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Ägypten: Feldzug gegen Presse und Menschenrechtsverteidiger

Kategorien: Nahost & Nordafrika, Ägypten, Aktuelle Meldungen, Bürgermedien, Kriege & Konflikte, Medien & Journalismus, Meinungsfreiheit, Politik, Protest

Dieser Artikel wurde von Silke Knieling und Amanda Stanfield sowie Mark Casey und Richard Pearson, Studierenden des FTSK Germersheim, in einer Veranstaltung von Dr. Susanne Hagemann im Rahmen des Projektes "Global Voices" übersetzt.

Dieser Beitrag ist Teil unseres Dossiers über die Ägyptische Revolution 2011 [1] [en].

Ägyptische Demonstranten fordern einen massiven Anti-Mubarak-Marsch im ganzen Land nach dem morgigen Freitagsgebet. Letzte Woche sperrte Mubaraks Regime den Internetzugang aus Anlass des ägyptischen "Tages des Zorns". Heute kursieren nach wie vor Berichte über die Festnahme von Aktivisten; zudem seien kurz vor dem "Tag des Abgangs" Journalisten angegriffen, festgenommen und schikaniert worden.

Tag des Abgangs - Kairo [2]

Demonstrationsveranstalter rufen zu Protesten vor Mubaraks Präsidentenpalast im Stadtteil Heliopolis am 4. Februar, dem sogenannten "Tag des Abgangs", auf. Kairo, Ägypten. Von Demotix, Copyright Adham Khorshed.

Das Ziel des Regimes ist, die Demonstranten ihrer Führung zu berauben und die Journalisten zur Einstellung ihrer Berichterstattung über die Proteste zu zwingen, die schon seit 10 Tagen andauern. Die Stimmung ist unheilverkündend, und viele prophezeien, dies könnte der Auftakt zu einem Massaker sein:

@laranasser [3]: Der Tahrirplatz wird von allen Journalisten und anderen Medienvertretern geräumt! Das Regime plant, die Demonstrationen weit weg von den Augen der Welt zu zerschlagen! #tahrir

@hammametsou [4]: Verräter Mubarak plant Freitagsmassaker. Letztes Mal vertuschte er seine Verbrechen mit Telefon- und Internetsperre, diesmal mit der Verhaftung der Journalisten #egypt

@ANaje [5] tweetet:

الناس بيتقبض عليهم في الشوارع المؤدية لوسط البلد وميدان التحرير
Leute werden auf dem Weg zur Innenstadt und zum Tahrirplatz verhaftet!

uwe_a schreibt weiter:

@uwe_a [6]: #egypt Kairoer Moderatorin kündigt, ausländischer Journalist in Handschellen gelegt und Augen verbunden, Zeitungen gestürmt, Blogger festgenommen, totaler Blackout #jan25

Andere bezeichnen das Geschehen als empörend:

@Suo_Fei [7]: Was mit den Journalisten auf dem Tahrirplatz passiert, ist ein Skandal!! #jan25

Das "Committee to Protect Journalists" (CPJ, Komitee zum Schutz von Journalisten) hat bereits eine Erklärung [8] [en] abgegeben, die die Angriffe verurteilt.

"Dies ist ein schwarzer Tag für Ägypten und ein schwarzer Tag für den Journalismus", sagte CPJ-Geschäftsführer Joel Simon. "Mit den fortgesetzten systematischen und vom CPJ dokumentierten Angriffen beabsichtigt die Regierung zweifellos, die Berichterstattung in den Medien zu unterbinden. Damit strebt Ägypten ein Informationsvakuum an, durch das es sich in eine Reihe mit den weltweit schlimmsten Diktaturländern wie Birma, Iran und Kuba stellt. Präsident Mubarak muss persönlich für seine beispiellosen Handlungen haften, und wir fordern die ägyptische Regierung auf, ihren Kurs umgehend zu ändern."

