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Arabische Welt: Menschen mit Behinderungen erheben ihre Stimmen!

Kategorien: Nahost & Nordafrika, Ägypten, Saudi Arabien, Bürgermedien, Gesundheit, Internetaktivismus, Menschenrechte

Alle Links in diesem Artikel führen, soweit nicht anders gekennzeichnet, zu arabischsprachigen Webseiten.

Vor Kurzem wurde eine Onlinekampagne [1] gestartet, um Licht auf den Kampf behinderter Menschen und ihre vernachlässigten Rechte zu werfen. Der Begründer der Kampagne Abdallah AlShalaqi [2], ein Aktivist aus Saudi-Arabien, teilte in einem Fernsehinterview [3] mit, dass sie sich zum Ziel setze, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Behindertenrechte wachzuhalten, das Medienschweigen über dieses Problem zu brechen und eine Botschaft an die Regierungsbeamten zu übermitteln, damit Maßnahmen in dieser Angelegenheit in die Wege geleitet werden.

Menschen, die mit Behinderungen leben, leiden in unterschiedlichem Maße unter Ausgrenzung und Vernachlässigung. Behinderte Personen haben sich für gleichberechtigte Bürgerschaft engagiert, um ihr volles Potenzial zur Geltung bringen zu können. Im Mittelpunkt ihres Kampfes stehen die Barrierefreiheit (d. h. die Möglichkeit, sich in der Umgebung frei zu bewegen), gleiche Chancen in der Bildung, Beschäftigung und Wohnverhältnissen sowie Freiheit von Gewalt und Missbrauch, denen sie ausgesetzt sein können.

Um den Stimmen der behinderten Menschen Ausdruck zu verleihen, nutzte die Kampagne in erster Linie Twitter als Plattform. Twitternutzer wurden gebeten, ihre Avatare umzudrehen und das Hashtag #للمعوق_حقوق zu verwenden, das für „Menschen mit Behinderungen haben Rechte“ steht, um Aufmerksamkeit für die Aktion zu schaffen. An der Kampagne beteiligte sich eine große Anzahl von Twitternutzern. Safar Al Hogbani, Mitglied der saudischen Basketballmannschaft für Sportler mit Sonderbedürfnissen, twitterte:

@safar_ALhogbani [4]: المعاقون جزء من المجتمع، ومراعاة ظروفهم واجب وطني وانساني، كما ان احترام القوانين الخاصة بهم دليل على رقي المجتمع وتحضره ‎‫#للمعوق_حقوق‬
Menschen mit Behinderungen sind Teil der Gesellschaft. Ihre Gegebenheiten zu berücksichtigen ist eine nationale und menschliche Pflicht. Ob ihre Gesetze geachtet werden, ist ein Zeichen des Fortschrittes und des Anstandes einer Gesellschaft.

Sumaya Al Ghamadi teilte ihre Erfahrung mit:

@sumaya1405 [5]: #للمعوق_حقوق‬ عندما سافرت للعلاج لألمانيا لقيت إهتمام ولم أرى نظرات الشفقة,, وهنا وجدت نظرات شفقة بلا إهتمام.
Als ich nach Deutschland reiste, traf ich auf Hilfsbereitschaft und bekam keine mitleidigen Blicke. Hierzulande gibt es nur Mitleid ohne Hilfsbereitschaft.

Twitternutzerin @jessica_2090 gab der Gesellschaft die Schuld:

@jessica_2090 [6]: ‫#للمعوق_حقوق‬ لا يوجد شخص معوق بل يوجد مجتمع يعيق

Behinderte Personen gibt es nicht, lediglich eine Gesellschaft, die behindert.

Abo Khaled fügte hinzu:

@AaaAbokhaled [7]: #للمعوق_حقوق‬ أهمها حقه في كسب قوته فالإعاقة لا تعني أن يصبح عالة على غيره
Menschen mit Behinderungen haben Rechte, vor allem das Recht, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Eine Behinderung heißt nicht, auf Andere angewiesen zu sein.

Auch andere Twitternutzer haben sich für ihre Rechte eingesetzt. Dr. Sohair Abdel Hafeez [8] identifiziert sich als ägyptische Frau und Mutter von fünf Söhnen, die ihre Universitätsausbildung abgeschlossen haben, dabei sind zwei von ihnen hörbeeinträchtigt. Nachdem Mohammed Mursi zum Präsidenten Ägyptens ernannt wurde, twitterte [9]sie einem Mitglied der Mursi-Kampagne:

@omelregalsohair: الأشخاص ذوو الاعاقة وأسرهم جزء من الشعب المصري لهم حقوق حتى التمكين فليجعلها الرئيس أمامه في مصر بلا تمييز
Menschen mit Behinderungen und ihre Familien sind Teil der ägyptischen Gesellschaft. Sie besitzen Rechte, darunter das Recht auf Mitwirkung. Der Präsident soll diese Rechte im Hinterkopf behalten und keine Diskriminierung zulassen.

