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Mexiko: Netizen mobilisieren für indigene Bevölkerung der Tarahumara

Kategorien: Lateinamerika, Mexiko, Bürgermedien, Ethnie & Rasse, Indigene

Update (18. Januar 2012):

Univision berichtet auch weiterhin über die angeblichen Selbstmorde der Tarahumara. In einem Artikel auf ihrer Tumblr-Seite [1] [en] berichten sie, dass sie “auf Informationen gestoßen sind, welche Zweifel an diesen Behauptungen aufkommen lassen.” Sie weisen jedoch darauf hin, dass “alle Quellen, mit denen Univision News gesprochen hat, die Nahrungsmittelkrise im Rarámuri-Gebiet bestätigten. Staatliche Behörden würden zwar Lebensmittelrationen verteilen, welche bis zu einem Monat halten, aber man rechnet damit, dass sie für die aktuelle Dürre im Norden Mexikos nicht ausreichen.”

Unbestätigte Berichte über die Selbstmorde von 50 Tarahumara [2] aus dem nordmexikanischen Staat Chihuahua [3], die den Freitod wählten, um dem Hungertod zu entgehen, haben mexikanische Netizen mobilisiert. Die Tarahumara, auch als Rarámuri bekannt, werden zurzeit mit verschiedenen Problemen konfrontiert, wie z.B. dem Verlust ihrer Sprache, der Ausbeutung ihres Landes, umweltschädigenden Einnahmequellen und schwerwiegender Unterernährung.

In einem Video, welches auf YouTube veröffentlicht wurde, verkündete Ramón Gardea, ein Mitglied der Organisation ” Frente Organizado de Campesinos Indígenas” (Organisierte Front der indigenen Bauern), dass 50 Tarahumara Selbstmord begangen hatten [4] [es], nachdem es ihnen nicht gelungen war, Nahrungsmittel für sich und ihre Kinder zu beschaffen.

Obwohl es nicht genügend Beweise gibt, um diese Selbstmorde zu belegen, ist die alarmierende Unterernährung und Armut unter den Tarahumara eine Tatsache.

Netizen aus dem ganzen Land drückten sofort ihre Besorgnis aus. Auf Twitter wurde eine nationale Bewegung gegründet, als User mit dem Hashtag #SierraTarahumara [5] ihre Empörung verkündeten und anfingen in Nachbarschaften, Kirchen und Universitäten Vorräte zu sammeln.

Rarámuri-Mutter mit Kind [6]

Rarámuri-Mutter mit Kind. Bild von Victor Hugo García Ulloa, benutzt durch eine Attribution-NonCommercial-ShareAlike 2.0 Generic (CC BY-NC-SA 2.0) Creative Commons Lizenz

Humberto Cantu (@dermacantu) macht einen Vergleich zwischen dem Geld, welches für den Besuch des Papstes ausgegeben werden wird [7] [es], und der fehlenden Unterstützung für die Tarahumara:

Van a gastar MILLONES en la visita del #papa, pero no hay para apoyar a nuestros hermanos de la #sierratarahumara …un poco de sensibilidad

Sie werden MILLIONEN für den Besuch des Papstes ausgeben, aber es gibt nicht genügend Mittel, um unsere Brüder der #sierratarahumara zu unterstützen … ein bisschen Sensibilität

Der Mexikanische Schriftsteller León Krauze (@Leon_Krauze) macht einen direkten Vergleich mit der aktuellen Situation des Landes [8] [es]:

La terrible situación en la #SierraTarahumara ilustra perfectamente la tragedia mexicana de nuestro tiempo. Qué doloroso…

Die schreckliche Situation in der #sierratarahumara veranschaulicht perfekt die mexikanische Tragödie unserer Zeit. Wie qualvoll …

Marcelo Ebrard (@m_ebrard), Regierungschef in Mexico City, bittet um Unterstützung [9] [es]:

ProtecciÓn civil del GDF ya haciendo acopio para la Sierra Tarahumara ,debemos apoyar todos a las comunidades de la sierra

Der Zivilschutz der Regierung von Mexiko City (GDF) sammelt Lebensmittel für die Sierra Tarahumara, wir alle müssen die Gemeinden der Sierra unterstützen.

Der Blog Animal Político berichtet, dass die Regierung Chihuahuas die 50 Selbstmorde bestritten habe [10] [es], welche im YouTube-Video erwähnt wurden:

A unas horas de que se diera a conocer un video donde se denuncian supuestos suicidios por hambre de raramuris en la Sierra Tarahumara y de que usuarios de las redes sociales organizaran colectas de alimentos, el gobierno de Chihuahua negó que haya suicidios masivos en la zona.

Ein paar Stunden nach der Veröffentlichung eines Videos, in welchem die angeblichen Selbstmorde von Rarámuris wegen einer Hungernot in der Sierra Tarahumara angeprangert wurden, und nachdem Nutzer von sozialen Medien eine Lebensmittelsammlung organisierten, bestritt die Regierung Chihuahuas, dass es massive Selbstmorde in der Region gegeben hat.

Außerdem veröffentlichte Univision [11] auf Tumblr einen Artikel über die angeblichen Selbstmorde und fügte eine Notiz hinzu, welche einige Informationen korrigierte und aktualisierte:

In der ersten Version des Artikels haben wir irrtümlicherweise die Aussage, dass 50 Tarahumara Selbstmord begangen hatten, Jesús Quiñones, einem Beamten des Dorfes Carichi, zugeschrieben, welcher in mexikanischen Zeitungen mit dieser Aussage zitiert wurde. Wir haben Quiñones angerufen und er bestritt, dass es in seiner Gemeinde Selbstmorde gegeben hatte. Er bestätigte jedoch, dass die indigene Bevölkerung in dieser Region an ernsthaften ernährungsbedingten Problemen leidet, und dass letzte Woche von der staatlichen und lokalen Regierung Nahrungsmittel geliefert wurden.
Quiñones fügte an, dass die Aussage über die Selbstmorde von Ramón Gardea stamme, einem Vorstandsmitglied der Organisation “Frente Organizado de Campesinos Indígenas” (Organisierte Front der indigenen Bauern). Tatsächlich erscheint in einem Video auf YouTube, welches dem “Canal 28 de Chihuaha” zugeschrieben wird, ein Mann, der als Ramón Gardea bezeichnet wird. Quiñones sagte jedoch, dass er Gardea nie getroffen hat und nicht weiß, woher die Geschichte über die Selbstmorde stammt. Diese Geschichte entwickelt sich laufend weiter.