Allein in den letzten 24 Stunden hat das CPJ Kenntnis von 24 Festnahmen, 21 Angriffen und fünf Fällen konfiszierter Ausrüstung bekommen. Dazu seien in Zivil gekleidete und uniformierte Sicherheitskräfte Mubaraks mindestens in zwei Hotels eingedrungen, um Presseausrüstung zu beschlagnahmen. Am Mittwoch berichtete das CPJ außerdem von zahlreichen schon früher durchgeführten Angriffen, Festnahmen und Konfiskationen. Die Angriffe auf Medienvertreter aus Ägypten und anderen arabischen Ländern, Europa, Russland, den USA und Südamerika sind nicht weniger als ein Angriff auf den globalen Journalismus.

"Die Intensität der Angriffe, die letzte Woche anfingen, hat sich noch verschärft und ist beispiellos in der neueren Geschichte Ägyptens", sagte der CPJ-Programmkoordinator für den Nahen Osten und Nordafrika, Mohamed Abdel Dayem. "Wir sind besorgt um die persönliche Sicherheit unserer Kollegen. Zudem finden wir es zutiefst beunruhigend, dass diese Augenzeugen zu einem so kritischen Zeitpunkt in der ägyptischen Geschichte von der Berichterstattung ausgeschlossen werden können."

Das CPJ erfasst die Angriffe auf Journalisten in einer Liste, die ständig aktualisiert wird.

Zudem gibt es mittlerweile weitere Meldungen via Twitter:

@draddee [9]: Griechischer Journalist bei Berichterstattung auf dem Tahrirplatz verletzt #jan25 Via AJ

@khnidk [10]: Reporter seien in ihre Zimmer eingesperrt – keine Kameras, keine Telefone – Auftakt zu Massaker? #Jan25

@AymanM [11]: Drei #aljazeera-Journalisten wurden verhaftet #egypt Ein #aljazeera-Journalist immer noch vermisst #jan25 #tahrir

@Salamander [12]: Ägyptische Sicherheitskräfte beschlagnahmen BBC-Ausrüstung im Kairoer Hilton, um unsere Übertragung zu verhindern.

@economistjane [13]: Staatsfernsehen bezeichnet einige ausländische Journalisten als "israelische Spione"; einer soll von den Israelis in Katar ausgebildet worden sein! #Egypt

@marwarakha [14]: RT @ReemNour @BilalElbazz Ich verweigere die Arbeit, solange das Staatsfernsehen so bleibt. Ich werde andere oder mich selbst nicht belügen. Wenn sich die Lage nicht ändert, kündige ich.

@Tantoune [15]: @AymanM: 24 Journalisten wurden am Donnerstag in Ägypten vermisst, verhaftet, angegriffen #jan25 #tahrir #egypt

Das Verschwinden der Journalisten ist nicht unbemerkt geblieben:

@draddee [16]: AJA zeigt seit einiger Zeit keine Live-Bilder vom Tahrirplatz mehr – sind ihre Kameras wieder beschlagnahmt worden?

Aktivisten, Rechtsanwälte und Menschenrechtsverteidiger waren heute auch betroffen.

@monasosh teilt eine persönliche Erfahrung mit:

Sie haben meinen Vater und alle mutigen Menschenrechtsanwälte verhaftet und Spione für Hamas und Iran genannt, damit das Volk sich gegen sie wendet #Jan25

Andere zitieren die Mainstream-Medien:

@Jnoubiyeh: Al Jazeera: Sicherheitskräfte haben zwei Menschenrechtsorganisationen angegriffen und mindestens zwei Mitglieder verhaftet. #Egypt #Jan25 #Mubarak

Wael Abbas kommentiert weitere Verhaftungen:

@waelabbas [17]: Dan Williams, Rechercheur von Human Rights Watch, als einer von vielen (darunter mindestens 24 Journalisten) im Hisham Mubarak Law Center verhaftet – Ausrüstung beschlagnahmt

Werden diese Ereignisse Auswirkungen auf die Moral der Ägypter vor dem morgigen Marsch haben?

@rdeancutting: Sehe gerade zu, wie sich die Leute ohne Anführer auf AJE [18] organisieren: Krankenhäuser, Essen, Sicherheitsmaßnahmen. Wer braucht überhaupt Leithammel? #Jan25 #Tahrir

Dieser Beitrag ist Teil unseres Dossiers über die  Ägyptische Revolution 2011 [1] [en].