Ein anderer prominenter Nutzer ist Mohamed Abu Taleb [10], ein blinder Mann, der Menschen mit Sehbeeinträchtigung hilft, ihre Computerkenntnisse auszubauen. Abu Taleb twittert darüber, wie er seine Behinderung überwunden hat:

@love_life201 [11]2: على الرغم من أن بداية الإستقلالية التامة بي كانت كفيلة لتجعل مني شخص حبيس بيته لكن لم أرضى هذا على نفسي مطلقا ‎‫#إعاقة‬ ‎‫#كفيف‬
Obwohl ich am Anfang meiner völligen Unabhängigkeit ans Zuhause so gut wie gefesselt war, fand ich mich nicht damit ab.

@love_life2012 [12]: ومع بعض التشجيع من الأسرة لي وخصوصا والدي إستطعت ان اتغلب على كثير من صعوبات الإستقلالية ‎‫#إعاقة‬ ‎‫#كفيف‬

Mit einiger Ermutigung seitens der Familie, insbesondere von meinem Vater, war ich imstande, zahlreiche SSchwierigkeiten der Unabhängigkeit zu überwältigen.
@love_life2012 [13]: بعدها لم أجعل شيء مهما كان صعب ولا مستحيل أمام احلامي وطموحاتي التي أردت لها النجاح بيدي ‎‫#إعاقة‬ ‎‫#كفيف‬
Danach ließ ich nichts, wie schwierig oder unmöglich es auch sein mochte, meinen Träumen und Bestrebungen im Wege stehen, die ich mit meinen eigenen Händen verwirklichen wollte.

Eine andere Bloggerin, die mit einer Behinderung lebt, seitdem sie ihr Bein verloren hat, teilte ihre Erfahrung einer sexuellen Belästigung mit [14]. Randa Aboeldahab [15] schrieb:

اغرب حالات التحرش بالنسبة دايما كانت التحرش بالعربية ، يعني المتحرش كان بيستعمل عربيته كأداة تحرش وكنت فاكرة اني انا لوحدي اللي بيتعمل فيه كدا ، اكتر واقعة مش ممكن انساها لما مرة كنت بعدي الشارع وكان في عربية راكنة ادام ، بعدي من ادامها لاقيت السواق طالع خطوة وخابطني قلت اكيد مش قاصد ، رجعت اعدي من وراه راح راجع خطوة لورا، قلت اكيد مش قاصد، وثانية راح رامي جملة من اياهم ، لاقيت نفسي بمسك العكاز اللي ف ايدي وبخبط به اول فانوس في العربية ، قال جملة تانية مصحوبة بشتيمة روحت نازلة ع الفانوس التاني وهكذا لحد ما اتهمني بأني مجنونة ، مردتش غير بضربة قوية من عصايتي في نص الباب الشمال وروحت ماشية

Der seltsamste Belästigungsfall war für mich eine „Autobelästigung“. Der Täter nutzt sein Auto als Belästigungsmittel. Ich dachte, ich sei die Einzige, die so etwas ausgesetzt ist. Der Vorfall, der mir besonders im Gedächtnis geblieben ist, fand statt, als ich eine Straße vor einem gepartken Auto überquerte und der Fahrer mich anfuhr und mit dem Auto erfasste. Ich dachte mir, „Absichtlich kann es ja nicht sein“. Ich bewegte mich hinter das Auto, nur um nochmals erfasst zu werden, dabei ließ er einen dieser Belästigungssprüche fallen. Plötzlich schlug ich einen der Autoscheinwerfer mit meinem Gehstock ein. Er fluchte, dann schlug ich auch den anderen ein. Er sagte, ich sei verrückt, dann schlug ich gegen die Autotür und ging weg.

Ähnliche Onlineaktionen schaffen Bewusstsein für die Probleme behinderter Menschen, wie das Twitterbenutzerkonto I Am Not Disabled [16] („Ich bin nicht behindert“) und die Website Voice of The Disabled [17] („Stimmen der Behinderten“), die als Pressekanal fungiert, um den Stimmen der Menschen mit Behinderungen Gehör zu verschaffen.