung:

Foto von Laura Schneider auf Flickr für Global Voices Online, verfielfältigt unter der Lizenz Attribution-NonDerivs 2.0 Generic (CC BY-ND 2.0).

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